Ansturm auf den höchsten Gipfel der Welt: Warum so viele Bergsteiger am Mount Everest sterben
Elf Menschen sind in dieser Saison bereits am höchsten Gipfel der Welt ums Leben gekommen. Einige Fälle hätten wohl vermieden werden können.
Der Bergsteiger und Filmemacher Elia Seikaly liefert auf seiner Facebookseite einen Augenzeugenbericht jener dramatischen Ereignisse vom 23. Mai auf dem höchsten Berg der Welt – als hunderte Menschen auf den Gipfel drängten. „Ich kann nicht glauben, was ich da oben gesehen habe: Tod, Gemetzel, Chaos, Schlangestehen“, schreibt der Dokumentarfilmer.
Sowohl auf dem Weg zum Gipfel als auch in Zelten in Camp 4 habe er tote Körper liegen gesehen. „Menschen, die versucht haben umzukehren und die schließlich gestorben sind; Menschen, die heruntergeschleppt wurden.“ Und Körper, über die man hinübersteigen musste.
Elf Bergsteiger sind in den vergangenen Tagen auf dem Mount Everest ums Leben gekommen. Damit ist die aktuelle Saison schon jetzt eine der tödlichsten auf dem Berg. Über 500 Menschen haben in der dritten Maiwoche den Gipfel erreicht. Zwar sind nicht alle Toten auf den Stau rund um den Gipfel zurückzuführen.
Mindestens vier Todesfälle aber hätten womöglich vermieden werden können, wenn weniger Menschen auf dem Gipfel gewesen wären. Das schreibt der Mount-Everest-Chronist Alan Arnette in seinem Blog „alanarnette.com“.
Zu lange Wartezeiten als Grund für die Unglücksserie?
Vier Inder starben unabhängig voneinander an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen Expeditionen an der Höhenkrankheit. Sie könnten aufgrund der Menschenmassen zu viel Zeit über 8000 Meter verbracht haben und könnten zu langsam voran vorangekommen sein, glaubt Alan Arnette.
Am Montag gaben Familienangehörige den Tod eines 62-jährigen US-Amerikaner an, der während des Abstiegs vom 8848 Meter hohen Mount Everest ums Leben kam, wie die Zeitung „Denver Post“ berichtete.
Zuletzt starben 2015 mehr als zehn Menschen in einer Saison am Mount Everest. Damals aber war eine Lawine dafür verantwortlich. In dieser Saison sieht der Everest-Experte Arnette vor allem vier Gründe für die Todesfälle: Zu viele Menschen; zu wenig Zeitfenster, um den Gipfel zu erreichen; zu viele unerfahrene Bergsteiger sowie unzureichende Unterstützung und schlechte Ausrüstung.
Wegen der schwierigen Witterungsbedingungen kann die Spitze des Mount Everest nur während weniger Wochen im Frühjahr bestiegen werden. Die besten Gelegenheiten gibt es normalerweise zwischen Mitte und Ende Mai. Meist beschränken sich diese sogenannten Wetter-Fenster auf zwei bis drei pro Saison. Entsprechend knapp ist die Zeit für alle, den einen passenden Moment zu erhaschen.
Vor allem am 23. Mai drängelten die Bergsteiger auf den Everest-Gipfel. „Es gab nur kurze Wetter-Fenster, und alle wollten zur selben Zeit hoch“, beschreibt ein Manager der Trekking-Agentur „Peak Promotion“ die Situation in fast 9000 Metern Höhe. Für die Genehmigung zum Aufstieg zahlen ausländische Bergsteiger umgerechnet rund 9000 Euro – der Himalaya-Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle für Nepal. Entsprechend viele Genehmigungen gibt Nepal aus.
Die Zahlen steigen jährlich, genauso wie die Staus. „Das wird sich auch nicht verbessern“, sagt der Bergführer Lukas Furtenbach der „New York Times“. „Es gibt sehr viel Korruption in den nepalesischen Behörden, sie nehmen, was sie kriegen können.“ Der Österreicher hat seine Expeditionen inzwischen auf die chinesische Seite des Everest verlegt, die Nordroute ist noch nicht so überlaufen.
„Niemand denkt an die, die zusammenbrechen“
Auch die Zahl der unerfahrenen Bergsteiger, die sich dieses Abenteuer zutrauen, nimmt stetig zu. Es gibt keine konkreten Regeln in Nepal, welche Fähigkeiten jemand haben muss, um auf das Dach der Welt zu steigen. „Man muss sich qualifizieren, um am Ironman teilzunehmen“, sagt Alan Arnette der „New York Times“, „aber man muss sich nicht qualifizieren, um den höchsten Berg der Welt zu besteigen? Was stimmt an diesem Bild nicht?“
Auch das Material ist mitunter ungenügend. Bergsteiger berichten von undichten oder explodierenden oder auf dem Schwarzmarkt nur unzureichend befüllten Sauerstoffzylindern.
Solange sich an den Voraussetzungen nichts ändert, dürften sich Szenen wiederholen, wie sie die erfahrene libanesische Bergsteigerin Fatima Deryan erlebt hat. Rund 150 Bergsteiger versuchten bei Temperaturen von minus 30 Grad Celsius den Gipfel zu erreichen. Der Sauerstoff ging zur Neige, einige brachen unmittelbar vor ihr zusammen.
„Viele Menschen gerieten in Panik, haben sich um sich selber gesorgt – und niemand denkt an die, die zusammenbrechen.“ Sie habe zunächst Hilfe angeboten, wollte sich dann aber nicht selber in Gefahr bringen, und ging weiter zum Gipfel. Auf dem Weg zurück musste sie sich erneut durch die Menschenmasse kämpfen. „Es war schrecklich“, sagt Fatima Deryan. (mit dpa)
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