Tourismus: Alle Welt im Inselfieber
Mit Sicherheit überschaubar: Warum nicht nur Deutsche so gern auf Eilanden Ferien machen.
Getrennt vom Festland, losgelöst vom Alltag – Mythos Insel. Scheinbar unerreichbar sein für die Dauer eines Urlaubs – ein Traum. Fast jedes Eiland lockt auf seine Weise als vermeintliche Insel der Glückseligkeit. „Reif für die Insel“ sind allerdings beileibe nicht nur die Deutschen. Weltweit grassiert das Inselfieber. Doch wenn man Reiseveranstaltern Glauben schenken darf, verbringen die Bundesbürger ihren Urlaub besonders gern auf Inseln. Warum das so ist, erläutert Rolf-Dieter Maltzahn, Bereichsleiter Flugreisen DER-Touristik Köln, dessen Erkenntnisse in etwa deckungsgleich sein dürften mit denen anderer deutscher Veranstalter.
„Sechs unserer zehn Topzielgebiete sind Inseln“, sagt der Touristikexperte, „Tendenz steigend. Die griechische Insel Kreta etwa verzeichnet sogar 75 Prozent Zuwachs.“ Was vermutlich auch dem Nachholbedarf der Urlauber nach einer gewissen Griechenlandmüdigkeit der vergangenen Jahre geschuldet sein dürfte. Gleichwohl: Nicht nur auf der sogenannten Nahstrecke grassiert das Inselfieber. „So freuen sich zum Beispiel die Malediven über ein Buchungsplus von 56 Prozent“, sagt Maltzahn. Den Grund für das Phänomen hat er mit seinem Team genauer durchleuchtet. Und sie fanden heraus, dass mehr dahintersteckt als nur der Umstand, dass eine Insel, laut Definition, eine „vollständig vom Wasser umgebene Landmasse, ohne ein Kontinent zu sein“, ist.
Urlauber fliegen im doppelten Sinne des Wortes auf Inseln, weil ihnen die tatsächliche oder vermeintliche Isoliertheit ein Gefühl von Sicherheit vermittelt und die Gastgeber – auf kleineren Inseln zumal – ihre Gäste an der einheimischen Kultur teilnehmen lassen. Weil das Freizeitangebot und die Sehenswürdigkeiten zwangsläufig begrenzt sind und man sich nicht ständig gezwungen fühlt, noch etwas ansehen oder erleben zu müssen. Und weil die Distanzen im Zielgebiet in der Regel kurz sind, somit mehr Zeit zum Entspannen bleibt.
Tourismus ist für viele Insulaner die einzige Einnahmequelle
Der Boom entstand in den fünfziger Jahren, als es noch nicht selbstverständlich war, einfach in den Flieger ein- und auf einer Insel wieder auszusteigen. Insbesondere auf den deutschen Inseln und Nord- und Ostsee entwickelte sich das Geschäft mit dem „Fremdenverkehr“ rasant. Mit dem Wegfall einer vor allem zeitraubenden sowie relativ teuren Anreise per Auto und Fähre zu ferneren Zielen wurde mit der beginnenden Urlaubsfliegerei der Reiz von Inseln – wie immer bei fast Unerreichbarem – besonders hoch. Im Laufe der Zeit entstand so eine Win-win-Situation für beide Seiten, Reisende und „Bereiste“. Denn heute ist Tourismus für viele Insulaner, sei es an Nord- und Ostsee, rund ums Mittelmeer und erst recht in exotischen Gefilden, die einzig verbliebene, reichlich sprudelnde Einnahmequelle.
Als eine der ersten Inseln im Ausland begrüßte Mallorca in den 1950er Jahren einen immer stärker anschwellenden Gästestrom. Und in gleichem Maß wie die Urlauberzahl wuchs, nahmen die traditionellen Einnahmequellen wie Fischfang und Landwirtschaft ab. Aus den ersten bescheidenen Anfängen mit „Fremdenbetten“ und winzigen Hotels ist insbesondere auf Mallorca und etwas später auf den Kanaren eine regelrechte Tourismusindustrie mit Ferienwohnungen und wahren Bettenburgen entstanden, bei entsprechender Infrastruktur – und eben Verdienstmöglichkeiten, die wesentlich bessere Einnahmen bei körperlich weniger anstrengender Arbeit verheißen.
Die DER-Touristik hat mehr als 100 Inseln im Sommerprogramm
Eine Rolle mag auch das „Robinson-Crusoe-Gefühl“ spielen. Zwar geht der Trend seit einigen Jahren weg vom Einfachen hin zu höherwertigen Ferienresorts. Doch in schlichten Gästehäusern lässt sich das Gefühl, abgeschieden auf einer Insel nur unter „Eingeborenen“ seine kleine Freiheit zu verbringen, oft noch direkter erleben. Die Reiseanalyse 2013 der B.A.T.-Stiftung für Zukunftsfragen fand zum Thema Urlaubsträume heraus, dass vier von sechs Assoziationen in direktem Zusammenhang mit Inseln stehen: Faulenzen auf einer Südseeinsel, Winterurlaub in der Karibik, Badeurlaub auf Korsika, mit Freunden nach Ibiza.
Mehr als 100 Inseln hat beispielsweise die DER-Touristik im Sommerprogramm. Jede weist ihren ganz eigenen Charme auf. Von den deutschen Inseln über die Vulkanlandschaften auf den Kanaren bis zu den flach abfallenden Stränden auf den Malediven oder Hainan in Chinas Tropen. Persönlich ist Rolf-Dieter Maltzahn allerdings eher Fan der Nordseeinsel Juist. Weil er wie 81 Prozent der Inselurlauber laut B.A.T.-Reiseanalyse als Urlaubsmotiv Entspannung und Erholung sucht – und das ohne langwierige Anreise. Weil er auf Juist die Isoliertheit genießt, „von allem etwas – aber nicht zu viel“ hat. Weil er auf dem rund 16 Quadratkilometer großen Eiland eigentlich auch nichts anderes machen kann als einfach nur Urlaub.
Der Veranstalter hat auch eine sogenannte Hitliste der bei den Kunden beliebtesten Inseln aufgestellt. Ganz ähnliche Beliebtheitslisten gibt es von den Mitbewerbern, schließlich haben alle ihre Kunden, die wissen, wo es schön ist.
Dagmar Gehm
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