Manuela Kay über den Dyke*March Berlin: „Wir wollen das L ein bisschen dicker machen“
Lesbische Sichtbarkeit und starke Motoren: Ein Interview mit Manuela Kay über den vierten Berliner Dyke*March.
Zum vierten Mal soll es am Freitagabend vor dem CSD einen Dyke* March geben. Warum?
Der Dyke* March hat sich in Berlin als tolle und beliebte Veranstaltung etabliert. Neuerdings gibt es übrigens auch in Köln und in Hamburg Dyke* Marches. Es ist aus meiner Sicht einfach nötig das „L“ in LGBT (Lesbian, Gay, Bi, Trans) herauszustellen und Lesben sichtbar zu machen.
Warum sind Lesben weniger sichtbar als Schwule?
Wir leben in einer männerdominierten, einer patriarchalen Gesellschaft, in der Frauen generell weniger Einfluss haben und weniger sichtbar sind. Lesben nehmen sich aufgrund ihrer weiblichen Sozialisation nicht so viel Raum wie ihn sich zum Beispiel Schwule inzwischen erkämpft haben. Sie haben keinen solchen Hang zur Selbstdarstellung. Darum machen wir mit dem Dyke* March das „L“ ein bisschen dicker.
Trägt neuerdings zur lesbischen Unsichtbarkeit auch bei, dass viele Leute Label inzwischen generell für sich ablehnen, darunter dann auch das Label „lesbisch“?
Ja, auf jeden Fall! Ich finde es aber politisch falsch, Label als einschränkend oder als ausgrenzend zu betrachten. Im Gegenteil, du brauchst Label für die Kommunikation, um etwas zu vermitteln. Es geht um Konzentration, nicht um Reduktion.
Der Dyke* March startet diesmal am Nollendorfplatz, also im schwulen Kiez. Gibt es dafür einen Grund?
Ja, wir wünschen uns damit die Solidarität der Schwulen! Ich war öfter auf Dyke Marches in den USA und fand es klasse, dass viele Schwule ihre Solidarität vom Straßenrand aus bekundet haben. Damit sind wir als Lesben in Deutschland nicht gerade verwöhnt. Es heißt ja immer, die Homosexuellen sind angekommen, wenn sie den Heteros gefallen. Aber man muss sich gar nicht immer an die Heteros anbiedern. Es wäre schon gut, wenn wir erstmal innerhalb der community Akzeptanz gewinnen würden. Die Zeiten, wo es in Schöneberg ein Nebeneinander von Lesben- und Schwulenbars gab und man sich viel begegnete, sind ja lang vorbei. Der Dyke March soll also ein Weckruf sein: „Hallo, uns gibt’s! Ihr Schwulen, zeigt mal, ob ihr Bock auf uns habt!“
Warum fahren dem Dyke* March immer Motorräder voraus, die „Dykes on bikes“?
Weil das eine Manifestation von Macht und Erotik ist! Der Dyke* March ist ja eine US-amerikanische Tradition, da kann man die besten Ideen übernehmen. Lesben und Motorräder gehören eben zusammen wie Schwule und Oper. Es ist ein Klischee, aber viele Lesben mögen tatsächlich starke Motoren, das hat was mit Power zu tun.
Wie viele Bikes und wie viele Leute werden erwartet?
Wir erwarten 40 bis 50 Bikes und insgesamt 2000 bis 3000 Leute. Das ist eine gemütliche und familiäre Demo, die aber jedes Jahr um ein paar hundert wächst.
Gehen Sie dann am nächsten Tag trotzdem auch noch auf den CSD?
Ich versuche es auf jeden Fall. Das CSD-Wochenende ist eben nichts für Weicheier. Nicht zum CSD zu gehen ist, wie wenn man in einer Demokratie nicht wählen geht.
- Die Fragen stellte Anja Kühne. Der Dyke* March für Lesben, Schwule und deren Freund*innen startet am Freitag, dem 22. Juli, um 19 Uhr am Nollendorfplatz und endet am Kottbusser Tor.
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