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Pekka Strang spielt den 1920 geborenen Zeichner.
©  MFA

Biopic "Tom of Finland": Befreier in Lederstiefeln

Der Zeichner Touko Laaksonen wurde als Tom of Finland zu einer bis heute verehrten Schwulen-Ikone. Jetzt zeigt Dome Karukoskis Spielfilm sein Leben.

Muskulöser Oberkörper, praller Hintern, großer Schwanz, Stiefel, Uniform – so sieht der ideale Mann für Touko Laaksonen (Pekka Strang) aus. Und genau so zeichnet der junge Werbegrafiker und Ex-Soldat im Nachkriegs-Helsinki die Objekte seiner Begierde.

Natürlich heimlich. Denn seine Bilder sind zum Teil pornografisch und zeigen schwule Männer. Homosexualität war in Finnland bis 1971 verboten, in den Parks machte die Polizei regelmäßig Jagd auf Männer, die sich zum Sex trafen. Auch Laaksonen ist hier manchmal unterwegs, wobei er eines nachts den Tänzer Nipa (Lauri Tilkanen) trifft, der etwas später sein Liebhaber werden wird.

Anders als Nipa, der sich als „schlechter Mensch“ bezeichnet, empfindet Laaksonen keine Scham wegen seiner Homosexualität. Der gesellschaftliche Druck ist bei ihm nicht in Selbsthass umgeschlagen. Er sieht sich auch nicht als krank wie ein alter Kriegskamerad, der in der Psychiatrie landet und auf „Heilung“ hofft.

Stolz statt Selbsthass

Diesen stillen Stolz des 1920 geborenen Laaksonen zeigt Dome Karukoski in seinem Biopic über den als „Tom of Finland“ bekannt gewordenen Zeichner auf beiläufige Weise. Sein Selbstbewusstsein ist auch der Grund dafür, dass sich Laaksonen mit seinen Bildern an die Öffentlichkeit traut. Er weiß, dass es Männer gibt, die von ihnen erregt werden. Der Anfang ist schwierig: In West-Berlin stiehlt ihm ein angeblicher Galerist einen ganzen Zyklus von Zeichnungen – und sein Geld.

Die Berlin-Szenen bringen erstmals intensivere Farben in das finnische Grau-Blau-Beige. Eine regelrechte Explosion von Orange-Gelb-Rot findet dann in der zweiten Filmhälfte statt, als Laaksonen in den Siebzigern erstmals Kalifornien besucht. Karukoski inszeniert die Szenen wie die Ankunft in einem queeren Wunderland, wo Männer händchenhaltend auf der Straße schlendern und endlose Poolpartys feiern.

Vorbild und Selbstbild

Tom of Finland, der selbst gern Stiefel und Leder trägt, wird hier als Star verehrt. Viele kopieren den Stil seiner Zeichnungen. Doch es geht um mehr als um eine Ästhetik, die eine Alternative zum damals dominierenden Schwulen- Klischee vom effeminierten Mann war und bis heute sehr präsent in der schwulen Kultur ist. Denn Tom of Finland hat entscheidend zur schwulen Identitätsbildung beigetragen. Selbstbilder entstehen nie ohne Vorbilder. Dass es plötzlich eine visuelle Repräsentanz für eine quasi unsichtbare Minderheit gab, wirkte befreiend und beglückend. Davon vermittelt der Film einen Eindruck. Dass Tom auch für übertriebenen Körperkult und die Abwertung weniger viriler Männer steht, greift er hingegen nicht auf.

Filmkunst 66, OmU: b-ware!, Moviemento, Xenon

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