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Die Tantra-Masseurin Monika Kochs posiert in ihrem Massagestudio in Stuttgart, wo sie Ganzkörpermassagen anbietet.
© dpa

Urteil: Warum Tantra-Masseurin Monika Kochs gegen die Sex-Steuer kämpft

Tantra-Massagen sind nach Auffassung eines Gerichts mehr als nur ein ganzheitliches Sinnerlebnis. Da auch die Massage im Intimbereich gebucht werden kann, wird Sexsteuer fällig. Doch die Klägerin will sich damit nicht zufriedengeben.

Tantra-Massagen sind nicht bloß Wellness, sondern auch ein Sexerlebnis - und damit steuerpflichtig. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim wies die Revisionsklage der Besitzerin eines Massagesalons gegen die Stadt Stuttgart ab, wie das Gericht am Montag mitteilte. Im vergangenen Herbst war die Klägerin bereits vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart mit einer Klage gegen die Steuer gescheitert. Eine erneute Revision ließ der VGH nicht zu. Die Masseurin erwägt nun, sich dagegen beim Bundesverwaltungsgericht zu beschweren.

Mehr als um die Stuttgarter „Sexsteuer“ scheint es Monika Kochs um das Prinzip zu gehen. Sie will die Tantra-Massage aus der Schmuddelecke holen. Der Öffentlichkeit zu zeigen, dass Tantra-Massage nichts mit Rotlicht und Prostitution zu tun habe, sei bereits eine großer Erfolg - auch wenn dieser auf der juristischen Ebene bislang ausgeblieben ist. Von Sex in ihrem Studio will Masseurin jedenfalls nichts wissen. Deswegen sieht die 56 Jahre alte Inhaberin eines Massage-Salons nicht ein, für ihre Dienstleistungen eine „Sexsteuer“ zu zahlen. Weil die Stadt Stuttgart das anders sieht und von ihr die Vergnügungssteuer verlangt, zog Kochs zunächst vor das Stuttgarter Verwaltungsgericht, wo sie verlor. Nun hat auch die nächst höhere Instanz, der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) in Mannheim am Montag entschieden: Die Massagen sind nicht nur Wellness, sondern auch ein sexuelles Vergnügen - und damit wird die Steuer fällig. Doch Kochs will sich mit dem Urteil nicht zufriedengeben. Weil der VGH eine erneute Revision nicht zuließ, erwägt die ruhig und ausgeglichen wirkende Masseurin mit der grauen Kurzhaarfrisur nun, sich dagegen beim Bundesverwaltungsgericht zu beschweren. „Das Gericht hat die wahre Behandlungsform unserer Tantra-Massagen nicht erkannt“, sagte sie nach dem Urteil. „Das ist wie wenn man über Schokolade spricht und das noch nie gegessen hat.“ „Wir wollen den Menschen erklären, was Tantra ist“, sagte Kochs. „Wenn es um Intimität geht, sind die Menschen überwiegend verhalten.

Ganzheitlicher Ansatz

Sie sehen nicht die heilende Wirkung“, meinte Kochs weiter. „Die Gesellschaft ist noch nicht so weit.“ Bei Tantra-Massagen entkleiden sich Kunde und Masseurin und sind dann beide nackt. Der Intimbereich wird bei der Ganzkörperbehandlung mit eingeschlossen.
Der Tantra-Massage-Verband stellt sich geschlossen hinter Kochs. „Wir leisten eine Arbeit für die Gesundheit“, sagte Martina Weiser von dem Verband. Das Urteil beruhe auf einem Weltbild von „Schwarz und Weiß“.
Die Vorsitzende Michaela Riedl hatte bereits nach dem ersten Verhandlungstermin gesagt: „Unser Verband hat kein Problem mit der Prostitution, wenn sie selbstbestimmt und nicht ausbeuterisch ausgeübt wird. Aber dennoch ist es wichtig, eine klare Linie zu ziehen und öffentlich zu erklären, wie unsere Arbeit aussieht und welchen kulturellen Beitrag die Tantra-Massage leistet.“ Doch nach Auffassung der Richter bietet Kochs in ihrem Betrieb gezielt die „Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“. Entscheidend sei, dass die Kunden gegen Geld eine Massage inklusive Intimbereich buchen könnten. Masseurin Kochs machte jedoch geltend, dass die Ganzkörpermassagen nach striktem Tantra-Ritual ablaufen. Sie seien nicht in erster Linie auf das sexuelle Vergnügen, sondern auf ganzheitliches Wohlbefinden ausgerichtet. Bei den Körperberührungen könne der Genitalbereich nicht ausgeklammert werden.
Und das ist der Knackpunkt in dem Streit: Denn in Stuttgart muss laut Satzung für „das gezielte Einräumen der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen, Laufhäusern, Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs und ähnlichen Einrichtungen“ Steuer gezahlt werden.
Viele deutsche Städte erheben diese sogenannte Sexsteuer, aber nicht alle. In Hamburg und Berlin etwa gibt es keine. Köln gehörte vor rund zehn Jahren zu den Vorreitern dieser Steuer. In Baden-Württemberg erhebt neben der Landeshauptstadt beispielsweise Freiburg die Abgabe.
Berechnet wird sie nach Quadratmeterzahl des Etablissements oder der Wohnung. (dpa)

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