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Ein Fest für die Ehe für alle beim Christopher Street Day (CSD) in Berlin.
© dpa
Update

Homo-Ehe in der Kirche: Trauung für alle in Berlin erlaubt

Die evangelische Landeskirche traut ab Juli auch homosexuelle Paare. Das beschloss das Kirchenparlament mit großer Mehrheit.

In Berlin, Brandenburg und in der Oberlausitz können sich schwule und lesbische Paare ab 1. Juli vom evangelischen Pfarrer trauen lassen. Bisher ist die Trauung mit Eintrag im Kirchenbuch Eheleuten vorbehalten.

Die Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat dafür am Samstag in Berlin mit überwältigender Mehrheit ein Kirchengesetz zur Gleichstellung von Ehepaaren und gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern in Traugottesdiensten beschlossen. Die Landeskirche ist damit nach Hessen und Nassau und der rheinischen Kirche die dritte der bundesweit 20 EKD-Mitgliedskirchen, die eingetragene Lebenspartnerschaften bei kirchlichen Hochzeiten mit klassischen Ehepaaren gleichstellt.

"Alle Traupaare, die in der Unterschiedlichkeit ihrer Lebensformen das gemeinsame Leben nach Gottes Anspruch und Zuspruch mit ihren jeweiligen Familien gestalten wollen, mögen in unserer Kirche beheimatet und angenommen sein", sagt Bischof Markus Dröge.

Ausnahmen sind möglich, müssen aber begründet werden

Im Kirchenparlament wurde kurz vor der Abstimmung eine geheime Wahl beschlossen. Dabei stimmten 91 Synodale für die Gleichstellung Homosexueller bei kirchlichen Trauungen, zehn stimmten dagegen, vier enthielten sich. Für Pfarrer und Gemeinden, die Trauungen gleichgeschlechtlicher Paare ablehnen, macht das neue Gesetz vorerst weiter Ausnahmen möglich, die jedoch gegenüber Vorgesetzten begründet werden müssen.
Vor einem Jahr haben die Kirchenparlamentarier bereits einen vorläufigen Beschluss gefasst, die Segnung für homosexuelle Paare mit der Trauung von Hetero-Paaren gleichzustellen. Damals gab es eine Minderheit, die das keine gute Idee fand. Sie sollte in einem Gesprächsprozess für den Synodenbeschluss gewonnen werden. Bischof Dröge war es wichtig, einen möglichst breiten Konsens herzustellen. Denn das Thema ist heikel. Wie heikel hat die Empörung gezeigt, die 2013 auf eine Veröffentlichung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) folgte. Die „Orientierungshilfe“ zum Thema Ehe und Familie plädierte dafür, nicht mehr nur die Ehe als Idealbild zu würdigen, sondern auch all jene Beziehungen, in denen sich Menschen generationenübergreifend verlässlich und verantwortungsvoll aneinander binden und füreinander sorgen. Dazu gehört das lesbische Paar mit Kind genauso wie das kinderlose heterosexuelle Paar, das sich um die kranke Mutter kümmert. 

Die Kirche werfe sich dem Zeitgeist an den Hals, sagen Kritiker

Die Kirche werfe sich dem Zeitgeist an den Hals, argumentierten Kritiker vor der Entscheidung. Andere begrüßten die überfällige Aufwertung gleichgeschlechtlicher Paare und sahen gerade dadurch die Glaubwürdigkeit der Kirche gestärkt. Mittlerweile ist die öffentliche Empörung abgeklungen.

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Ekbo) ist die dritte Kirche, die sich dem Paradigmenwechsel anschließt. In elf der 20 anderen evangelischen Landeskirchen segnen die Pfarrer schwule und lesbische Paare, trauen sie aber nicht. In sechs Landeskirchen ist auch keine Segnung möglich, darunter in Sachsen und in Württemberg, wo viele streng gläubigen Pietisten leben. Die katholischen Bischöfe lehnen Segnungen für homosexuelle Paare kategorisch ab, obwohl sich Laien-Verbände wie das Zentralkomitee der deutschen Katholiken immer vehementer dafür einsetzen.

Die Bibel bewertet Homosexualität negativ

Die Bibel bewertet Homosexualität eindeutig negativ. Auch für Martin Luther war klar: „Alles, was ein Mann ist, muss ein Weib haben, und was ein Weib ist, muss einen Mann haben“. Doch wie wörtlich muss man die Bibel nehmen? Die Gegner der Ehe für alle unter dem Kirchendach sagen: sehr wörtlich. Die Befürworter halten dagegen: Man müsse die Bibel in ihrem kulturellen Kontext von vor 2000 Jahren sehen und für heute neu interpretieren. Mit Homosexualität sei damals eine Lebensform gemeint gewesen, "die wir heute am ehesten als gewalttätigen sexuellen Missbrauch an Männern und Jungen bezeichnen müssen", sagte Probst Christian Stäblein von der Ekbo kürzlich. Eine gleichberechtigte, auf Dauer angelegte, verlässliche, in Liebe gründende Partnerschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen sei in biblischer Zeit gar nicht vorstellbar gewesen. Deshalb reiche es nicht, nur die Bibelstellen zur Homosexualität heranzuziehen, um über die Qualität dieser Beziehungen etwas zu sagen.

Wie wörtlich muss man die Bibel nehmen?

Die Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern einer Trauung für alle sind tief. Das haben auch die leitende Geistlichen der Ekbo erlebt, die ein Jahr lang durchs Land gefahren sind, um die Skeptiker zu überzeugen. Sie haben erreicht, dass sich Menschen öffneten und ihre Zweifel und ihr Unverständnis für die Lebensweise der anderen zur Sprache kamen - nicht anonym im Internet, sondern im persönlichen Gespräch und so, dass man sich auch am nächsten Tag grüßen kann. Kaum einer hat seine Meinung dadurch verändert. Und doch war der Prozess erfolgreich. Viele berichten, dass Verkrustungen aufgebrochen sind. Die Einsicht ist gewachsen, dass sich auch die Gegner ernsthafte Gedanken machen und respektiert werden müssen. 

Kein Pfarrer soll gezwungen werden, gegen sein Gewissen zu handeln 

Auch für die diesjährige Synodentagung gibt es elf Anträge von Kirchengemeinden, mehrheitlich aus Brandenburg und der Oberlausitz, die gegen die Trauung für alle sind. Am Freitagnachmittag soll die Debatte darüber stattfinden. Am Sonnabend wird abgestimmt. Die Kirchenleitung hält einen Kompromiss für wahrscheinlich: Segnungen und Trauungen werden grundsätzlich gleich gestellt. Aber Ausnahmen sollen in Einzelfällen möglich sein. Kein Pfarrer soll gezwungen werden, etwas zu tun, was er nicht mit seinem Gewissen und seinem Bibelverständnis vereinbaren kann. Darauf werden sich vermutlich alle einigen können.

(mit aktuellem Material der Agentur epd)

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