Wie queere Menschen in Polen auf die Coronakrise reagieren: "Wir machen jetzt digitale CSDs"
Wie protestiert man für queere Rechte in der Coronakrise? Eine queere Aktivistin aus Polen sagt: Wir machen jetzt digitale Pride Marches.
Magda Dropek (37) ist Mitorganisatorin des Queer May Festivals und des Equality March in Krakau und Vorstandsmitglied der Stiftung Equality.org.pl. Sie twitterte an diesem Donnerstag vor Ostern, in Polen sei jetzt in der Coronakrise die "Online Pride"-Saison gestartet. Wir haben mit ihr ein E-Mail-Interview geführt, was dahintersteckt.
In Polen hat die „Online Pride“-Saison begonnen, also erste virtuelle CSDs. Wie kann man sich das konkret vorstellen?
Tatsächlich sollte am vergangenen Samstag der erste Pride March der Saison in Polen stattfinden - und zwar in der Stadt Koszalin. Wegen der Coronakrise kann man derzeit natürlich nicht auf die Straße gehen.
Die Organisatorinnen und Organisatoren haben daher entschieden, alle Interessierten darin zu bestärken, online zu demonstrieren. Es ist jetzt einfach die Zeit für digitale Pride-Paraden.
Es gab Online-Aktivitäten wie virtuelle Treffen mit den Organisatoren von anderen Prides in Polen und mit Eltern von LGBTs, die auf unseren Paraden oft mit „Free Hugs“-T-Shirts mitlaufen. Eine andere Idee: Digitale Vorführungen von queeren Filmen.
Wie kann man diese Proteste online sichtbar machen, so dass es viele Menschen in Polen mitbekommen?
Viele laden zum Beispiel Bilder mit Regenbogenfahnen hoch, wir verwenden dafür den Hashtag #LoveConnectsUs. Die größte queere NGO in Polen, Campaign against Homophobia, hat Leute ermuntert, ihre Bilder von vergangenen Pride-Demonstrationen in den sozialen Medien zu teilen und dazu zu schreiben, warum sie auf die Straße gehen. Und so wurde das Netz auf einmal am Wochenende voll von Regenbogenfahnen.
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In Berlin hält der CSD noch an seinem Termin Ende Juli fest und hofft, dass man dann wieder auf die Straße gehen kann. Online-Events sind noch nicht geplant. Wäre es für sie nicht auch eine Option gewesen, so lange zu warten, bis man die Coronakrise vorbei ist?
Den Pride in Krakow, der für den 23. Mai geplant war, haben wir tatsächlich schon auf Ende August verschoben.
Trotzdem können wir nicht so lange warten, wir müssen gerade in dieser Zeit an die Community denken. Im April und Mai stehen Prides in Städten wie Bydgoszcz, Lodz und Gdansk an, ich bin gespannt, was da passieren wird.
Was bieten Sie für die queere Community in Krakow an?
Auf Facebook haben wir eine Gruppe „Queerantine“ gegründet. Dort tauschen wir Ideen aus, wie man die Zeit in der Isolation verbringen kann. Auch versuchen wir das Bewusstsein dafür zu schärfen, was eine Quarantäne für queere Jugendliche bedeuten kann, die von ihren Familien nicht akzeptiert werden, oder für Singles und ältere Menschen. Jeden Montag halten wir eine psychologische Beratung über Skype ab.
Wir planen auch kulturelle Events und Online-Partys- auch um Solidarität mit queeren Künstlerinnen und Künstlern und queerfreundlichen Lokalen und Bars in Krakau zu zeigen. Und natürlich wird es Aktivitäten zu dem ursprünglich geplanten Pride-Termin Ende Mai geben - das soll aber noch geheim bleiben, wir planen da eine Überraschung.
Im vergangenen Jahr gab es heftige Übergriffe gegen CSDs in Polen, viele Städte haben sich zu "LGBT-freien Zonen" erklärt. Wäre es nicht ohnehin sicherer, CSDs künftig digital stattfinden zu lassen?
Nein, das wäre langfristig keine Option. Die Pride-Events sind ja auch eine Antwort auf den Hass, den wir in Polen erleben. Ich denke, im Herbst werden wir hier viele Pride Marches erleben. Wir brauchen den Zusammenhalt als Community, wir sind stolz und wollen das nach außen zeigen.
Dennoch dürfen wir nicht vergessen: Auch während der Corona-Pandemie müssen wir aktiv bleiben. Am 15. und 16. April wird das polnische Parlament über ein Abtreibungsverbot und das Verbot von Sexualkunde abstimmen. Da sind ebenfalls digitale Proteste nötig, weil wir dann noch nicht auf die Straße werden gehen können.
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