Anders wohnen: Lesbisches Wohnprojekt im Rennen um „Schöneberger Linse“
Die Frauen von "Rad und Tat" hoffen auf einen Zuschlag für ein Baugrundstück. 80 barrierefreie Wohnungen sollen entstehen, 30 davon für LGBTI.
Diskriminierungsfrei, inklusiv und gemeinschaftlich Leben – das ist das Ziel, das das Frauen- und Lesbenwohnprojekt der Rad und Tat Berlin gGmbH erreichen will.
Mit einem Konzept aus 80 barrierefreien Wohnungen, davon 30 ausschließlich für Menschen aus der LGBTI-Szene, zwei Wohngemeinschaften für pflegebedürftige und demenzkranke Frauen, sowie verschiedenen Orten der kulturellen und kommunikativen Begegnung bewirbt sich das Projektteam um Geschäftsführerin Jutta Brambach damit für ein Baugrundstück innerhalb der „Schöneberger Linse“. Teil der Planung ist außerdem die Integration eines Pflegedienstes und des bereits existierenden ehrenamtlichen Besucherservices des Vereins.
„Der Wunsch nach gemeinsamem Wohnraum für lesbische Frauen wurde in unserem Verein „Rad und Tat“ schon vor vielen Jahren laut, sagt die 63-jährige Geschäftsführerin der 2011 als Tochter des Vereins gegründeten GmbH. „Das Wohnprojekt soll uns einen Rahmen geben, in dem wir frei von Anfeindungen leben können, verschiedene Generationen und auch Lesben mit Behinderung eine Gemeinschaft bilden.“ Vor allem lege man dabei Wert darauf, dass Raum für die Entfaltung individueller Interessen bleibt. Zu den Motiven für die Initiative gehört die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Frauen und der Wunsch, die gegenseitige Unterstützung von Jung und Alt innerhalb der lesbischen Community zu fördern, erklärt die Projektgruppe.
Die Baupläne werden konkret
Auf Grund fehlender Standortperspektiven für ein Baugrundstück blieb die Idee viele Jahre in den Köpfen der aktuell 25 Frauen des Projektteams, von denen sich viele selbst schon einen Platz im Wohnprojekt reserviert haben. Mit der Bewerbung um die „Schöneberger Linse“ wurden die Baupläne jetzt konkret. In regelmäßiger Abstimmung mit dem Architekten Klaus Krebs und seinen Kollegen entstand ein Konzept, das vor allem Barrierefreiheit und die Ausrichtung auf Gemeinschaftsräume, wie ein Kiez-Café einschließt. In die zweite Bewerbungsphase hat das Projekt es bereits geschafft. Der Koalitionsvertrag des neuen Senats, der selbstorganisierte Wohnprojekte unterstütze, stimme die Frauen auch weiterhin optimistisch. „Unser Projekt ist ein Politikum, von dem wir glauben, dass Berlin es will. Für Schwule gibt es schon den ,Lebensort Vielfalt‘. Das lässt uns hoffen, dass jetzt auch wir, als frauenliebende Frauen, gute Chancen haben“, erzählt Jutta Brambach.
Die Entscheidung, wer den Zuschlag für das Baugrundstück bekommt, soll noch in diesem Jahr fallen.
Das Geld kommt aus verschiedenen Töpfen
Deutlicher als die Zusage, ist schon jetzt das Finanzierungskonzept. „Wenn wir den Zuschlag für das Grundstück bekommen, kommt eine Teilförderung von Seiten der Investitionsbank Berlin“, sagen der Architekt Klaus Krebs und seine Kollegin Claudia Seemann. „Durch die Integration von sozialverträglichen Wohnungen mit Wohnberechtigungsschein können wir außerdem auf das Neubauförderungsprogramm der Senatsverwaltung zurückgreifen.“ Weil das Projekt energieeffizient gebaut werde, könne man auch mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau kooperieren. „Der Rest soll durch Stiftungsgelder und Spenden gedeckt werden, für die wir fortwährend Partner suchen“, ergänzt das Projektteam.
Schon die Planungsphase ist eine Generalprobe für das spätere Zusammenleben. „Natürlich gibt es mal Differenzen und unterschiedliche Vorstellungen, aber unsere Zusammenarbeit ist sehr effektiv und vielfältig. So stellen wir uns auch die spätere Gemeinschaft vor“, sagen die Frauen im Alter zwischen 30 und 80 Jahren.
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Julia Sergon