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Antonio Caravano ist Besitzer der weltgrößten Versace-Sammlung, Kuratorin Sabina Albano unterstützt ihn bei der Ausstellung.
© Mike Wolff

Gianni-Versace-Retrospektive in Berlin: Ein Palais für den Modekönig

Die weltgrößte Ausstellung zum Werk des Modeschöpfers Gianni Versace kommt 2018 nach Berlin. Ein Treffen mit dem Sammler Antonio Caravano.

Als Antonio Caravano an diesem grauen Oktobermorgen auf das Kronprinzenpalais zuläuft, ist er seinem Anliegen gemäß gekleidet: Er trägt einen Ledermantel, in seiner Armbeuge baumelt eine schwarze Versace-Handtasche. Mit seiner Kuratorin Sabina Albano ist er in die Stadt gekommen, um die Details der anstehenden Gianni-Versace-Retrospektive zu besprechen, die zum größten Teil aus Stücken seiner Sammlung bestehen wird.

Nach einem Rundgang durch das Kronprinzenpalais, in dem die Schau ab Januar zu sehen sein soll, gibt der Modefanatiker einen Einblick in seine Leidenschaft.

Sie besitzen eine der bedeutendsten Versace-Sammlungen. Im Juli haben Sie sie in Neapel erstmals in einer Ausstellung gezeigt. Berlin wird die zweite, noch größere Präsentation für Sie. Warum treten Sie nun an die Öffentlichkeit?

CARAVANO: Über die Jahre habe ich gekauft und gekauft, aber es gab nie den Plan, all das auszustellen. Bis ich Sabina Albano, meine Kuratorin, getroffen habe. Wir beide spürten das Bedürfnis, nun, zwanzig Jahre nach Gianni Versaces Tod, an ihn zu erinnern. Gerade junge Menschen sollen sein Werk kennenlernen. So viele wichtige Impulse für unsere heutige Zeit gingen von ihm aus – für die Mode, die Musik, die Kunst.

Warum zeigen Sie die Sammlung ausgerechnet in Berlin?

ALBANO: Berlin ist ein Ort der Innovation, Gianni Versace passt gut zu dieser Stadt, weil auch er seiner Zeit immer voraus war. Er war kühn, ein Visionär. Ohne ihn hätte es nie das Konzept der Supermodels gegeben. Er hat Modenschauen zu den Spektakeln gemacht, als die wir sie heute kennen.

Herr Caravano, woher kommt Ihre Faszination für Gianni Versace?

CARAVANO: Als ich jung war, habe ich jedes Jahr Freunde in Miami besucht, wo Gianni Versace gelebt hat. Er war der Mittelpunkt der Stadt, insbesondere ihrer Schwulenszene. In Italien habe ich mich eingeengt gefühlt, Miami bedeutete für mich Freiheit. All meine jugendlichen Fantasien habe ich mit dem Namen Gianni Versace verknüpft. Mit meiner Sammlung begann ich, als er ermordet wurde. Das war im Juli 1997 und als ich im September nach Miami zurückkam, war mir, als würde eine Totenstille in der Stadt herrschen, als hätte man ihr die Energie entzogen.

Was war das erste Gianni-Versace-Stück, das Sie gekauft haben?

CARAVANO: Ein Kissen, das auch in der Ausstellung zu sehen sein wird. Ich habe es zu Hause auf mein Bett gelegt und wenn ich es ansah, dachte ich an Freude, Disko und Glamour. Das machte mich glücklich.

Wie sind Sie in den folgenden Jahren beim Aufbau Ihrer Sammlung vorgegangen?

CARAVANO: Auf einer Auktion in New York habe ich später das Kopfende des Bettes gekauft, das in Gianni Versaces Schlafzimmer in Miami stand. Im Grunde kaufe ich alles, wenn ich die Möglichkeit dazu bekomme – Möbel, Kunst, Schmuck und natürlich Mode. Vieles habe ich in Vintageläden gefunden. Heute ist mein gesamtes Haus voll mit Gianni Versace. Meine besondere Leidenschaft gilt der Bondage-Kollektion aus dem Jahr 1992. Und ich vergöttere alle Versace-Looks, die Linda Evangelista getragen hat.

Sie sammeln nur Werke Gianni Versaces, nicht aber die Kollektionen seiner Schwester Donatella, die die Marke nach seinem Tod fortführte.

CARAVANO: Das Versace von heute steht für Rapper, Sex und Blingbling. Aber das ist nicht das echte Versace, nicht das von Gianni. Doch ich mochte die jüngste Kollektion von Donatella, mit der sie ihrem Bruder anlässlich seines Todestages Tribut gezollt hat.

ALBANO: Das war ihre beste Kollektion. Sie hat unter dem Schatten Giannis lange gelitten. Nun, zwanzig Jahre nach seinem Tod, hat sie zu sich gefunden.

Welches Gefühl soll die Ausstellung in Berlin den Besuchern vermitteln?

ALBANO: Wir wollen die Wurzeln von Mode zeigen, ihre Geschichte. Unsere Ausstellung in Neapel fand im Archäologischen Museum statt, weil es eine Verbindung zwischen der Mode von Gianni Versace und archäologischen Funden gibt. Gianni Versace war ein Mann des Südens, er ließ sich stark von der altgriechischen Kultur inspirieren. Viele seiner Prints beziehen sich auf antike Vasen, auch der Medusa-Kopf, der später zum Logo seiner Marke wurde. Bei der Ausstellung in Berlin legen wir den Schwerpunkt darauf, Giannis Werdegang als Designer nachzuerzählen.

Wie wollen sie das erreichen?

ALBANO: Die Schau wird chronologisch aufgebaut sein, beginnend in den 1980er-Jahren bis hin zu seiner letzten Kollektion. Wenn die Leute durch die Ausstellung gehen, sollen sie die Entwicklung der Materialien, der Ästhetik nachvollziehen können. Ein ganzer Raum wird der Bondage-Kollektion gewidmet sein. Außerdem lassen wir in einem Raum das Schlafzimmer von Gianni Versace nachbauen, mit Originalmöbeln.

Gibt es ein Stück aus Ihrer Sammlung, mit dem Sie besondere Emotionen verknüpfen?

CARAVANO: Es gibt zwei Kleider, die mir besonders am Herzen liegen. Seltene Kombinationen aus Metal Mesh auf der einen und Stoff auf der anderen Seite. Sie wurden nie auf dem Laufsteg gezeigt, es sind Auftragsarbeiten. Ich werde sie niemals öffentlich zeigen, sonst würde ich eifersüchtig werden.

„Gianni Versace Retrospective" vom 30. Januar bis 14. April 2018. Kronprinzenpalais, Unter den Linden 3. Mehr Infos unter: retrospective-gianniversace.com

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