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Ein Ehepaar gegenüber vom Lindo Wing des St Mary’s Hospitals, wo Kate erwartet wird.
© REUTERS

Großbritannien: Wann kommt endlich das royale Baby?

Das Warten auf Catherines Baby wird langsam zu lang. Vielleicht ist es sogar schon geboren. Auf dem Land. In Berkshire, wo Catherine sich gerade aufhält. Werden die Medien an der Nase herumgeführt?

Langsam werden die Briten ungeduldig. Sogar die Queen ist des Wartens müde und will mit ihren normalen Geschäften weiter machen, zum Beispiel in die Sommerfrische in ihr schottisches Schloss Balmoral reisen. Als ein Schulmädchen fragte, ob Ihre Majestät sich als neuen Urenkel lieber einen Bub oder ein Mädchen wünsche sagte sie: „Mir ist beides recht. Aber ich hoffe, es kommt bald. Ich gehe in Ferien.“ Noch ungeduldiger sind die Fotografen und Reporter, die nun bald zwei Wochen vor dem Lindo Wing des St. Mary-Krankenhauses darauf warten, dass bei ihrer Königlichen Hoheit, Catherine, Herzogin von Cambridge, die Wehen einsetzen.

Einen offiziellen Geburtstermin gibt es nicht. Nur den lässigen Hinweis der Herzogin von Cambridge, ihr Baby sei „Mitte Juli“ fällig. Viele Reporter müssen täglich einen Bericht absetzen und auch den Besten fällt nun nichts Neues mehr ein. Vor allem amerikanische TV-Crews sind zahlreich vertreten. Für Amerikaner sind Kate und William seit der Hochzeit vor zwei Jahren der Inbegriff einer gelebten Märchenwelt – „Reality Television“ par excellence. „Sie sind praktisch unsere Königliche Familie“, bestätigt CBS Reporter Charlie d’Agata.

Spielt sich der Zirkus vor dem falschen Krankenhaus ab?

Eine Hundertschaft von Fotografen hat Leichtmetallleitern aufgestellt, Fernsehteams haben ihre Standplätze markiert. Alle sind eigentlich nur für den kurzen Moment hier, wo Kate in Begleitung ihres Ehemannes William durch die Krankenhauspforte zur Niederkunft schreitet. Und dann warten sie darauf, dass die beiden mit einem Baby auf dem Arm wieder herauskommen – genau wie Prinz Charles und Prinzessin Diana vor über 31 Jahren mit William auf dem Arm, der im selben Krankenhaus geboren wurde.

Dabei ist gar nicht sicher, ob sich der Zirkus vor dem richtigen Krankenhaus abspielt. Kate und William, der offenbar gerade einige freie Tage hat, sind den Berichten zufolge in Bucklebury in Berkeshire bei „Mum and Dad“, wie auch William seine Schwiegereltern, die Middletons, nennt. Das Paar sei „ruhig und entspannt“, heißt es. Sollte es plötzlich eilig werden, sind Vorkehrungen für eine Niederkunft im Royal Berkeshire Hospital getroffen, wo Kate selbst 1982 das Licht der Welt erblickte. Einen Luxusflügel für Privatpatienten wie St. Mary’s gibt es hier aber nicht: Das Baby, das immerhin die Nummer 3 in der Thronfolge ist und möglicherweise einmal Königin oder König sein wird, würde dann seine ersten Lebensstunden auf einem ganz normalen englischen „Ward“ verbringen, mit einem Dutzend Betten, die nur durch einen Vorhang vor neugierigen Blicken abgetrennt sind.

Ob Kate und William nun zur Geburtsvorbereitung miteinander Gymnastik auf einem Wasserball machen, wie in Fotos der Künstlerin Alison Jackson? Oder ob Kate mit Schwester Pippa Hoola-hoop macht, um die Rückenmuskulatur zu stärken? Um die Wartezeit zu vertreiben und den Briten einen Einblick in das Entstehen einer neuen königlichen Kleinfamilie zu geben, organisierte Jackson, die auf „Lookalikes“ und das Nachstellen von Szenen mit Pseudo-Celebrities spezialisert ist, auch einen Spaziergang von Kate und William – Doppelgängern im Kensington Park samt Baby im Kinderwagen, verfolgt von Kameracrews und Touristen. Dann wurde die „Königin“, in Wahrheit die 80-jährige Laiendarstellerin Mary Reynolds, auf der Kinderdecke fotografiert, wie sie das Baby kitzelt. Alles Fotos, die eigentlich ganz normal sind, aber im Zusammenhang mit dem Kult um das royale Paar absurd wirken. Auf einem Foto hat das Baby ein rosa Krönchen – einziger Hinweis, dass es sich bei diesem Schabernack wenigstens um das von den Briten ersehnte Mädchen handelt.

Die Wetten stehen auf Alexandra

Denn wenn es nach den Wettbüros geht, wird es ein Mädchen namens Alexandra, Charlotte oder Victoria werden. Die Briten setzen auf ein Mädchen, nachdem die Erbfolgegesetze verändert wurden und einer weiblichen Erstgeborenen den Vortritt vor einem männlichen Zweitgeborenen einräumen. Die Gesetzesänderung im „Succession to the Crown Act 2013“ nimmt von Catherine den Druck, einen männlichen Erben zu produzieren, unter dem noch ihre verstorbene Schwiegermutter Diana stand. Der Herausgeber des Adelsverzeichnisses „Debrett’s Peerage and Baronetage“ hat königliche Namen seit 1000 Jahren studiert und daraus andere Namen abgeleitet: Wenn sich Kate und William an die Familientradition halten, heißt das Baby George Frederick Henry Charles oder, wenn es ein Mädchen ist, Mary Elizabeth Sophia Philippa. Dutzende von britischen Eltern verschieben seit Wochen die Namensgebung ihrer Neugeborenen und warten ab, wie das Royal Baby heißt. Aber für viele läuft die Zeit ab. Man hat in Großbritannien genau 42 Tage Zeit, um eine neue Geburt amtlich zu registrieren.

Memorabilienversandhäuser bieten Strampelanzüge mit Krone und der Aufschrift „Born to rule“ an – „zum Herrschen geboren“ und zwar in Rosa und Blau. Souvenirhändler und verwandte Geschäftszweige glauben nach einer Studie der Consulting Firma KPMG, dass mit der royalen Geburt 100 Millonen Pfund umgesetzt werden. Natürlich machen dabei auch Kates Eltern, Carole und Michael Middleton, Kasse. In ihrem Partyversand gibt es Produkte für die erste Babyparty zu kaufen, zum Beispiel Luftballons mit Aufschriften wie „It’s a boy“ und „It’s a girl“.

Die königliche Familie bleibt ganz kühl

Ansonsten übt sich die königliche Familie aber vorbildlich in „sang froid“. William spielte am Wochenende Polo mit seinem Bruder Harry und plauderte gelassen mit jungen Eltern. Charles und Camilla setzten unbeirrt ihre Reise durch Cornwall fort. Und wenn die Queen etwas ungeduldig ist, winkte ihre Nichte und beste Freundin, Margaret Rhodes, ab, als CNNReporterin Christiane Amanpour fragte, ob sie nicht „schon schrecklich aufgeregt“ sei. „Nicht besonders. Alle haben doch Babys, Es ist wunderbar, aber kein Grund zu wilder Aufregung“, sagte kühl die 88-Jährige, die vor 60 Jahren bei der Krönung der Queen eine Schleierträgerin war. Das Baby, fügte Mrs. Rhodes hinzu, müsse ganz normal aufwachsen dürfen und von der „Grandeur des königlichen Lebens“ geschützt werden. „Seine Kindheit ist heilig“. Eine Warnung an die heißlaufende Medienmaschine?

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