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Ähh – was ist das denn? Eine Ansichtskarte. So was haben die Leute früher aus dem Urlaub verschickt.
© picture alliance / allOver

Ansichtskarten?!: Posten statt Post

Urlaubsfotos auf Facebook & Co. ersetzen heute vielfach die Ansichtskarte.

Warten Sie auch bisher vergeblich auf eine bunte Postkarte von den Lieben, die derzeit im sonnigen Süden weilen? „Wetter klasse, Hotel super, Essen auch. Liebe Grüße von Max und Lisa“ – mehr kommt allerdings meist nicht an. Es wäre immerhin ein Lebenszeichen und das Gefühl: Jemand denkt an mich. Vielleicht zeigt die Karte noch eine Ansicht vom Hotel mit einem Kreuzchen an dem Fenster, aus dem die beiden Erholungsuchenden aufs Meer schauen dürfen. Heute können Sie unter Umständen lange warten auf diesen nostalgischen Urlaubsgruß. Sie müssen sich möglicherweise eher einem der sozialen Netzwerke im Internet anschließen, um die volle Ferienstimmung der lieben Verwandtschaft, der guten Freunde mitzubekommen. Denn erst digital kommt die volle Dröhnung der Urlaubsstimmung aus dem sonnigen Süden oder sonstwoher aus weiter Ferne. Live und in Farbe sozusagen.

Spielen die sogenannten sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter & Co. bereits im Alltag eine gewichte Rolle, nehmen sie die auch zunehmend bei Reisenden ein. Wie das Hotel aussieht, was abends zu essen serviert wird oder wie viele Pools es gibt, teilen viele Touristen heute schon vom Urlaubsort aus ihren Freunden mit. Oft ist das Hotelzimmer dann gleich im Bild zu sehen. „Fotos aus dem Urlaub in sozialen Netzwerken zu zeigen, wird zunehmend ein Massenphänomen“, sagt der Unternehmensberater Michael Faber. Zum Teil könnten sich „Freunde“ schon vor dem Ende des Urlaubs durch digitale Alben klicken, in denen manchmal Hunderte von Bildern hochgeladen wurden, weiß der Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Tourismuszukunft.

„Manche Menschen übertreiben es natürlich auch“, sagt Faber. Die Kommunikation über den Urlaub schon während des Urlaubs mithilfe sozialer Netzwerke ist für viele längst Standard. „Hier ist herrliches Wetter, ich liege am Strand“ zu posten, ersetzt dabei nach Fabers Beobachtung immer mehr die Ansichtskarten, die gleichwohl in den einschlägigen Feriengebieten immer noch in erstaunlicher Auswahl zu finden sind und offenbar auch verkauft werden. Einen neuen Schub habe das Phänomen des „Postens“ von ausführlichen Grüßen im Internet dadurch bekommen, dass in zunehmendem Maße Hotels Computerplätze im Foyer oder einem Extrazimmer für Gäste kostenfrei zur Verfügung stellen. Dort können sich die Urlauber jederzeit einloggen oder in vielen Fällen auch auf ihrem Zimmer dank des mitgebrachten Laptops, eines Tablets oder Smartphones kostenlos W-Lan und damit ihre sozialen Netzwerke praktisch so wie von zu Hause gewohnt nutzen.

Gleichzeitig werden andere typische Web-2.0-Anwendungen immer stärker Bestandteil von Facebook & Co.: Hotelbewertungen zum Beispiel, für die es einerseits eigene Portale gibt. „Andererseits loggen sich auch viele schon auf den Facebookseiten des Hotels ein und hinterlassen da ihre Meinung“, sagt Faber.

Soziale Netzwerke spielen beim Thema Urlaub längst in allen Phasen eine wichtige Rolle, hat der gelernte Reiseverkehrskaufmann und studierte Touristiker beobachtet – schon bei der Überlegung, wo es hingehen soll. „Etwa durch die Postings von Freunden, die auf Facebook von ihrer Rundreise durch die Türkei oder Andalusien berichten“, sagt Faber. Oft wird auch vor Antritt des Urlaubs eigens eine kleine Digicam gekauft, die gelegentlich schon für kleines Geld beim Discounter gekauft werden kann und für Minifilmchen im Internet völlig ausreicht. Die Videos, die von anderen Nutzern gemacht und ins Netz gestellt werden, bringen viele auch erst auf die Idee, dass das gezeigte Reiseziel im Clip durchaus auch etwas für einen selbst sein könnte.

Das gilt erst recht für die Informations- und Planungsphase – manchmal gar nicht gewollt. Denn auch wer eine Zielregion bei Google sucht, lande oft bei Treffern aus sozialen Netzwerken und informiert sich auf diese Weise über das Reiseziel, sagt Faber. Und wer sich in Reiseportalen umschaut, nutzt sowieso oft auch soziale Netzwerke wie Facebook.

„Soziale Empfehlungen“ nennt Faber solche Hinweise in entsprechenden Netzwerken, wenn zum Beispiel ein Kreta-Urlauber dort Tipps für Mountainbiker gibt, die gerne abseits der geteerten Straßen unterwegs sind. Solchen „User Generated Content“ nutzen zum Beispiel bereits manche Destinationsseiten, wie zum Beispiel Rheinland-Pfalz Tourismus. Dort gibt es unter anderem einen Blog von „Radfahrerreportern“, in dem Radtouristen von ihren Erfahrungen beim Radeln in der Region berichten.

Einzelne touristische Regionen seien in dieser Hinsicht sogar deutlich weiter als viele Reiseveranstalter oder auch Reisebüros, sagt Faber. Von denen hätten die meisten noch nicht verstanden, dass ihr Auftritt im Internet mehr sein könne als eine reine Verkaufsplattform.

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