Seychellen: Die Neugier der Fische
Sensibel ist die Natur auf den Seychellen – und sie wird beschützt. Das kostet viel Geld, doch es zahlt sich aus.
Ein Kranz aus hellgelben Frangipani-Blüten liegt auf dem Bett. Eine Hibiskusblüte ziert das Telefon, eine andere die Nachttischlampe, und sogar neben dem Zahnputzbecher im Bad wurde ein duftiger Kelch dekoriert. Wo nehmen Sie all die Blüten her? Marie Samsoodin, Managerin vom Paradise Sun Resort, lächelt. „Ach“, sagt sie, „die wachsen hier auf Praslin doch überall am Straßenrand.“ Dabei sind die Urlauber nicht wegen der Blüten auf dieser Insel, die mit rund 115 anderen die Seychellen bilden. Sie kommen vor allem wegen der Strände, die nicht nur hier an der sogenannten Goldküste feinsandig und puderweiß sind.
Drei Worte braucht Marie Samsoodin, um auszudrücken, was die Seychellen für sie bedeuten: „Liebe, Lachen und Frieden“. Nichts lenke hier von diesen Werten ab. „Es gibt keine Shoppingmalls, und es interessiert keinen, was gerade Mode ist“, sagt die Managerin zufrieden. So sieht es auch Sandra Hanks Benoiton, Schwester des amerikanischen Stars Tom Hanks, die im Dorf Baire Lazare auf der Hauptinsel Mahé ein kleines Café führt. „Mir ist egal, wie viele Premieren in West End bejubelt werden oder welche neuen architektonischen Wunder in den Metropolen dieser Welt gefeiert werden“, schreibt sie in ihrer Storysammlung: „Papaya … and other seeds“. Auf ihrem Eiland vermisse sie nicht das Geringste.
Wie die meisten, oft luxuriösen Hotels, ist auch das Paradise Sun nicht himmelhoch gewachsen. Es besteht aus niedrigen Häuschen und Chalets mit viel Platz dazwischen. Überhaupt kommen sich die rund 160 000 Touristen, darunter gut 20 000 Deutsche, die pro Jahr auf den Seychellen Ferien machen, kaum in die Quere. Und das obwohl sie sich fast alle auf den drei Inseln Mahé, Praslin oder La Digue aufhalten. Wie überall in den Zielgebieten, die sich gern als Paradies apostrophieren, bewirbt man auf den Seychellen eine gehobene Klientel. „All inclusive passt nicht hierher“, sagt Alain St. Ange, Direktor der staatlichen Touristenbehörde. „Die Menschen kommen hierher, weil sie einen Traum kaufen wollen“, betont Jacques Charles, Manager vom Fünf-Sterne-Lémuria-Resort in Praslin. Und Träume haben eben ihren Preis, auch wenn man auf den Seychellen mittlerweile auch in bescheideneren Pensionen wohnen kann.
Wirklich billig ist es auf der Inselgruppe auch dann nicht. Der Grund: Fast alles für den täglichen Bedarf muss importiert werden. Das Wenige, was angebaut wird, deckt nicht einmal die einheimische Nachfrage. Auf dem Markt von Victoria, der kleinen Hauptstadt auf Mahé, wird das deutlich. Was stammt denn von den Seychellen? Jany, die junge Verkäuferin, deutet auf einen kleinen Haufen Orangen. Und sonst? Sie schüttelt den Kopf, zeigt auf ihre Waren und erklärt: „Die Äpfel kommen aus Neuseeland, die Möhren aus Australien, Kartoffeln und Zwiebeln beziehen wir aus Indien, Knoblauch und Ingwer sind aus China.“ Nur Kokosnüsse gibt es genug – und Fisch.
Der Schatz der Insel ist die Natur. Schon früh in der jungen Geschichte – erst 1976 wurden die Seychellen unabhängig – erkannte die Regierung die Bedeutung des Umweltschutzes im Tourismus. Sie entwarf einen Umweltmanagementplan, der zahlreiche Maßnahmen von Abfallverwertung und Energieeinsparung bis hin zur Überwachung von Schadstoffemissionen beinhaltet. Der kleine Staat möchte sich als Modell für einen ökologisch verantwortlichen Fremdenverkehr präsentieren und verpflichtet seine Bürger in Artikel 40 der Verfassung, „die Umwelt zu schützen, zu erhalten und zu verbessern“.
Trotzdem verändern sich die Seychellen. Sogar das Inselchen La Digue, nur fünf Kilometer breit und drei Kilometer lang. Der Bayer Klaus Jessinghaus führt hier seit über zwei Jahrzehnten ein kleines Hotel. „Als ich herkam, gab es ein Auto“, sagt er. „Heute gibt es schon dreißig.“ Nun ist auch die Hauptstraße asphaltiert. Als ob man hier mit einem Wagen cruisen müsste. Wer nicht zu Fuß gehen will, leiht sich ein Rad. Und fährt natürlich zuerst zur Anse Source d’Argent. Winzige Sandbuchten prägen die Küste, hinter denen pittoreske, rosafarbene Granitfelsen aufragen. Hier hat Bacardi seine Werbefilme gedreht, und immer mal wieder ist der Zugang versperrt, weil Modeaufnahmen gemacht werden. Auch Prominente mögen La Digue. „Aber“, sagt Jessinghaus, „die erkennt man meist nicht.“ Auch Tony Blair zum Beispiel trage ja, wie die übrigen Urlauber, Basecap und Sonnenbrille. „Die Leute kommen her, um ihre Ruhe zu haben, und wir alle respektieren das“, erklärt der Bayer.
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Abends ist nichts los auf La Digue, und die Nächte unter dem grandiosen Sternenhimmel sind grabesstill. Um halb sieben Uhr – das ganze Jahr über – geht die Sonne unter. Der perfekte Zeitpunkt, um einen Drink zu nehmen. Doch genau dann, wenn man das Eintauchen des roten Balles in den Indischen Ozean zelebrieren will, schließt die Strandbar am Hafen. „Wir, die Einheimischen, haben kein Geld, um auszugehen“, sagt die Wirtin lächelnd. Und die Touristen könnten die Cocktails doch genauso gut in ihren Hotels bestellen.
Auf Curieuse, wenige Kilometer vor Praslin, kann man nicht wohnen. Einst war es eine Insel für Leprakranke. Das Kolonialhaus von Dr. William MacGregor ist noch da, notdürftig restauriert. Der schottische Arzt wollte zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht nur einmal in der Woche, wie sein Vorgänger, nach den Kranken sehen, sondern ständig für sie da sein. 1873 wurde die Leprakolonie aufgehoben, niemand lebte fortan auf dem Eiland. Nun ist es ein Refugium der Riesenschildkröten geworden, die hier von Rangern bewacht werden.
„Streicheln Sie sie ruhig, das haben sie gern“, sagt einer den Touristen, die mit dem Boot von Praslin herübergekommen sind. So ein Ausflug beinhaltet auch ein Barbecue am Strand, bei dem die Gäste gegrillten Fisch und Gemüse an schlichten Holztischen verzehren. Sorgfältig wird der Abfall danach eingesammelt und auf die Boote verbracht.
Auch auf Curieuse wachsen noch vereinzelt Seychellennusspalmen, an denen die bizarren Coco de Mer hängen. Aber viel mehr von diesen Früchten, die einem weiblichen Popo ähneln, sieht man im Vallée de Mai auf Praslin. 1983 wurde es zum Weltnaturerbe der Unesco erklärt. Im 16. Jahrhundert gelangte die Nuss auf portugiesischen Schiffen nach Europa. Man glaubte, dass sie alle Gifte unwirksam mache und überdies als Aphrodisiakum wirke. Der deutsche Kaiser Rudolf II. bot angeblich 4000 Gulden – damals rund 122 Kilogramm Gold – für so eine Nuss. Stimmt das mit der Wirkung? Gemma, Führerin im Park, schüttelt lachend den Kopf. „Ein Aberglaube“, sagt sie. Heute kaufen manche Touristen die Nuss als Dekorationsgegenstand. Rund 170 Euro kostet ein zertifiziertes Exemplar in den Geschäften. Und nur mit diesem amtlichen Schreiben darf man sie überhaupt ausführen.
Nicht nur die Coco de Mer ist einzigartig auf den Seychellen. Eine Reihe von endemischen Tierarten, zum Beispiel der Schwarze Seychellenpapagei oder die Flughunde, kommen nur auf der Inselgruppe vor. Wie mächtige Fledermäuse hängen sie in den Brotbäumen und saugen die aromatisch duftenden Früchte aus. Normalerweise tun sie dies nur in der Nacht. Doch vom Balkon der abgeschiedenen Villa Bambou auf Mahé kann man sie auch tagsüber bei der Nahrungsaufnahme beobachten. „Es sind zu viele“, seufzt der Besitzer, „aber was soll man tun? Sie sind nun einmal da.“
Die Tiere haben es sowieso gut auf den Seychellen. „Die Fische benehmen sich hier ganz anders als zum Beispiel vor Mauritius“, sagt ein Hotelangestellter, der lange auf der Nachbarinsel gearbeitet hat. „Wenn Sie auf Mauritius tauchen, schwimmen alle Fische weg“, sagt er. „Auf den Seychellen gleiten sie herbei und gucken dich an.“
Was gefangen wird, kommt raffiniert zubereitet und oft höllisch scharf auf den Teller. Die kreolische Küche geht überhaupt verschwenderisch um mit Knoblauch, Minze, Peperoni und Curry. Die Seychellois lieben es scharf.
Und bunt und fröhlich dazu. Das sieht man zum Beispiel beim Künstler Donald Adelaide, der die leuchtenden Farben der Inseln in seinen Bildern eingefangen hat. „Es ist einfach ein herrliches Fleckchen Erde“, schwärmt auch der Busfahrer Christopher auf Mahé. „Sonntags fahre ich mit meiner Frau und den beiden Kindern herum, und wir freuen uns über das, was wir sehen“, sagt er. Nirgends auf der Welt könne es schöner sein. Dann wäre es ja das Paradies? „Natürlich“, sagt er und fügt lächelnd hinzu: „Gott hat es uns geschenkt.“
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BESTE REISEZEIT
Das ganze Jahr über herrscht warmes Klima auf den Seychellen. Die beste Zeit für einen Badeurlaub ist zwischen Mai und September sowie in den Frühjahrsmonaten März und April. Zwischen Oktober und März muss man auch mal einen Regentag einkalkulieren.
ANREISE
Condor fliegt einmal pro Woche, jeweils freitags, von Frankfurt nach Mahé (Rückflug sonnabends). Die Ticketpreise im Dezember und Januar inklusive Steuern und Gebühren für den Hin- und Rückflug liegen zwischen 600 und 800 Euro.
VERANSTALTER
Je nach Wunsch stellt der Seychellen-Spezialreiseveranstalter My seychelles die Reise individuell zusammen. Ein zweiwöchiger Urlaub auf den beiden Inseln Praslin und La Digue, Übernachtung und Frühstück in Gästehäusern und Flug kosten ab 1368 Euro. Möchte man im Hotel logieren, bezahlt man ab 2460 Euro. Nach oben – es gibt extrem luxuriöse Hotelanlagen auf den Seychellen – gibt es kaum Grenzen. Zu buchen sind die Reisen nur im Internet unter der Website www.my-seychelles.net. Für mehr Informationen zu den Inseln und Hotels bietet der Veranstalter, nach E-Mail-Kontakt, auch eine telefonische Beratung an. Telefonnummer: 02304/59 41 41.
Im Übrigen haben die meisten großen Reiseveranstalter auch die Seychellen in ihren Katalogen. Beratung im Reisebüro.
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