Tücken der Woche: Was Friedrich Küppersbusch zu Joachim Gauck einfällt
Über die Tücken der Woche - der vergangenen - schreibt in den kommenden Wochen Friedrich Küppersbusch, der Autor, Moderator, Freigeist, im Tagesspiegel. Damit er während der WM 2014 fit bleibt. Gauck, Wulff, Kachelmann und Jogi, der Löw - um die geht's beim ersten Mal. Und um ein Bobbycar in Militärversion.
Bundespräsident Gauck hat, diesmal in Norwegen, seine Forderung erneuert, Deutschland möge „mehr Verantwortung übernehmen“ und sich „entsprechend seiner Bedeutung … den Einsatz militärischer Mittel“ vorbehalten. Was sagt man dazu?
Krieg. Aber nur wenn man zur schwer erziehbaren Minderheit von circa 70 Prozent der Deutschen zählt, die Kampfeinsätze ablehnen. Gauck argumentiert, von „deutschem Dominanzgebaren“ früherer Prägung sei keine Rede mehr. Das wirft die Frage auf, in welchem gemütlich tapezierten Paralleluniversum es unserem Staatsüberhaupt gelungen ist, die Euro-Krise („deutsches Dominanzgebaren“) zu verpassen. Und warum die tollpatschigen Russen deutsche Militärs 800 Kilometer vor Moskau einfach nicht als Geste der Unterwürfigkeit zu lesen vermögen. – Gauck hatte früher beruflich mit einem dicken Buch zu tun, in dem ein gewisser „Gott“ die Schuld „bis ins vierte Glied“ verfolgt. Diese epochal begründete Scheu der Deutschen vor kriegerischen Mitteln ist Gaucks Thema. Und er findet blumige Worte für seine simple Nachricht „Nun stellt euch mal nicht mehr so an!“ Darin verfehlt er die Chance seines Amtes, wo nötig zwischen Regierten und Regierung zum Dialog zu zwingen. Ein Bundespräsident hat nicht die Bevölkerung auf die Linie der Regierung zu predigen. Und wenn er die bitter erworbene deutsche Friedensliebe noch mal als „glückssüchtig“ schmäht, kaufe ich ihm von meinem Ersparten ein Bobbycar. In der Militärversion.
Apropos: Vorgänger Christian Wulff hat nun einen endgültigen Freispruch und ein Buch. Landet es in der Bestsellerliste ganz oben oder ganz unten?
Ganz egal! Es ist brillante Sozialkunde am gelebten Beispiel und vermag viele Politikverdrossene zu trösten: Politik hat doch in Wirklichkeit kaum etwas mit Politik zu tun! Merkel wusste, dass man ihr Wulffs Kandidatur auslegen würde als Schachzug, einen Konkurrenten stillzulegen. Gaucks Nominierung war eine tückische Flegelei von Trittin und Gabriel. Und so heiter weiter in einer bemerkenswert unpolitischen Castingshow mit Kai Diekmann als Dieter Bohlen, oder umgekehrt. Die schlaue Antje Vollmer schrieb: „Wulff hat recht. Wird es aber nicht bekommen.“ Ein Misserfolg des Buchs würde also seine Kernthese beweisen – keine Chance gegen einmal gefasste Vorurteile. Im Vorwort erwähnt Wulff die Idee, das Buch „Glück gehabt“ zu betiteln. Ja, denn er legt seinen Kindern seine Version hin, und bei denen wird es ein Bestseller werden.
Schuld sind ja immer die anderen. So auch WDR-Intendant Tom Buhrow – er solle zurücktreten, denn der Sender soll unzureichend vor dem Unwetter in NRW gewarnt haben. Fordert Wettermann Kachelmann. Zu Recht?
Er kann wettern, er kann kacheln, und diese Mischung aus Polemik und Personalisierung hätte auch eine schöne Karriere als Staatsanwalt verhießen. In einem früheren Leben hatte Kachelmann sich auf den staatlichen Wetterdienst DWD eingeschossen – bis etwa die „Tagesthemen“ und manche ARD-Sender aufgaben und den lukrativen Wetterjob fortan an Kachelmanns damalige Firma gaben. „Der Glaser schmeißt die Fenster ein und ruft: da müssen neue ’rein.“
Das kennen wir vom Fußball. Muss statt Bundestrainer „Jogi“ Löw ein Neuer rein?
Statt Neuer muss erst mal Weidenfeller rein. Und, let’s face it: Der letzte Bundestrainer, der einen Titel holte, war ’96 Europameister Berti Vogts. Im Grunde der Christian Wulff des Ballsports, Korschenbroichs Antwort auf Rudolf Scharping. Wenn bestimmte Medien anfangen, ein „loser“-Image zu stricken, sollte man anfangen, sich für die Betroffenen zu interessieren.
Die nächsten vier Wochen, während der Fußball-WM, trainiert Küppersbusch beim Tagesspiegel.
Friedrich Küppersbusch