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Severino Seeger, diesjähriger Sieger der Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS), sitzt am Dienstag im Verhandlungssaal im Landgericht in Frankfurt am Main (Hessen) auf der Anklagebank.
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Update

DSDS - "Superstar" nicht mehr bei RTL: Trickbetrüger Severino Seeger muss nicht ins Gefängnis

Keine drei Wochen ist es her, dass aus Schmusesänger Severino Seeger in der Show "Deutschland Sucht den Superstar" ein "Superstar" wurde. Nun ist er als Betrüger verurteilt worden. Damit verschwindet er bei RTL aufs erste von der Bildfläche.

Die alten Damen schöpften keinen Verdacht, als ein netter Bankmitarbeiter sie anrief. Bis zu eineinhalb Stunden lang unterhielten sie sich, nicht ahnend, dass das Teil einer ganz krummen Sache war. Am Ende waren die Opfer um Tausende Euro betrogen, die älteste Betroffene war 88 Jahre alt. Dass einer der Gauner zwei Jahre später ein Fernseh-Star sein würde, ahnte damals nicht mal er selbst. Gerade erst strahlender Sieger bei „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS), kommt am Dienstag eine ganz andere Seite von Severino Seeger ans Licht. Im weißen Hemd mit dunklem Schlips zeigt er sich vor dem Frankfurter Landgericht reumütig.

Angeklagt als Trickbetrüger, macht er gar nicht den Versuch zu leugnen. Ja, er habe betagte Frauen mit anderen um 25.000 Euro gebracht. Und er bereue das zutiefst. Am Ende steht eine Bewährungsstrafe. Der 28-Jährige muss also nicht in Haft. Das Preisgeld von DSDS darf er behalten, teilt RTL mit. Allerdings verschwindet er dort von der Bildfläche. Der Kölner Sender will ihm vorerst „keine weitere Plattform“ geben. „Ich kann mich nur entschuldigen“, sagt der 28-jährige Seeger mehrmals. Und er will alles wiedergutmachen. Aber er wisse, dass er nicht nur materiellen Schaden angerichtet habe. Seine glaubwürdig vorgetragene Reue erspart ihm wohl Schlimmeres - er wird zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt.

Betagte Damen mit alter Masche übers Ohr gehauen

Ein paar Dutzend Fans sind zur Verhandlung erschienen. Mit „Hero of my Heart“ hatte Severino aus dem hessischen Provinzstädtchen Wächtersbach Mitte Mai die Jury der RTL-Casting-Show „Deutschland sucht den Superstar“ überzeugt. Mehr als 4,4 Millionen TV-Zuschauer erlebten seinen Sieg. Wer so herzzerreißend singt und Juror Dieter Bohlen Gänsehaut bereitet - kann der alte Leute bestehlen? Auf so hinterhältige Art? Im Gerichtssaal I holt den Sänger die Vergangenheit ein. Minuziös schildert eine Kriminalbeamtin, wie die Bande von Ende 2012 bis Juni 2013 vorging, immer zu dritt, immer nach der selben Masche: Ein „Keiler“ ruft alte Frauen als angeblicher Mitarbeiter ihrer Bank an - das Alter errät er aus den altmodischen Vornamen im Telefonbuch - und berichtet von angeblichen Falschbuchungen, Computerviren oder Falschgeld, das im Umlauf sei. Schnellstens müsse etwas getan werden, dazu seien Kontonummer und PIN nötig, die ein Kollege gleich abholen werde, die falschen Banknoten gleich dazu, sie würden umgetauscht. Ein „Logistiker“ notiert parallel die PIN und schickt den „Abholer“ los - etliche Male ist das Severino Seeger. Der kann dann mit Karte und PIN das Konto plündern.

Severino Seeger im Finale der RTL-Livesendung "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) am 16.05.2015 in der ÖVB-Arena von Bremen.
Severino Seeger im Finale der RTL-Livesendung "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) am 16.05.2015 in der ÖVB-Arena von Bremen.
© dpa

Er sei damals nicht stabil gewesen, habe sich gerade von seiner damaligen Frau getrennt, beteuert der Angeklagte. Die Bande, darunter mehrere Verwandte, habe ihn manipuliert, und er sei so dumm gewesen, darauf hereinzufallen. Er flog auf, weil er sich im Sommer eine dicke Wollmütze ins Gesicht schob, als er zum Geldautomaten ging, um nicht auf den Videobildern erkannt zu werden. Ein Bankangestellter wurde misstrauisch und notierte sich die Autonummer. Nach seiner Festnahme packte Seeger aus und lieferte Komplizen ans Messer. Alle sind inzwischen verurteilt. Seit er 14 Jahre alt ist, hat der Sohn eines Italieners dafür gekämpft, auf den großen Bühnen auftreten zu können. „Dieses harte Stück Arbeit hat sich ausgezahlt“, sagte er nach seinem „DSDS“-Sieg, der 500.000 Euro bedeutet, außerdem ein eigenes Album und eine Tour durch mehrere Städte.

Von einem Teil des Geldes will er nun die Taten der ganzen Bande wiedergutmachen. Kurz vor Beginn der aktuellen „DSDS“-Staffel war Seeger Vater geworden. Er wolle nun mit der Musik weitermachen und seine Familie mit ehrlichem Einkommen ernähren. Vorher war seine Karriere nicht so vielversprechend verlaufen: Abgebrochene Friseurlehre, Arbeit als Lagerist, verschiedene Jobs. Zeit für einen Neuanfang. „Wir hoffen sehr, dass er diese Chance nutzt“, wünscht ihm ein RTL-Sprecher. „Davon wird auch abhängen, ob er langfristig wieder in die Geschichte von DSDS aufgenommen werden kann.“ (dpa)

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