Winterurlaub: Piste oder Palmen
Die meisten Deutschen verreisen im Sommer. Im Winter gibt’s mehr Entscheidungsprobleme.
Bald fällt der erste Schnee, die Skigebiete in den Alpen öffnen wieder. Doch wen zieht es überhaupt zum Wintersport? Wer fährt stattdessen viel lieber in die Sonne? Und, wie wichtig ist der Urlaub im Winter überhaupt, Herr Professor Lohmann?
Das kommt ganz auf den Blickwinkel an. Die Zahlen sind zunächst einmal deutlich: Von den 70 Millionen Urlaubsreisen der Deutschen finden 56 Millionen im Sommer statt und nur 14 Millionen im Winter. Für den Einzelnen mag das aber ganz anders sein: Eine Fernreise im Winter ist mittlerweile teilweise sogar der Haupturlaub des Jahres, und Sonne im tristen norddeutschen Winter ist manchmal unbezahlbar. Und: Für die Wintersportgebiete in den Alpen ist der Winter natürlich ein extrem wichtiges Geschäft.
Wohin verreisen die Deutschen im Winter: Skipiste oder Palmen?
Es gibt drei Gründe, im Winter zu verreisen: Sonne, Schnee oder ein Besuch bei Verwandten. Ein Viertel der Urlaubsreisen im Winter geht in die Alpen oder in die Mittelgebirge, ein weiteres Viertel ans Mittelmeer, 17 Prozent sind Fernreisen und immerhin noch 10 Prozent reisen an Nord- oder Ostsee. Eine Reise in die Alpen oder ins Mittelgebirge bedeutet aber natürlich noch nicht automatisch Skifahren.
Was dann?
Wir sehen einen starken Trend zur Differenzierung, was man den ganzen Tag über macht. Neben dem Sport geht es zum Beispiel in die Sauna oder ins Schwimmbad – oder in ein Konzert. Auch der Sport selbst wird vielfältiger: Ich gehe mal einen Tag Schneeschuhwandern, fahre einen Tag Snowboard, einen Tag Ski oder gehe auf Skitour.
Wo fahren wir Deutschen denn vor allem Ski?
Da hat sich wenig geändert in den vergangenen Jahren: Die Alpen liegen da nach wie vor deutlich an der Spitze. Schauen wir genauer hin, sehen wir eine leichte Verschiebung zugunsten von Österreich, weg von der Schweiz und Italien. Und: Der Trend geht zu höher gelegenen Gebieten. Schneesicherheit ist da natürlich ein Thema, die Gebiete werden aber auch immer besser erschlossen, immer professioneller, da hält man es auch auf dem Gletscher gut aus.
Bedeutet dies das Aus für niedriger gelegene Orte?
Es gibt heute ja kaum noch einen Ort, der sich nicht einem Verbund angeschlossen hat. Wenn die kleinen Orte wintersporttechnisch überleben wollen, dann nur im Zusammenschluss mit anderen. Doch selbst bei den Großen lässt sich das beobachten: Die Skiverbünde werden immer größer, durch neue Bahnen werden ganze Gebiete miteinander verbunden.
Wen trifft man denn vor allem beim Skifahren?
Das ist eine ganz demokratische Angelegenheit. Skiurlaub machen eigentlich alle Altersklassen. Selbst bei den Über-70-Jährigen fährt noch ein Prozent Ski. Ich will nicht sagen, dass die Pisten vergreisen, aber der Sport wird mit dem demografischen Wandel schon immer älter. Viele Skigebiete kämpfen damit, dass viele Jüngere nicht mehr Ski fahren können. Das ist vor allem in den deutschen Gegenden der Fall, die weit von den Skigebieten entfernt liegen. Nicht nur wegen der kürzeren Anreise findet man auf den Pisten also deutlich mehr Süddeutsche.
Das Gespräch führte Michael Zehender.
Martin Lohmann ist Leiter des Kieler Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa und Autor der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR)
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