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Die Pathologisierung von Trans*Menschen stoppen - eine wichtige Forderung auch auf dem Berliner Trans*March im Jahr 2016.
© Nadine Lange/Tsp

Mehr Selbstbestimmung gefordert: Vorstöße zur Abschaffung des Transsexuellengesetzes

Das Transsexuellengesetz soll abgeschafft werden: Das sehen Vorstöße der Grünen und der Landesregierung von Rheinland-Pfalz vor. Die bisherige Praxis bei Geschlechtsangleichungen sei "entwürdigend".

Die Lage der Transsexuellen in Deutschland soll besser werden. Dieses Ziel verfolgen aktuell zwei Vorstöße. Einen Gesetzentwurf haben die Grünen am Mittwoch in den Bundestag eingebracht. Einen entsprechenden Entschließungsantrag will Malu Dreyer, Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, am Freitag in den Bundesrat einbringen.

„Trans-Rechte sind Menschenrechte“, erklärt der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck. Doch das Transsexuellengesetz liege „in Trümmern“. Schon sechsmal habe das Bundesverfassungsgericht einzelne Bestimmungen aus dem seit 1981 geltenden Gesetz für verfassungswidrig erklärt. „Das Gesetz tritt die Menschenrechte von Trans*Personen mit Füßen“, so Beck. Trotzdem sehe die Bundesregierung seit Jahren keinen Handlungsbedarf.

Der Gesetzentwurf zu einem neuen „Selbstbestimmungsgesetz“ der Grünen-Fraktion soll die Verfahren zur Änderung der Vornamen und zur Anpassung der Geschlechtszugehörigkeit vereinfachen. Beides soll nur noch vom Geschlechtsempfinden der Antragsstellenden abhängig sein und das bereits für 14-Jährige.

Die bisherigen Verfahren sind "entwürdigend", sagt Beck

Gutachten zur Geschlechtsfeststellung und Verfahren vor dem Amtsgericht, die Beck „entwürdigend“ nennt, sollen im Rahmen eines einfachen Verwaltungsakts beim Standesamt erfolgen: „Denn geschlechtliche Identität kann man nicht diagnostizieren. Lediglich Betroffene können darüber kompetent Auskunft geben“, erklärt Beck.

Im geltenden Transsexuellenrecht stehe gerade die Begutachtungspraxis in der Kritik, heißt es in dem Entwurf. Sie werde sehr häufig als Eingriff in die Selbstbestimmung und in die Privatsphäre empfunden. Doch würden Krankenkassen die Diagnose „Transsexualität“ teilweise infrage stellen, wenn das Begutachtungsverfahren noch nicht durchlaufen wurde, um die Kosten für die Angleichungsmaßnahmen nicht tragen zu müssen. Gerade Kinder fänden die Begutachtung übergriffig.

In Zukunft sollen Gesundheitsleistungen gemäß dem Gesetzentwurf der Grünen so gewährt werden, „dass dem Selbstbestimmungsrecht der betreffenden Person Geltung verschafft wird“.

"Zwangsoutings vermeiden"

Ist der Personenstand geändert, soll es den Betroffenen möglich sein, eine Ehe in eine Lebenspartnerschaft zu überführen oder umgekehrt. „Dadurch werden Zwangsoutings vermieden“, so Beck. Der frühere Geschlechtseintrag soll ohne Zustimmung der Antrag stellenden Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden, heißt es in dem Gesetzentwurf. Er sieht auch ein Recht auf Beratung vor.

Das rot-grün-gelb regierte Rheinland-Pfalz will am kommenden Freitag im Bundesrat einen Entschließungsantrag einbringen, um das Transsexuellengesetz durch ein Gesetz zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und zum Schutz der Selbstbestimmung zu ersetzen. Das kündigte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bereits in der vergangenen Woche an, sie nannte das Transsexuellengesetz "nicht mehr zeitgemäß". Entschließungsanträge sind Aufforderungen an die Bundesregierung, sich mit einem bestimmten Thema zu befassen. Einen konkreten neuen Gesetzentwurf hat Rheinland-Pfalz nicht vorgelegt. Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) sagte, die Begutachtungspflicht für transidente Menschen müsse abgeschafft werden, wenn sie ihren Namen angleichen wollen. Die Begutachtungspflicht werde für Betroffene oft zum Spießrutenlauf, der als entwürdigend empfunden werde.

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