Air Asia Flug QZ8501: Tote Passagiere hielten sich noch an den Händen
Für die Angehörigen sind es unerträgliche Bilder: Leichen und Flugzeugteile treiben an der Absturzstelle der Maschine im Meer. Unterdessen soll auch das Wrack im Meer gefunden worden sein. Gleichzeitig kommen Fragen auf. Warum hat der Pilot nie einen Notruf abgesetzt? Warum beantragte er eine Kursänderung?
Gegen alle Vernunft hatten sie gehofft, bis zuletzt. Die Angehörigen der 162 Menschen an Bord von Air Asia Flug QZ8501 glaubten noch an ein Wunder. „Papa, komm heim, wir brauchen dich noch“, twitterte die Tochter von Pilot Iriyanto, noch Stunden bevor das Schreckliche zur Gewissheit wird. Der Fund der Wrackteile holt sie und alle anderen aus einem schrecklichen Albtraum in eine noch schlimmere Realität: Ihre Lieben sind tot, umgekommen bei einem Flugzeugabsturz, dessen Ursache völlig im Dunkeln liegt.
Mittags gegen ein Uhr Ortszeit, die Suche nach dem verschwundenen Airbus A320 läuft am Dienstag schon den dritten Tag auf Hochtouren. Und am Mittwoch berichtete das Nachrichtenportal Tempo.co, das Wrack der Maschine sei gefunden worden. Die Besatzung eines indonesischen Marineschiffs habe Bilder gemacht, die das Wrack westlich von Kumai auf Borneo in etwa 24 bis 30 Metern Tiefe zeigten. Das Portal berief sich auf einen Matrosen an Bord eines anderen an der Suche beteiligten Marineschiffs. Das Wrack liegt nach diesen Angaben mit dem Dach nach unten.
Der Airbus A320 der Billigfluglinie war am Sonntag auf dem Weg von Surabaya in Indonesien nach Singapur von Radar verschwunden. An Bord waren 162 Menschen, überwiegend Indonesier. Bis Mittwoch waren nach Angaben des Chefs der Rettungskräfte sechs Leichen geborgen worden.
Leutnant Tri Wibowo ist mit einer Hercules C-130 unterwegs, die Besatzung starrt wie in den Vortagen angestrengt aufs Wasser. Da kommt plötzlich ein orangefarbenes Objekt ins Blickfeld. Kurz darauf etwas weißes, und dann ein Mensch.
Wibowo stockt der Atem. Er denkt, da winkt jemand zum Flugzeug rauf, wie er dem Nachrichtenportal Kompas.com später sagte. Bei näherem Überflug wird aber klar: Es handelt sich um eine Leiche. Kurze Zeit später habe er weitere Leichen entdeckt, erzählte er. „Drei haben sich noch an den Händen gehalten“, sagte er nach Angaben von Kompas.
Schreie und Klagerufe hallen durch das Gebäude
Die Angehörigen verfolgen die Entdeckung der Wrackteile und Leichen am Flughafen von Surabaya live im Fernsehen. Sie sind in einem Aufenthaltsraum abgeschirmt, aber ihre Schreie und Klagerufe hallen durch das Gebäude, wie Reporter berichteten. Die Menschen, die am Morgen dort noch still mit einem Imam gebetet haben, können ihre Emotionen nicht mehr zurückhalten. Eine Frau wird bewusstlos und auf einer Krankentrage hinausgebracht. Seelsorger und Psychologen sind vor Ort. Aber es gibt kein tröstendes Wort, das den Schmerz in diesen Minuten lindert. Im Fernsehen sind Spezialisten zu sehen, die sich an Winden aus Hubschraubern herablassen, um Leichen zu bergen. Aus der offenen Luke einer C-130 filmen Soldaten Wrackteile. Gegenstände sind zu sehen, ein Koffer vielleicht, und etwas, das wie eine Notrutsche aussieht. Dann zeigt ein Sender eine Leiche, die auf dem Meer treibt. Nach empörten Anrufen wird das Video nicht mehr ausgestrahlt. Fast drei Tage haben die Ermittler sich darauf konzentriert, das Wrack zu finden. Nun beginnen die schwierigen Ermittlungen zur Unglücksursache. Ingenieure von Airbus sind vor Ort, um zu helfen. Als erstes müssen die Blackboxen geborgen werden, die die Gespräche im Cockpit und technische Daten der Maschine aufzeichnen. Sie sind so robust gebaut, dass sie Abstürze intakt überstehen und auch im Wasser unversehrt bleiben. Sie zu finden dürfte kein Problem sein, sagte Meeresforscher Erik van Sebille. „Das Wasser ist dort nur 40 bis 50 Meter tief, da können Taucher eingesetzt werden“, sagte er dem Sender BBC. Die Blackboxen sind auch mit Unterwasser-Ortungsbaken ausgestattet. In relativ seichtem Wasser sind keine Schiffe mit Schleppsonden nötig, um die Signale aufzufangen. Sie können auch an der Wasseroberfläche „gehört“ werden. Auf diese Boxen und ihr Material setzen die Ermittler ihre Hoffnungen, denn bislang ist die Absturzursache ein großes Rätsel.
Warum fragte der Pilot nach einer Kursänderung?
Der Pilot hatte zwar kurz vor dem Abbruch des Radarkontakts eine Gewitterfront gemeldet und eine Kursänderung beantragt. Gewitter sind aber eigentlich keine Gefahr für Flugzeuge. In unmittelbarer Nähe waren nach Angaben der Flugsicherung zu dem Zeitpunkt sechs andere Maschinen. Keine habe eine Kursänderung beantragt.
Schlechtwetterfronten seien alltäglich und die Maschinen entsprechend ausgerüstet, sagte Luftfahrt-Experte Cord Schellenberg der Deutschen Presse-Agentur. „Rund um den Äquator gibt es viele Gewitter; darauf sind die Piloten einer indonesischen Fluglinie eingestellt.“ Der Pilot Iriyanto, der wie viele Indonesier nur einen Namen trägt, war ein erfahrener Mann. „Er flog früher Kampfjets“, sagte der Leiter der Rettungskräfte, Bambang Sulistyo. Dann wechselte er den Angaben zufolge in die zivile Luftfahrt und flog seit 2008 für AirAsia, eine Airline, die seit dem kommerziellen Start 2001 keinen Unfall hatte.
Wieso hat Kapitän Iriyanto keinen Notruf abgesetzt? Was auch immer an Bord passiert ist - es muss schnell und katastrophal gewesen sein. (dpa)
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