Rot-Rot-Grüne Koalition: Berlin soll "Regenbogenhauptstadt" werden
Rot-Rot-Grün will Berlin zur "Regenbogenhauptstadt" machen - und zahlreiche queere Projekte in der Stadt stärken. Im Senat werden zwei offen schwule Politiker vertreten sein.
Rot-Rot-Grün will eine neue Bundesratsinitiative starten, um die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen, queere Projekte in der Stadt sollen gestärkt werden - das haben die neuen Berliner Koalitionäre bereits angekündigt. Tatsächlich findet sich das nun auch so im Koalitionsvertrag von SPD, Linken und Grünen wieder, den die Parteien am Donnerstag auf ihren Webseiten veröffentlichten. Dass queere Themen gestärkt werden müssen, hatten insbesondere Grüne und Linke bereits im Wahlkampf gefordert. Zumindest auf dem Papier geschieht das jetzt: Waren den Belangen lesbischer, schwuler, bisexueller und transgeschlechtlicher Menschen in der Vereinbarung der alten rot-schwarzen Koalition mal gerade 20 Zeilen gewidmet, sind es nun gleich vier Seiten.
Berlin soll "Regenbogenhauptstadt" werden - so ist das entsprechende Kapitel überschrieben. In den Augen vieler Lesben und Schwulen mag Berlin das zwar längst sein. Jetzt will Rot-Rot-Grün das stärker politisch unterfüttern – auch um den selbst in Berlin immer noch üblichen Alltagsdiskriminierungen und homo- und transfeindlichen Übergriffen entgegenzutreten.
Insbesondere soll die “Initiative Sexuelle Vielfalt“ gestärkt werden. Dieser Aktionsplan zur Förderung der Akzeptanz sexueller Vielfalt in Schulen, Behörden, Verbänden und Betrieben wurde 2010 aufgelegt. Er umfasst zahlreiche Vorhaben wie Fortbildungen von Lehrkräften zu dem Thema oder Antigewaltprojekte, aber auch Aktionen gegen Homophobie im Fußball. Nun sollen die Mittel dafür bis zum Ende der Legislaturperiode verdoppelt werden - wobei eine genaue Summe dabei aber nicht genannt wird. Derzeit werden im Rahmen der Initiative etwas mehr als eine Million Euro ausgegeben.
Es soll ein neues queeres Jugendzentrum geben
Daneben nennt der Koalitionsvertrag eine Vielzahl von weiteren Projekten, die angegangen werden sollen. Dazu gehören ein queeres Jugendzentrum, der Schutz von LGBT-Geflüchteten, Wohnhäuser und Wohngemeinschaften für queere Menschen. Lesbische Projekte sollen "nicht im Hintergrund bleiben", heißt es - um die lesbische Sichtbarkeit zu erhöhen. Für junge muslimische Lesben und Schwule, die von Zwangsverheiratung bedroht sind - was auch bei der Staatsanwaltschaft in Berlin inzwischen verstärkt angezeigt wird - , sollen Krisenwohnungen eingerichtet werden. Das Personal im Gesundheitswesen soll für die Belange trans- und intergeschlechtlicher Menschen sensibilisiert werden.
Es muss einfach so sein, dass Homosexualität keinen Grund mehr bieten darf, sich an irgendeiner Stelle aufzuregen. Homosexuell zu sein muss so banal werden wie die Tatsache, dass es Menschen mit blonden Haaren ebenso gibt wie die mit schwarzen Haaren.
schreibt NutzerIn 2010ff
Das von den Nazis zerstörte Magnus-Hirschfeld-Institut soll wieder errichtet werden, die Koalition will auch das bereits geplante Elberskirchen-Hirschfeld-Haus unterstützen, in dem verschiedene Einrichtungen queerer Forschung, Kultur und Bildung zusammengeführt werden. Die Koalition will auch den Unterhalt für das Magnus-Hirschfeld-Denkmal sichern. Das muss allerdings erstmal fertiggestellt werden - die Errichtung verzögert sich bereits. Die Einweihung ist für 2017 geplant.
Im Senat werden zwei offen schwule Politiker sitzen
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) in Berlin begrüßte die Vorhaben von Rot-Rot-Grün. Die Koalition habe sich "auf ein detailreiches Kapitel zu Queerpolitik verständigt", erklärte Jörg Steinert, der Berliner LSVD-Vorsitzende. "Die damit verbundene Klarheit schätzen wir sehr. Gravierende Schutzlücken können hoffentlich zeitnah geschlossen werden." Insbesondere begrüße man, dass sich Rot-Rot-Grün im Bundesrat für die Ehe für alle einsetzen wolle. Die rot-schwarze Vorgängerregierung war an dem Thema 2015 bekanntlich fast zerbrochen.
Bundespolitisch will sich Rot-Rot-Grün auch für eine Reform des Transsexuellengesetzes einsetzen. Insgesamt soll die Sichtbarkeit von queeren Menschen in Gremien gestärkt werden. Zumindest im Senat dürfte dafür gesorgt sein: Mit dem künftigen Kultursenator Klaus Lederer von den Linken und Dirk Behrendt, der für die Grünen Justizsenator werden soll, werden zwei offen schwule Politiker der neuen Berliner Landesregierung angehören.
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