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Seminar gegen Flugangst. Es lässt schlechte Gedanken verfliegen.
© Rainer Jensen dpa

Aviophobie: "Woher kommen denn die Geräusche?"

Schweißausbrüche, Atemnot, Übelkeit: Flugangst kann den Start in den Urlaub verderben. Doch es gibt Hilfe.

Ganz gleich, ob Gelegenheits- oder Vielflieger: Jeder Dritte leidet nach Angaben des Instituts für Demoskopie Allensbach unter einer Aviophobie, wie die Angst vorm Fliegen in der Fachsprache heißt. Oder sitzt zumindest mit einem mulmigen Gefühl im Flieger. Dabei zählt das Flugzeug zu den sichersten Verkehrsmitteln. Jedes Jahr sterben weitaus mehr Menschen im Straßen- als im Luftverkehr.

Weshalb also wird der Traum vom Fliegen für manche zum Albtraum? Flugangst ist ein häufiges psychisches Phänomen und gehört zur Gruppe der spezifischen Phobien. Davon spricht man, wenn die Angst nur in spezifischen Situationen – etwa im Flugzeug – auftritt. Stress führt zu einer Überaktivierung des Nervensystems und den charakteristischen Symptomen wie Schweißausbrüche, feuchte Hände, Atemnot, Übelkeit, Nervosität oder Durchfall bis hin zu Panikattacken. Aber auch negative Gedanken kommen auf wie: „Woher kommen denn die Geräusche? Da muss doch etwas kaputt sein.“ Oder: „Kann der Pilot das überhaupt?“

„Angst ist ein Informationsdefizit. Es ist die Ungewissheit dessen, was passieren könnte“, sagt Thomas Schulz, Notarzt im Martin-Luther-Krankenhaus in Berlin. Der Mediziner litt selbst unter Flugangst, die er jedoch überwunden hat und nun selbst kleine Maschinen steuert: „Flugangst kann man theoretisch und in den meisten Fällen auch praktisch bekämpfen, indem man sich mit dem Thema Fliegen auseinandersetzt und Informationsdefizite beseitigt. Mir half es damals sehr, mich mit der Technik des Fliegens zu beschäftigen und mir die Zahlen anzuschauen, wie sicher Fliegen eigentlich ist.“

Es gibt Kurse für Aviophobiker

„Wer die Angst bewältigen will, muss sich ihr stellen und nach psychologischer Vorbereitung tatsächlich fliegen“, sagt Andreas Mühlberger, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Der Autor mehrerer Studien über die Behandlung von Flugangst empfiehlt Therapien in virtuellen Welten: An seiner Universität bietet er Training im Flugsimulator an. Die meisten trauen sich nach dem virtuellen Testflug in einen echten Flieger, sagt Mühlberger.

Die Ursachen von Flugangst seien vielfältig, sagt Karin Bonner. Die Psychologin leitet seit 2001 „Seminare für entspanntes Fliegen“ bei Lufthansa. Bereits seit 1981 veranstaltet die Agentur Texter-Millot gemeinsam mit der Airline Kurse für Aviophobiker an Flughäfen in Deutschland, der Schweiz und Italien. Die Kosten: 800 Euro pro Person.

Aus der langjährigen Praxis weiß Karin Bonner: „Flugangst entsteht durch ein dramatisch eingestuftes Flugerlebnis, das eventuell objektiv betrachtet völlig undramatisch ist.“ Das sind häufig Turbulenzen, aber auch die räumliche Enge. Höhenangst, Enge und Kontrollverlust können ebenfalls Ursachen sein.

Alkohol und Tabletten helfen nicht

In Umfragen gaben die Befragten überwiegend die Angst vor dem Ausgeliefertsein, vor einem Absturz sowie vor Turbulenzen als Grund ihrer Panik an. Oft kämen jedoch Personen zu ihr, sagt Bonner, denen fundiertes Wissen zu Flugzeug, Technik oder zur Fliegerei fehlt und die dann Medien oder Filme nutzen, um dieses fehlende Wissen aufzufüllen. „Katastrophenfilme oder Berichte über Flugzeugabstürze, die dann dieses Wissen herstellen sollen, dienen natürlich nicht dazu, einen entspannten Flug zu haben“, sagt die Psychologin.

Und was ist mit einem Wein oder Beruhigungspillen? Besser die Finger davon lassen, rät Bonner. Denn beides bekämpft nicht die Ursache der Phobie. Alkohol und Tabletten helfen nicht verlässlich, weil jeder anders darauf reagiert und es zu einer Toleranzentwicklung kommt. Das bedeutet: Man braucht stetig mehr, um den gleichen Effekt zu erzielen. Besser sind Hörbücher und Entspannungstechniken wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson.

Wenn Entspannungsmethoden nicht ausreichen, empfehlen Experten Flugangstseminare. Psychologin Bonner erklärt darin, wie ein Flugzeug funktioniert, warum es überhaupt abheben kann und warum Turbulenzen im Sinkflug zum Beispiel ganz normal sind. Aber auch, was die Angst auslösen kann und wie Passagiere damit klarkommen. Am Ende steht meist ein gemeinsamer Testflug. Wer sich seiner Flugangst stelle, werde sie letztlich auch verlieren.

Claudia Schuh

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