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Nasser El-Ahmad mit Regisseurin Maria Lilith-Umbach am Grips-Theater.
© Kai-Uwe Heinrich

Die Geschichte von Nasser El-Ahmad am Grips-Theater: Gegen alle Widerstände

Der junge Berliner Nasser El-Ahmad sollte zwangsverheiratet werden, weil er schwul ist. Jetzt erzählt das Grips-Theater seine Lebensgeschichte.

Sein Coming-out hatte Nasser El-Ahmad auf Facebook. Doch seinen strenggläubigen muslimischen Eltern verheimlichte der 15-jährige Neuköllner, dass er auf Jungs steht. Als die schließlich merkten, dass ihr Sohn schwul ist, gingen sie bis zum Äußersten. Der Vater und zwei weitere Verwandte entführten Nasser, um ihn im Libanon zwangsweise mit einem Mädchen zu verheiraten. An der rumänisch-bulgarischen Grenze wurden sie schließlich aufgehalten. Andere hätten danach geschwiegen – aus Angst oder Scham. Nasser El-Ahmad aber ist mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit gegangen und hat Aufmerksamkeit geschaffen für die schwierige Situation schwuler Männer in muslimischen Familien.

Das Grips-Theater bringt die Lebensgeschichte des heute 20-jährigen Aktivisten nun auf die Bühne. Das Stück „Nasser #7Leben“ von Susanne Lipp basiert auf ausführlichen Interviews mit El-Ahmad. Regie führt Maria Lilith Umbach, die aus der freien Szene kommt und zum ersten Mal für das Grips-Theater arbeitet. „Ich habe großen Respekt vor ihm“, sagt Umbach. „Und ich bewundere diesen extremen Mut, für seine Identität einzutreten. Wenn patriarchale Strukturen die ganze Kindheit bestimmt haben, dann die Kraft zu haben, dagegen anzugehen, ist sehr bewundernswert.“

Nasser ist bei der Stückentwicklung dabei

Für die Regisseurin ist es selbstverständlich, dass Nasser El-Ahmad eingebunden wird in den künstlerischen Prozess. „Wir bewegen uns auf einem schmalen Grat: Als künstlerisches Team müssen wir uns alle Freiheiten nehmen, den Stoff zu fiktionalisieren. Das ist schon beim Schreiben passiert; bei der Übersetzung auf die Bühne fügen wir dem Text nochmals Ebenen hinzu, sei es musikalisch, sei es in der Interpretation. Einerseits brauchen wir diese Freiheiten, andererseits stehen wir in engem Kontakt mit Nasser, er sieht sich unsere Arbeit in Abständen an.“

Die sozialen Medien spielen eine wichtige Rolle in der Inszenierung, denn sie gehören heute zur Lebensrealität der jungen Generation. „Was bin ich in der Welt? Wer sieht mich wo? Der digitale Raum war für Nasser eine große Chance, aber auch eine große Gefahr, angefeindet und angegriffen zu werden“, so Umbach.

Homophobie ist bei Jugendlichen ein großes Problem

Die Regisseurin weiß, dass sie höchst sensibel mit Nassers Geschichte umgehen muss, auch um nicht die Islamophobie noch weiter zu befeuern. „Natürlich würden niemals alle muslimischen Familien so reagieren. Es gibt tausende Fälle, wo es ganz anders gelaufen ist. Aber diese spezielle Geschichte ist so gelaufen – und das wollen wir auch zeigen. Wir versuchen aber zum einen, auch in der Figurenzeichnung der Familie vielschichtig zu sein – und zum anderen, dem etwas entgegenzusetzen.“

Homophobie ist unter Jugendlichen nach wie vor ein großes Thema. Umbach rechnet deshalb damit, dass das Stück kontrovers aufgenommen wird. Doch sie hofft, dass es den jungen Zuschauern viele Identifikationsmöglichkeiten bietet. „Nassers Lebensgeschichte zeigt: Man kann es schaffen. Nicht nur sich von den rigiden Ansprüchen der Familie zu emanzipieren, sondern sich generell gegen Widerstände durchsetzen, wie auch immer sie geartet seien. Und für seine Rechte, seine Freiheit einzustehen.“ Das Stück „Nasser #7Leben“ soll Mut machen – und die Augen öffnen für andere Lebensentwürfe.

Grips-Theater, 14.3., 18 Uhr (ausverkauft), 15.3., 19.30 Uhr, 16.3., 11 Uhr (ausverkauft), 5./6.4., 11 Uhr. Weitere Termine hier.

Sehen Sie hier einen Videobericht über den damals 18-jährigen Nasser:

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