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Bitte Platz nehmen. Wie hier, im „Kochzimmer“ in Beelitz“, finden sich im Fläming viele gute Adressen fürs Schlemmen.
© imago/HiPi

Genießertouren: Der Fläming macht Appetit

Rund um Beelitz kann man wandern – und gut speisen. Neue „Genießertouren“ weisen den Weg zu interessanten Lokalen.

Stücken, Rieben, Körzin – gewiss, keine klingenden Namen bei Gourmets. Und bis vor kurzem sah auch außerhalb der Spargelzeit kaum jemand Veranlassung, die Orte rund um Beelitz anzusteuern. Insofern war es schon sehr mutig, dort ein Restaurant „Landlust“ zu nennen oder im scheinbaren Nirgendwo eine sterneverdächtige Küche zu pflegen. Einige Gastronomen haben sich nicht beirren lassen. Auf sogenannten Genießerpfaden lassen sie sich nun einfacher finden.

Klar, so mancher Bauer schüttelt den Kopf über Namen wie „Landlust“. Keineswegs jedoch Gäste, die bei Ulrike und Stefan Laun eingekehrt sind. Wer die Kaninchenterrine, den Salat von Orange und Rosenkohl oder den Hirschkalbsrücken mit Pastinakenpüree des Lokals probiert hat, kommt vermutlich gerne wieder. Die Küchenchefin versteht sich allerdings nicht nur auf eine raffinierte Landküche. Überhaupt hat das Ehepaar aus Bayern die gepflegte Gastlichkeit seiner Heimat in den Fläming mitgebracht.

Dabei bekennt es sich ganz klar zur Region. Hier wird nicht nur Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse aus dem Umland serviert, der angeschlossene Hofladen versammelt auch das Beste, was die Gegend hervorbringt: Marmeladen, Chutneys, Honig, Bio-Kürbiskernöl vom Spargel- und Kürbishof Syring in Zauchwitz, Ziegenmilch-Seife aus der Manufaktur von Gabi Sußdorf in Tremsdorf und – ja, rundum stehen zudem die schnörkellosen Holzskulpturen von Bildhauer Hans-Ulrich Kittelmann.

Auch Blankensee ist hübsch anzusehen

Wer neugierig geworden ist, kann sich in Kittelmanns Atelier Basswood-Art in Wilhelmshorst umsehen. Unterwegs mag er vielleicht auch bei Braußes Fischräucherei, der Landbäckerei Röhrig mit der Café-stube Fritz in Blankensee oder im Gartenladen von Ilona Lapsien vorbeischauen. Sie stellt Holunderessig und originelle Pestos her.

Das alles sind Stationen auf den sogenannten Genießertouren, die zu Landgasthöfen zwischen Beelitz und Trebbin führen. Mit Broschüren oder PDFs, die man sich aus dem Internet herunterladen kann, wollen sie Besuchern Lust machen, per Auto und Fahrrad – zum Teil auch zu Fuß –, den Fläming zu erkunden.

Der Hohe Fläming hat Burgen, den Kunstwanderweg und wenn schon nicht richtige Berge, so doch wenigstens Erhebungen wie den Hagelberg, die Akzente in der Feld-, Wald- und Wiesenlandschaft setzen. Aber die Landschaft rund um Beelitz? Gut, es gibt die Glauer Berge. Je nach Jahreszeit lassen sich im Naturpark Nuthe-Nieplitz Kraniche, Fischadler und Graugänse beobachten. Auch Blankensee mit seinem Schloss ist hübsch anzusehen. Ansonsten dominieren Spargelfelder und Kartoffeläcker.

Doch warum nicht aus der Not eine Tugend machen? Warum nicht dort, wo es Walnüsse, Äpfel, Kürbisse und anderes Gemüse im Überfluss gibt und wo sich ein Hofladen an den nächsten reiht, zur kulinarischen Landpartie animieren?

Fliederblüten-Secco mundet auch im Winter gut

Neben der „Linde“ in Wildenbruch, die bereits seit Jahren erfolgreich eine neue Art von trendigem Landleben inszeniert, ist auch der „Fliederhof“ im Michendorfer Ortsteil Stücken mit von der Landpartie. Zwar wird es noch eine Weile dauern, bis hier wieder der Flieder blüht. Doch auch in der kalten Jahreszeit macht in dem restaurierten Vierseithof Fliederblüten-Secco Appetit auf Sellerie-Blutorangen-Suppe, rosa gebratene Barbarie-Entenbrust mit Walnussgnocchi oder frische Blankenseer Forelle.

Besonders gut wird es dem munden, der vorher die sechs Kilometer lange Runde auf dem Ortolan-Rundweg gedreht hat, der am Mühlenfließ, dem Bauernteich und sogar einem früheren Weinberg vorbeiführt. Und wer allzu erschöpft ist, kann auch sein Haupt in stilvollen Fliederzimmern betten.

Ein weiterer kulinarischer Leuchtturm ist das Restaurant „Philippsthal“ im gleichnamigen Ortsteil von Nuthetal. Wie eine Puppenstube mutet das denkmalgeschützte Haus neben der Dorfkirche an, in dem Guido Kachel ländliche Terrinen, geschmorte Ochsenbacke oder Lausitzer Fasan serviert.

Eine Entdeckung nach der anderen

Pyramide zum Fest, hier besteht sie aus 450 Weihnachtssternen.
Pyramide zum Fest, hier besteht sie aus 450 Weihnachtssternen.
© dpa

Auf dem Weg dorthin liegt das Rosengut Langerwisch, wo zurzeit zwar keine Rosen blühen, dafür jedoch Weihnachtssterne und Alpenveilchen bis hin zu Hawaii-Salz die Verkaufsräume füllen. Auch das Peter-Huchel-Haus in Wilhelmshorst ist einen Halt wert. Gut versteckt in einer Waldstraße des Künstlerdorfs gibt die Gedenkstätte Aufschluss über Leben und Werk des Schriftstellers und Herausgebers der Literaturzeitschrift „Sinn und Form“. Fast 20 Jahre hat Peter Huchel hier gewohnt. Im Haus trafen sich auch Günter Kunert, Wolf Biermann, Heinrich Böll und Max Frisch.

So versprechen die Genießertouren eine Entdeckung nach der anderen. Aktuell sind fünf Routen – die Fliederhof-, die Jakobs-, die Große-Linde-, die Wald- und die Landlust-Tour – als Landpartie konzipiert. Weitere sollen folgen. Einer der Initiatoren neben Gastronom Ralf Weißmann vom Landgasthof „Zur Linde“ ist Gilles Delaunay, der von Bad Belzig aus regionale Projekte entwickelt.

Wie kommt ausgerechnet ein Franzose dazu, Besuchern Lust auf den Fläming zu machen? „Zugegeben, der Fläming ist, wie Brandenburg überhaupt, zunächst mal eine Herausforderung“, erklärt Delaunay. „Doch mich interessieren die Menschen. Zwar lautet hier die erste Antwort immer Nein. Aber wenn man sich davon nicht abschrecken lässt und mit den Leuten ins Gespräch kommt, wird alles gut.“

"Noch stehen wir am Anfang"

Nachdem er das in der Region schlummernde Potenzial erkannt hatte, fing er an, alles, was für Besucher von Interesse sein könnte, zusammenzustellen. Hofläden, Landbäckereien, Fischräuchereien, eine Windmühle, kleine Museen, Künstlerateliers – in der Gegend leben überraschend viele Bildhauer – und vor allem Restaurants. Erst entstanden Karten mit den einschlägigen Adressen. Daraus wurden dann die fünf Genießertouren entwickelt. Das Konzept sieht so aus, dass jeweils ein Gastronom Sehens- oder Erlebenswertes in seinem Umfeld empfiehlt. Alles wurde in den Broschüren versammelt, die nun in Läden und Lokalen ausliegen.

Wie viele Besucher bisher den Vorschlägen und Anregungen gefolgt sind, lässt sich nur schwer ermessen. Künftig sollen interessierte Gäste womöglich Stempel bekommen, wenn sie die unterschiedlichen Etappen abfahren. „Noch stehen wir am Anfang“, sagt Delaunay, „doch das Interesse, bei uns mitzumachen, ist groß.“ Ob er sich auch vorstellen kann, dass Franzosen Lust auf den Fläming bekommen könnten? Natürlich! Besonders dann, wenn bei neu aufzunehmenden Gastronomiebetrieben das Preis- Leistungs-Verhältnis so gut sei wie bei einigen der aktuellen. In Frankreich müsse der Gast schließlich für exquisite Landküche deutlich mehr bezahlen.

Informationen zu den Genießertouren gibt es im Internet unter geniessertouren.org sowie bei den Landgasthöfen Philippsthal (Telefonnummer: 03 32 0 0 / 52 44 32, Internet: restaurant-philippsthal.de), dem Gasthof Zur Linde (im Winter geöffnet von Freitag bis Montag von 12 bis 21 Uhr, das Restaurant hat vom 2. bis 12. Februar geschlossen; Telefon: 03 32 05 / 230 20, Internet: linde-wildenbruch.de), Landlust Körzin (geöffnet Donnerstag bis Sonntag von 11 bis 21 Uhr; Telefon: 03 32 04 / 601 71, Internet: landlust-koerzin.de), dem Fliederhof (geöffnet Mittwoch bis Sonntag ab 12 Uhr; Telefon: 03 32 04 / 629 00, Internet: fliederhof-syring.de) und die Jakobshöfe (geöffnet täglich von 8 bis 20 Uhr; Telefon: 033 04 / 627 27, Internet: jakobs-hof.de)

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