Gedenkkugel für KZ Ravensbrück: Neuer Vorstoß zum Erinnern an lesbische NS-Opfer
Für ein Mahnmal zum Gedenken an lesbische NS-Verfolgte im KZ Ravensbrück gibt es einen neuen Antrag, der von einem breiten Bündnis queerer Gruppen getragen wird.
Es ist eine Leerstelle der Erinnerungskultur in Deutschland: Noch wird nirgends ausdrücklich und allein der lesbischen Verfolgten des NS-Regimes gedacht. Nun gibt es einen neuen Anlauf, an sie im ehemaligen Frauen-KZ Ravensbrück zu erinnern. Ein breites Bündnis von queeren Gruppen und Initiativen hat einen weiteren Antrag auf eine Gedenkkugel für die dort inhaftierten lesbischen Frauen eingereicht und sich auf eine Inschrift dafür geeinigt.
„Wir erwarten nun, dass es jetzt – nach mehr als fünf Jahren – keine weiteren Verzögerungen mehr gibt“, erklärt Wiebke Haß von der Initiative „Autonome feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich“ gegenüber dem Tagesspiegel. Die Initiative hatte das Gedenken vor Jahren angestoßen und hat auch den neuen Antrag gestellt.
Zu dem Bündnis, das diesen Antrag unterstützt, gehören unter anderem der Lesbenring, die lesbische Initiative „Rad und Tat“, die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, der Bundesverband des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) und der Fachverband Homosexualität und Geschichte. Von Anfang an unterstützten das Internationale Ravensbrück-Komitee und die deutsche und österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück die Initiative.
Das Bündnis appelliert, im Herbst 2020 eine Entscheidung zu treffen
Einen Entwurf für eine Gedenkkugel gibt es längst, sie wurde schon einmal im Schwulen Museum präsentiert. Die Inschrift soll nun folgendermaßen heißen: „In Gedenken aller lesbischen Frauen und Mädchen im Frauen-KZ Ravensbrück und Uckermark. Sie wurden verfolgt, inhaftiert, auch ermordet. Ihr seid nicht vergessen."
Das Bündnis für das Gedenken appelliert an die Stiftung Brandenburgischer Gedenkstätten „im Herbst 2020 eine Entscheidung zu treffen, die die Realisierung dieses gemeinsamen Vorschlages ermöglicht“, wie es in einer gemeinsamen Erklärung heißt, die in dieser Woche veröffentlicht wurde: „Wir als zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen haben erfolgreich einen guten Konsens gefunden.“
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Über das Mahnmal in Ravensbrück wird seit Jahren debattiert. Es ist darüber auch zwischen Lesben und Schwulen zu großen Konflikten gekommen – unter anderem weil einige schwule Historiker lesbischen Frauen abgesprochen haben, zu den Opfergruppen der NS-Zeit zu gehören. Und das, obwohl inzwischen in zahlreichen Studien beschrieben wurde, wie lesbische Frauen sehr wohl bedroht waren, selbst wenn sich der berüchtigte Paragraf 175 nicht auf sie bezog.
Lange Debatten um das Gedenken an lesbische NS-Opfer
Zuletzt hatte die Stiftung Brandenburgischer Gedenkstätten vor zwei Jahren die Errichtung des Mahnmals gestoppt, nachdem es keine Einigung auf eine Inschrift gab. Dass damals ausgerechnet die Berlin-Brandenburgische Abteilung des LSVD in einer Pressemitteilung bekräftigte, eine Verfolgung von Lesben in der NS-Zeit sei wissenschaftlich nicht belegt, löste großen Ärger aus – wie überhaupt ihr Vertreter im Beirat der Stiftung immer wieder Kritik auf sich zog. Selbst im LSVD war das Vorgehen umstritten. Verbandsintern ging die Federführung bei dem Thema danach an den Bundesverband über.
Wiebke Haß erklärt jetzt, ihre Initiative sei mit dem gemeinsam an einem Runden Tisch erarbeiteten Text „inhaltlich voll zufrieden“ – auch wenn die Initiative den ursprünglich von ihr vorgeschlagenen Text für „komplexer und interessanter“ halten würde. Der ursprüngliche Vorschlag der Initiative sollte darauf hinweisen, dass lesbische Frauen als „entartet“ galten und "als „asozial“, als widerständig und ver-rückt und aus anderen Gründen verfolgt und ermordet" wurden.
Gedenkstätte plant auch eine Ausstellung zur Situation lesbischer Frauen
Auch Marion Lüttig vom Lesbenring nennt es „großartig“, dass sich der Runde Tisch auf einen gemeinsamen Text einigen konnte. Sie hofft, dass das Vorhaben nun auch endlich umgesetzt werden könne.
Die Initiative „Autonome feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich“ begrüßt auch, dass die Gedenkstätte eine Ausstellung zur Situation der lesbischen Frauen plane, sagt Haß: „Die Genehmigung für unser Erinnerungszeichen muss aber unabhängig von der Realisierung der Ausstellung sein.“ Die Initiative erwarte, „dass auch diejenigen Beiratsmitglieder, die diesen Antrag seit Jahren blockieren, ihre Haltung überdenken“. Man habe sich selber gesprächsbereit gezeigt: „Wir hoffen, dass nun endlich das würdige Gedenken auch die offizielle Genehmigung erhält.“
Haß unterstreicht, dass für das Gedenken Orte, Jahrestage und Erinnerungszeichen wichtig sind: „Sie ermöglichen uns, die innewohnende Gefahr der Wiederholung von Unrecht wahrzunehmen und sich ihr entgegenzustellen. In diesem Sinne gedenken wir auch der lesbischen Frauen und Mädchen in Ravensbrück und Uckermark, die während des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden.“
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