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Der Angeklagte im Prozess um gestreckte Krebsmedikamente im Landgericht in Essen.
© Marcel Kusch/dpa
Update

Gepanschte Krebsmedikamente: Zwölf Jahre Haft für Apotheker aus Bottrop

Ein Apotheker aus Bottrop streckte Infusionslösungen für Krebskranke und rechnete dafür bei den Krankenkassen voll ab. Nun wurde er dafür zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Nach einem der größten Medizinskandale der vergangenen Jahre muss ein Apotheker aus dem Ruhrgebiet wegen gepanschter Krebsmedikamente für zwölf Jahre in Haft. Nach Überzeugung des Essener Landgerichts hat der 48-Jährige jahrelang lebenswichtige Medizin seiner Patienten gestreckt, um seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren. Außerdem wurde am Freitag ein lebenslanges Berufsverbot gegen den Mann aus Bottrop verhängt.

In der Apotheke wurden laut Urteil individuell zubereitete Infusionslösungen hergestellt, die in ihrer „Qualität nicht unerheblich gemindert waren“. Der Schaden für die Krankenkassen beläuft sich nach Berechnungen der Richter auf rund 17 Millionen Euro. Dieser laut Urteil illegal erzielte Gewinn wird vom Staat eingezogen.

„Wir sind überzeugt, dass mindestens 14 500 Arzneimittel zwischen 2012 und 2016 unterdosiert waren“, sagte Richter Johannes Hidding. Dies sei das Ergebnis eines Vergleichs zwischen eingekauften und abgerechneten Wirkstoffen. Außerdem gehen die Richter von großen Hygieneverstößen aus. Der Angeklagte sei nicht nur einmal dabei beobachtet worden, wie er das Labor in Straßenkleidung betreten habe. „Dabei ist Hygiene gerade für immungeschwächte Krebspatienten immens wichtig“, hieß es im Urteil.

Der Angeklagte habe von den Straftaten wirtschaftlich erheblich profitiert. „Er hat ganz schlicht aus Habgier gehandelt“, sagte Hidding. „Luxusgüter spielten für ihn eine ganz große Rolle.“

Der 48-Jährige war am 29. November 2016 festgenommen worden, er sitzt seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft. Bei einer Durchsuchung der Bottroper Apotheke waren zuvor unterdosierte Infusionslösungen sichergestellt worden, die zur Auslieferung bereitstanden. Der Medikamentenskandal war von zwei Mitarbeitern des Angeklagten aufgedeckt worden. Für ihre Enthüllungen wurden sie 2017 mit dem Deutschen Whistleblower-Preis ausgezeichnet.

Der Preis wird vergeben an Menschen, die Risiken eingehen, um Missstände aufzudecken, die ihnen in ihrer dienstlichen oder amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind.

Im Prozess hat sich der 48-Jährige nicht zu den Vorwürfen geäußert. Das Urteil lautet auf Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz und auf Betrug. (dpa)

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