Bahntickets, Arbeit, Eigenheim: Was Sie beim Orkan „Sabine“ beachten sollten
Der Orkan „Sabine“ wird das Leben in Deutschland beeinträchtigen – ein Überblick über Rechte, Pflichten und empfohlene Vorsorge.
Orkan „Sabine“ hat Deutschland erreicht und wird wohl noch bis Montag über die Republik hinwegfegen. Nach Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) wird es zu starken Verkehrsbehinderungen kommen. Bei der Bahn gibt es bereits seit Sonntagvormittag Einschränkungen. Auch Autofahrer werden betroffen sein, das könnte für viele zu Wochenbeginn den Weg zum Arbeitsplatz erschweren, sogar gefährlich machen – und die Ankunft im Job eventuell verspäten. Und auch Hausbesitzer und Mieter müssen Maßnahmen ergreifen, um keine böse Überraschungen zu erleben.
Umfassende Rechte für Bahnreisende
Bei Einschränkungen im Bahnverkehr infolge eines Sturm haben Fahrgäste umfassende Rechte. Erreichen sie ihr Ziel mit erheblicher Verspätung, erstattet die Bahn grundsätzlich einen Teil des Ticketpreises. Ab 60 Minuten Verspätung gibt es 25 Prozent des Fahrpreises zurück, ab 120 Minuten 50 Prozent. Entscheidend ist dafür die Ankunftszeit am Zielort.
In der Vergangenheit hat die Bahn teils kostenlose Erstattungen angeboten, wenn Reisende wegen eines drohenden Unwetters ihre Fahrt nicht antreten konnten oder wollten. Kunden konnten ihre Fahrkarten außerdem zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Ende der Beeinträchtigungen nutzen. Fallen Züge ersatzlos aus, bekommen betroffene Fahrgäste den Ticketpreis komplett erstattet. Die Erstattung können Reisende in den Reisezentren der Bahn, DB-Agenturen und im Internet mit dem Fahrgastrechte-Formular beantragen.
Arbeitnehmer müssen trotz Sturm pünktlich sein
Lösen Unwetter und Sturm Verkehrsbehinderungen aus oder verspäten sich Züge, müssen Arbeitnehmer trotzdem pünktlich sein. „Grundsätzlich ist es so, dass der Arbeitnehmer das sogenannte Wegerisiko trägt“, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Das bedeutet, dass Arbeitnehmer selbst dafür verantwortlich sind, rechtzeitig bei der Arbeit zu sein. „Wenn nicht, dann gilt aus rechtlicher Perspektive: Ohne Arbeit kein Lohn“, sagt Bredereck. Im Zweifel kann es also sein, dass Wochenendpendler, die feststecken oder erst später ins Büro kommen können, kein Gehalt bekommen für die Zeit, in der sie nicht da waren.
Der erste Schritt sei aber immer, dem Arbeitgeber proaktiv anzubieten, etwa im Homeoffice zu arbeiten – oder die verlorene Zeit nachzuholen, so der Fachanwalt. Viele Arbeitgeber hätten im Falle von Verkehrsbehinderungen aufgrund eines Sturms Verständnis, wenn Mitarbeiter zu spät kommen.
Wer dagegen kein gutes Verhältnis zum Arbeitgeber hat, fragt sich vielleicht, ob der ihn für das Zuspätkommen abmahnen kann. „Da kommt es drauf an, ob den Arbeitnehmer ein Verschulden an der Verspätung trifft“, stellt Bredereck klar. Einen Sturm müsse man aber nicht mit all seinen möglichen Konsequenzen vorhersehen, so Brederecks Einschätzung. Herrschen aber schon seit mehreren Tagen schwierige Wetterbedingungen wie Glatteis oder Schnee, könne eine Abmahnung gerechtfertigt sein, wenn Arbeitnehmer wiederholt zu spät kommen.
Autos sollten ab Windstärke 10 stehen bleiben
Ein Sturm kann Autofahrern gefährlich werden. Schon bei Windstärke fünf (29 bis 38 km/h Windgeschwindigkeit) sei Vorsicht angesagt, mahnt der ADAC. Fahrer meiden besser Routen mit vielen Bäumen, um nicht von herunterfallenden Ästen getroffen zu werden. Es gilt: Runter mit dem Tempo. Denn je langsamer sie fahren, desto einfacher können sie reagieren und gegenlenken. Beide Hände gehören ans Lenkrad. Auf unnötige Ablenkungen wie etwa laute Musik oder Gespräche über die Freisprecheinrichtung sollten sie verzichten, um sich voll auf den Verkehr konzentrieren zu können.
Bei einem schweren Sturm (ab Windstärke zehn) oder Orkan rät der ADAC dazu, überhaupt kein Auto oder Motorrad mehr zu fahren. Durch starken Wind geraten Fahrzeuge leicht aus der Bahn, vor allem solche mit höheren Aufbauten wie etwa Wohnmobile und Lastwagen.
Plötzliche Seitenwinde treten oft auf Brücken, bei Tunnelausfahrten oder in Waldschneisen auf. Manchmal zeigen Windsäcke oder Verkehrsschilder solche Gefahren an. Vorsicht ist auch beim Überholen großer Fahrzeuge angesagt. Der Seitenwind erfasst das Auto wieder voll, wenn es aus dem Windschatten fährt.
Hausbesitzer und Mieter sollten Gefahrenquellen sichern
Stürmische Böen und heftige Regenschauer: Für Hausbesitzer und Mieter bedeutet das: Sie sollten mögliche Gefahrenquellen sichern. Andernfalls haften sie unter Umständen für entstandene Schäden, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Alles, was herumfliegen kann, sollte gesichert oder weggeräumt werden. Antennen, Satellitenanlagen oder Solarkollektoren müssen sicher befestigt sein. Und auch das Dach wird besser regelmäßig kontrolliert. Denn bei einem Sturm müssen Eigentümer im Zweifel nachweisen können, dass Schäden nicht auf den mangelhaften Unterhalt des Hauses zurückgehen, befand das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Az.: 4 U 97/16).
Ebenfalls wichtig: Bäume im Garten müssen regelmäßig kontrolliert werden. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes reicht eine Sichtkontrolle zweimal im Jahr (Az.: III ZR 225/2003), erklärt die Stiftung Warentest. Stürzt ein Baum bei einem Sturm trotzdem aufs Haus des Nachbarn, ist der Schaden in der Regel versichert. Waren bereits Anzeichen für fehlende Standfestigkeit sichtbar, zahlt die Haftpflichtversicherung des Baumbesitzers. War keine Vorschädigung sichtbar, ist für den Schaden am Haus die Gebäudeversicherung des Nachbarn zuständig. (dpa, Tsp)