Dressur im Zirkus: Tierisch viel Ärger
Wo immer in Deutschland ein Zirkus sein Zelt aufschlägt, sind sie schon da: radikale Tierschützer. Den Traditionsunternehmen bereiten die Aktivisten zusehends Probleme.
Drinnen drängelt sich das Premierenpublikum um die engen Logen, Kinder wuseln in Vorfreude um die Manege herum, die Kapelle spielt sich schon mal ein - doch draußen wird die idyllische Zirkusatmosphäre kurz vor Beginn der Vorstellung deutlich getrübt. Mehrere Dutzend Demonstranten stehen am Eingang, halten Plakate hoch („Zirkus ist kein Spaß für die Tiere“), ein Mann mit einem Megafon fordert die Besucher lautstark auf: „Gehen Sie nicht in den Circus Krone. Mit Ihrem Eintrittsgeld unterstützen Sie das Tierleid!“
Es sind Szenen, wie hier bei der Circus-Krone-Premiere im vergangenen Dezember in München, an die sich nicht nur das weltberühmte Münchner Unternehmen, sondern alle Zirkusse, die noch immer Elefanten, Löwen oder Flusspferde in ihren Programmen zeigen, inzwischen gewöhnt haben. Wo immer sie ihre Zelte aufschlagen (oder wie Krone das Winterquartier beziehen), sind die Aktivisten von „Peta“ oder „Vier Pfoten“ schon da. „Es wird immer schlimmer“, sagt Krone-Pressesprecherin Susanne Matzenau. Doch nun schlagen die Zirkusfreunde zurück.
Mit öffentlichen Proben von Raubtierdressuren und Informationsveranstaltungen wollen sie beweisen, dass „wir die eigentlichen Tierschützer“ sind, wie Matzenau sagt. Seit einigen Tagen gibt es auch eine Petition gegen ein drohendes Wildtierverbot beim Zirkus. 9000 Menschen haben schon unterschrieben.
Wie es scheint, ist beim Kampf um Löwendressur und auf dem Kopf stehende Elefanten eine neue Eskalationsstufe erreicht. Es hängt damit zusammen, dass Organisationen wie Peta sich mittlerweile nicht mehr darauf beschränken, auf schlechte Lebensbedingungen der Tiere wie zu kleine Gehege hinzuweisen, sondern neuerdings grundsätzlich „Tierrechte“ einfordern. Was bedeutet: Tiere dürfen grundsätzlich nicht der Belustigung oder anderen kommerziellen Zwecken von Menschen dienen. Ihre „Persönlichkeitsrechte“ müssen geachtet werden. „Tiere sind keine Unterhaltungsobjekte“, sagt beispielsweise Maria Martens von Peta. Die Vegan-Bewegung erreicht mittlerweile auch Lebensbereiche außerhalb der Ernährung.
Für ein Zirkusunternehmen, das seit m mehr als 100 Jahren die Tradition der Tierdressur pflegt, wird das schwierig. „Mit normalen Tierschützern kann man diskutieren“, sagt die Sprecherin vom Circus Krone, „aber diese Tierrechtler stellen das ganze System in Frage.“
Die Zirkusleute fahren deshalb nicht weniger ideologische Geschütze auf. Auf der Krone-Webseite muss man etwa einen Meter herunterscrollen, um all die Argumente von Wissenschaftlern und Praktikern für die Haltung von Wildtieren im Zirkus zu lesen. In Kürze: Tiere wollen lernen und gefordert werden, das bestätige jeder Tierverhaltensforscher. Alle Dressuren entsprächen natürlichen Bewegungsabläufen - sogar dass sich Elefanten auf den Kopf stellen, komme in freier Wildbahn vor. Überhaupt sei mit der drohenden Verbannung der Wildtiere eine traditionsreiche Zirkuskultur in Gefahr. Ein Zirkus ohne Tiere sei kein Zirkus und komme aus der Kultur des Varietés.
Bei öffentlichen Dressurproben sollen sich Zuschauer nun davon überzeugen können, dass die weißen Löwen des Tiertrainers Martin Lacey Junior spielerisch und ohne Zwang dazu gebracht werden, sich auf die Hinterbeine zu stellen und auf zwei Pfoten aus der Manege zu hüpfen. Eine gab es schon. Der 38-Jährige, der in einer britischen Zirkusfamilie aufgewachsen ist, kuschelt dabei mit den Raubtieren, als seien es zahme Hauskätzchen.
Bei einer ganz normalen Vorstellung in dieser Woche ist der Circus Krone nur halb voll. Doch als die drei riesigen Elefanten, glitzernde Diademe an der Stirn, in die Manege einlaufen und die Rüssel schwenken, ist der Jubel vor allem bei den Kindern grenzenlos. Offenbar machen echte Elefanten noch mehr her als Youtube-Videos. Mehr Achtung der Tierpersönlichkeit geht eigentlich nicht.
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