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Endstation Schneewehe. Hier: auf der A4
© imago images/lausitznews.de

Nächtlicher Stillstand in klirrender Kälte: „Warnhinweise werden nicht verstanden“

Lkw trotz Fahrverbots auf der A2 unterwegs, ADAC fährt am Montag fast 20.000 Einsätze und die Bahn kann Winter nur eingeschränkt.

Extremes Winterwetter mit Schnee und Eis beherrscht weiterhin große Teile Deutschlands. Auf Straßen und Schienen kam es am Dienstag erneut zu Stillstand. Besonders heftig war in der Nacht auf Dienstag die Lage auf der A2 bei Bielefeld und somit auf einer der wichtigsten Ost-West-Autobahnen des Landes.

Einige Fahrer und Mitfahrer saßen seit Montagnachmittag in ihren Fahrzeugen fest. Helfer verteilten Essen und Getränke. Der Verkehr auf der zwischenzeitlich in beiden Fahrtrichtungen gesperrten Autobahn staute sich auf Dutzenden Kilometern. Aus Sicht der Autobahn GmbH Westfalen hatten Lastwagenfahrer das nächtliche Schneechaos auf der A2 maßgeblich mitverursacht, indem sie sich nicht an ein Fahrverbot gehalten hätten.

Lkw haben eine Standheizung

Auch auf anderen Autobahnen wie der A4 in Osthessen und Ostsachsen kam es zu erheblichen Verkehrsbehinderungen.

„Die aktuelle Witterung ist für Lkw- Fahrer besser auszuhalten als für Pkw- Fahrer“, sagt Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL).

Die Lastwagen hätten eine Standheizung und die Fahrer sowieso immer genug Lebensmittel an Bord. „Trotz der eisigen Kälte ist die Lage auf den Straßen aus Sicht unseres Verbandes also überschaubar.“

Ein LKW liegt nach einen Unfall auf eisglatter Fahrbahn in einem Graben an der Autobahn A2.
Ein LKW liegt nach einen Unfall auf eisglatter Fahrbahn in einem Graben an der Autobahn A2.
© Hauke-Christian Dittrich/dpa

Probleme, sagt Engelhardt, machten die „rund 40 Prozent gebietsfremden Unternehmen“, die auf deutschen Fernstraßen unterwegs seien. Deren Fahrer könnten oftmals aktuelle Warnhinweise, Gebote und Verbote auf Deutsch nicht lesen beziehungsweise die Hinweise im Radio nicht verstehen.

„Das führt immer wieder zu Schwierigkeiten oder heiklen Verkehrssituationen. Das bestätigen uns auch die Autobahnmeistereien“, sagt Engelhardt. Der BGL vertritt rund 8000 Mitgliedsunternehmen.

„Wer das Auto jetzt nicht dringend braucht, sollte zu Hause bleiben“, rät Katharina Luca, Sprecherin beim ADAC. Der Automobilclub, der bei seinen Mitgliedern auch Pannenhilfe leistet, hat am Montag extrem viele Einsätze verzeichnet: „Wir wurden 19 302 Mal gerufen“, sagt Luca, das sei ein Höchstwert.

Und Montagmorgen ist die Batterie leer

Und nicht ganz untypisch für einen Montag in frostigen Zeiten: „Nach einem klirrend kalten Wochenende wollen die Menschen am Montagmorgen ihre Autos starten und stellen fest, die Batterien sind hin.“ Auch der letzte Höchstwert von damals 22 000 Einsätzen sei an einem Montag – dem 21. Januar 2019 – vermeldet worden.

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Für Fahrten in die Kälte rät die Expertin, immer genug Zeit einzuplanen, um entsprechend langsam und vorsichtig auf den schneeverwehten Straßen unterwegs zu sein.

Als Winterzubehör für Autofahrten zählt sie Handfeger, Eiskratzer, eine Decke, Handschuhe, Ladegeräte für Mobiltelefone und Batterie sowie eine Abdeckplane für die Windschutzscheibe auf.

Wer länger unterwegs ist, sollte warme Getränke in der Thermoskanne und Snacks dabeihaben.

Fernverkehr der Bahn vielerorts unterbrochen

Auch wer vom Auto auf die Bahn umsteigen wollte, hatte am Dienstag nicht immer Erfolg: Die Deutsche Bahn sprach auch am Dienstag von „extremem Unwetter“, durch das es weiterhin in weiten Teilen Deutschlands zu Verspätungen und Zugausfällen komme. Zwar arbeiteten Einsatzkräfte mit Hochdruck daran, insbesondere die Hauptstrecken von Schnee und Eis zu befreien, hieß es. Vielerorts erschwerten aber starke Schneefälle, Schneeverwehungen und Frost die Arbeiten.
Deshalb blieb der Fernverkehr auf einigen Strecken komplett eingestellt – etwa in Schleswig-Holstein, wo der Deutsche Wetterdienst (DWD) für einige Regionen an der stürmischen Ostsee vor Schneeverwehungen warnte. Außerdem wurde der Fernverkehr zwischen Deutschland und den Niederlanden am Dienstag komplett und der zwischen Deutschland und Frankreich teilweise eingestellt.

Aufwärmzüge für Gestrandete

Sogenannte „Aufwärmzüge“, in denen Reisende während ihres – möglicherweise ungeplanten Aufenthalts auf einem Bahnhof – Zuflucht finden können, stehen in Hamburg, Hannover, Kassel, Dortmund, Münster, Leipzig und Halle.
In Bayern rief die Stadt Nürnberg am Dienstag den Katastrophenfall aus, nachdem es ausgerechnet bei den derzeitigen Minusgraden zu einem Brand in einem Großkraftwerk gekommen war, was die Belieferung von etwa 15 000 Menschen mit Fernwärme beeinträchtigte. Betroffen waren neben den Privathaushalten auch große Betriebe, eine Klinik, Schulen, ein Einkaufszentrum sowie zwei Alten- und Pflegeeinrichtungen.
In Sachsen-Anhalt wurde ein Mann leblos neben seinem Traktor im Schnee gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass der 69-Jährige am Montag erfroren ist, wie die Polizei am Dienstag mitteilte.

Unwirtliche Stimmung an der Kieler Förde.
Unwirtliche Stimmung an der Kieler Förde.
© imago images/penofoto

Bereits seit dem Wochenende lähmen Schnee und Eis weite Teile Deutschlands. Zwar soll es in den nächsten Tagen weniger schneien, die Temperaturen bleiben aber niedrig. „Hoch Gisela sorgt mit einer nordöstlichen bis östlichen Strömung auch in den nächsten Tagen tagsüber für verbreitet frostige Temperaturen“, erläutert Meteorologe Jens Bonewitz vom Deutsche Wetterdienst. Nachts sei mit strengen bis sehr strengen Frösten um minus 20 Grad zu rechnen. Von Donnerstag an werde sich – anders als bisher – auch im Süden Deutschlands die Kaltluft komplett durchsetzen.

Hilfe für Obdachlose verstärkt

Unterdessen verstärkten Hilfsorganisationen ihren Einsatz für Obdachlose und versorgten sie mit Essen, Getränken, Kleidung, Schlafsachen und Hygieneartikeln. Die Coronavirus-Pandemie verschärft die Situation der Bedürftigen zusätzlich, wie es etwa von der Diakonie hieß, dem Wohlfahrtsverband der evangelischen Kirchen.
„Aus Hygienegründen können die Einrichtungen nicht so belegt werden wie in den Zeiten vor Corona – wir wissen von Fällen, in denen Betroffene Notunterkünfte aus Angst vor einer Corona-Ansteckung meiden“, erklärte Sandra Schuhmann, Vorständin beim Diakonischen Werk Bayer. Die Diakonie forderte die Kommunen auf, Notunterkünfte durchgehend zu öffnen und auch andere Gebäude wie Turnhallen oder leer stehende Hotels zu nutzen.(mit dpa)

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