Wetter-Liveblog zum Nachlesen: Stürme ziehen nördlich an Berlin vorbei
Der Deutsche Wetterdienst warnte früh: Unwetter, schweres Gewitter, Sturmböen, heftiger Starkregen und Hagel für Teile Brandenburgs und Berlin. Es windete zwar teilweise heftig, das Schlimmste blieb Berlin aber erspart. Die Ereignisse des Tages zum Nachlesen.
- Jörn Hasselmann
- Sebastian Scholz
- Lutz Haverkamp
- André Görke
+++ Strecke nach Hamburg bleibt gesperrt +++
Die Strecke nach Hamburg kann nun doch erst am Donnerstag zu Betriebsbeginn wieder befahren werden. Die Bundespolizei hatte am Nachmittag die Strecke mit einem Hubschrauber abgeflogen und 15 Stellen gefunden, wo Äste in die Oberleitung hingen oder Bäume sich geneigt hatten. Gegen 15 Uhr war die Bahn noch davon ausgegangen, dass die Strecke am Abend wieder freigegeben werden könne. Da aber seit 15.30 Uhr die Schnellstrecke nach Hannover wieder frei befahrbar ist, können die Züge aus Hamburg über Wittenberge-Stendal nach Berlin umgeleitet werden. Die Züge hatten dadurch etwa 90 Minuten Verspätung.
+++ Kaum Einsätze für die Feuerwehr +++
In Berlin hatte die Feuerwehr einen einzigen nennenswerten Einsatz, an der Havelchaussee war ein Baum auf die Straße gestürzt. Zudem gab es eine Handvoll Notrufe wegen abgerissener Äste und ähnlicher Kleinigkeiten, sagte ein Feuerwehrsprecher.
+++ Schnellstrecke soll wieder freigegeben werden +++
Um 15.30 Uhr konnte die Deutsche Bahn einen ersten Überblick über die Schäden in Brandenburg geben. Auf den wichtigen Strecken nach Hamburg und Hannover bessere sich die Lage aber bereits wieder, sagte ein Bahnsprecher. Gegen 15 Uhr starteten die ersten Züge, diese sollen den Bahnhof Buschow in Langsamfahrt durchfahren. In Buschow war ein Blitz in das Elektronische Stellwerk eingeschlagen, der Schaden wurde mittlerweile repariert. Zunächst hatte es geheißen, dass auch auf dieser Strecke die Oberleitung durch umgestürzte Bäume zerrissen ist. Sobald die ersten Züge Buschow durchfahren haben, soll der normale Betrieb wieder aufgenommen werden. Auch auf der Strecke nach Hamburg ist zwischen Paulinenaue und Nauen ein Gleis wieder freigegeben. Zwischen Neustadt (Dosse) und Breddin sind aber noch beide Gleise gesperrt, auch hier ist die Oberleitung beschädigt. Die Bahn hofft, den ICE-Verkehr nach Hamburg gegen 18 oder 19 Uhr wieder aufnehmen zu können. Zahlreiche Züge auf diesen beiden Strecken hatten bis zu 150 Minuten Verspätung, kein ICE habe längere Zeit auf freier Strecke gestanden, hieß es bei der Bahn. Allerdings habe ein Regionalexpress der Odeg zwei Stunden mit Fahrgästen bei Breddin gestanden. ICE 1507 Hamburg-Berlin-Leipzig wurde über Stendal umgeleitet, Reisende nach Berlin mussten unterwegs in andere Züge umsteigen. Sie sollen mehrere Stunden Verspätung gehabt haben. Neben den bisher genannten vier Strecken ist auch der Verkehr zwischen Cottbus und Eisenhüttenstadt seit 12 Uhr eingestellt, und zwar wegen mehreren Böschungsbränden.
+++ Noch eine Bahnstrecke gesperrt +++
Auf Grund von Unwetterschäden ist die Strecke zwischen Wittstock (Dosse) und Neuruppin gesperrt, teilte die Bahn gegen 15 Uhr mit. Der Verkehr auf der Linie RE 6 in diesem Abschnitt ist eingestellt, die Bahn versucht, einen Ersatzverkehr mit Bussen einzurichten.
+++ Entwarnung für die Hauptstadt +++
Das Schlimmste ist knapp an Berlin vorbeigezogen. Unwetterwarnungen gibt nach Auskunft des deutschen Wetterdienstes aber noch für den Nordosten Brandenburgs und für Teile Mecklenburg-Vorpommerns.
+++ Polizei meldet Schäden im nördlichen Brandenburg +++
Die Polizeidirektion Nord von Brandenburg veröffentlichte um 14.30 Uhr eine erste Bilanz der Gewitterfront, die vor allem den Landkreis Ostprignitz-Ruppin traf. Bislang soll niemand verletzt worden sein. Demnach gab es
"sieben Gefahrensituationen und zwei Unfälle". Die Meldungen im Einzelnen:
12.43 Uhr: mehrere Bäume auf der Straße zwischen Blechern Hahn und Stolpe
12.54 Uhr: Ast in eine Frontscheibe eines PKW zwischen Radensleben und Lichtenberg (=Unfall), weitere Äste liegen herum
12:54 Uhr: Baum über die Straße zwischen Lohm und Voigtsbrücke
12:56 Uhr: zwischen Babe und Rübehorst ist eine Baumkrone in die Frontscheibe eines PKW gestürzt, auch die Holme wurden beschädigt (=Unfall)
13.09 Uhr: Baum auf dem Standstreifen der Autobahn 10 nahe der Anschlussstelle Birkenwerder
13:32 Uhr: mehrere Bäume auf der Landesstraße 18 zwischen Fretzdorf und Rossow
13:40 Uhr: Bauzaun in Fürstenberg (Gartenstraße) umgefallen, Anruferin kommt nicht aus dem Haus
13:43 Uhr Baum auf der Straße zwischen Gumtow und Dannenwalde
+++ Bahnstrecken nach Berlin gesperrt +++
Drei wichtige Bahnstrecken sind derzeit gesperrt, im Fern- und Regionalverkehr kommt es zu massiven Störungen. Unterbrochen sind derzeit die Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Hannover, die Schnellstrecke nach Hamburg sowie die Regionalstrecke nach Dessau. An allen Linien sind Bäume in die Oberleitungen gekippt. Nach Angaben der Bahn ist die Hamburger Strecke zwischen Nauen und Breddin unterbrochen, die nach Hannover bei Rathenow. Die Bahn versucht, die Fernzüge umzuleiten, sagte ein Sprecher. Am Berliner Hauptbahnhof haben mit Stand 14 Uhr mehrere ankommende Züge "150 Minuten", also zweieinhalb Stunden Verspätung. Auf der Strecke Berlin-Dessau hat die Bahn einen Busersatzverkehr für den RE 7 zwischen Bad Belzig und Dessau eingerichtet, der Schaden an der Oberleitung bei Wiesenburg soll bis 16 Uhr behoben sein.
+++ Experte: Zu viele Unwetterwarnungen +++
In Deutschland wird nach Expertenansicht zu oft und auch zu pauschal vor Unwettern gewarnt. "Vor allem Starkregen sind häufig sehr punktuell und vorab schwer zu lokalisieren. Wir werden nie so weit sein, dass wir vorhersagen, morgen um 12 Uhr wird es in Berlin-Wilmersdorf einen dicken Schauer geben", sagte Professor Eberhard Reimer vom Institut für Meteorologie der FU Berlin. Wettervorhersagen in Radio und Fernsehen sollten deshalb insgesamt ausführlicher sein und im regionalen Raum mehr Flexibilität lassen. "Das kann man eben nicht bündig in zwei Sätze packen", sagte Reimer am Mittwoch.
+++ "Zum Entwarnen zu früh" +++
Um 13 Uhr hieß es in der Leitstelle der Feuerwehr: "Zum Entwarnen ist es noch zu früh." Gewitterzellen könnten sich urplötzlich über dem Stadtgebiet bilden. Mehrere online-Wetterdienste bieten ein sogenanntes "Regenradar" an, derzeit, mit Stand 13 Uhr sieht es so aus, als wenn die Gewitterfront überwiegend nördlich an Berlin vorbeizieht.
+++ Feuerwehr ruft noch keinen Ausnahmezustand aus +++
Und so läuft das ab bei einem Unwetter: Die Berliner Feuerwehr ist am Mittag vom Deutschen Wetterdienst über die Wetterlage informiert worden. Daraufhin wurden die Freiwilligen Feuerwehren "vorinformiert", erklärt ein Sprecher. Allerdings seien "die Gewitterzellen" nicht einzuschätzen, deshalb werde der Ausnahmezustand erst ausgerufen, wenn Berlin tatsächlich getroffen werde. Durch die Vorinformation sind die Freiwilligen Feuerwehren dann sofort einsatzbereit. Bis 12.30 Uhr gab es nur zwei kleinere Einsätze, an der Heerstraße flog ein Sonnenschirm herum, an der Havelchaussee wurde ein Baum kontrolliert. Wenn Ausnahmezustand ausgerufen wird, starten stadtweit mehrere Teams, um die Lage einzuschätzen. Ein aktuelles Video vom deutschen Wetterdienst finden sie hier.
+++ Fenster schließen und Abstand von Bäumen halten +++
Der Deutsche Wetterdienst verschickt folgende Hinweise auf mögliche Gefahren: "Bei Blitzschlag besteht Lebensgefahr! Vereinzelt können zum Beispiel Bäume entwurzelt und Dächer beschädigt werden. Achten Sie auf herabstürzende Äste, Dachziegel oder Gegenstände. Überflutungen von Kellern und Straßen sowie örtliche Überschwemmungen an Bächen und kleinen Flüssen sind möglich. Es können zum Beispiel Erdrutsche auftreten. Schließen Sie alle Fenster und Türen! Sichern Sie Gegenstände im Freien! Halten Sie insbesondere Abstand von Gebäuden, Bäumen, Gerüsten und Hochspannungsleitungen! Vermeiden Sie möglichst den Aufenthalt im Freien!"
+++ Hagel mit Korngrößen von drei Zentimetern +++
"Von Südwesten ziehen Gewitter auf. Dabei gibt es Sturmböen mit Geschwindigkeiten um 85 Stundenkilometer und Niederschlagsmengen um 35 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit und Hagel mit Korngrößen um drei Zentimeter", sagen die Experten vom Deutschen Wetterdienst für die Mittagsstunden für Berlin und Brandenburg voraus.
+++ Die Feuerwehr verschickt Warnung per SMS +++
Die Feuerwehr verschickte am Mittwochmittag eine Warn-SMS an Berliner Handynutzer über das Katastrophen-Warnsystem "Katwarn": "Amtliche Unwetterwarnung vor schwerem Gewitter mit schweren Sturmböen, heftigem Starkregen und Hagel." Radfahrer in Mitte berichten von heftigen Stürmen; wer kann, solle besser sein Rad vorerst stehen lassen.
In Nordrhein-Westfalen und mehreren anderen westdeutschen Bundesländern sind die Unwetterschäden unterdessen so umfangreich, dass weiterhin mit erheblichen Beeinträchtigungen auf Straßen und Schienen gerechnet werden muss. Mehrere Bahn-Hauptstrecken bleiben gesperrt. In einigen Städten fällt die Schule aus. Komplett beruhigt hat sich die Wetterlage allerdings noch nicht. Auch am Dienstagabend zogen über Nordrhein-Westfalen und andere Regionen Deutschlands zum Teil starke Gewitter. In Hessen und Niedersachsen gab es nach Regenfällen Überschwemmungen.
+++ Beeinträchtigungen im Bahnverkehr +++
Im Bahnverkehr von Nordrhein-Westfalen sorgen beschädigte Oberleitungen weiter für zahlreiche Streckensperrungen und Verspätungen. Am Dienstagabend waren die Linien Dortmund-Köln, Dortmund-Duisburg, Recklinghausen-Essen und Essen-Wuppertal weiterhin gesperrt. Hinzu kamen acht S-Bahnlinien. Auf einigen Strecken wurden Busse eingesetzt. Wie lange die Verbindungen ausfallen, war zunächst nicht absehbar.
Das Schienennetz der Rhein-Ruhr-Region ist nach Angaben der Deutschen Bahn noch schwerer beschädigt befürchtet. Die Verwüstungen in Teilen der Region seien noch schlimmer als beim Orkan Kyrill im Jahr 2007, erklärte Bahn-Manager Reiner Latsch am Mittwoch in Berlin. Ein geregelter Bahnverkehr ist dem Unternehmen zufolge weiterhin nicht möglich. Viele Strecken sind laut Bahn nach wie vor blockiert, 16 Züge stecken sogar noch immer auf offener Strecke fest. Große Bahnhöfe wie Düsseldorf oder Essen seien weitgehend vom Zugverkehr abgeschnitten. Zum Teil erkundeten Hubschrauber der Bundespolizei die Strecken, da mit dem Zug oder dem Auto kein Durchkommen sei. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf, die mit am stärksten betroffen war, wird die Straßenbahn wohl noch mehrere Tage nicht planmäßig fahren können. "Ich kann noch keine genaue Prognose abgeben", sagte Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher am Dienstagabend. In den kommenden Tagen müssten zunächst ganze Oberleitungen nachgespannt werden. Bis Dienstagnachmittag waren Feuerwehr und Polizei in NRW zu etwa 17.000 Einsätzen ausgerückt, wie das Landesinnenministerium mitteilte. Landesweit waren 14.000 Helfer der Feuerwehr, der Hilfsorganisationen und des Technischen Hilfswerks im Einsatz. Sechs Menschen waren bei den Hitzegewittern am Montagabend ums Leben gekommen, 67 Menschen wurden verletzt.
In mehreren Städten warnen die Behörden weiterhin vor herunterstürzenden Ästen. Vor allem das Betreten von Wäldern sei gefährlich, in Mönchengladbach und Neuss bleiben die Friedhöfe zunächst geschlossen. An zahlreichen Schulen fällt der Unterricht aus. Betroffen ist vor allem das Ruhrgebiet.
+++ Vollgelaufene Keller - auch im Bundessozialgericht +++
Derweil sorgten am Dienstagabend neue Unwetter in einigen Regionen Deutschlands für weitere Schäden. Im Sauerland ergoss sich Wasser in ein Schulzentrum, weil Hagelkörner Fenster auf dem Dach zerstört hatten. Im Süden Niedersachsens und im Norden Hessens brachten Gewitter Überschwemmungen mit sich. Nach Angaben der Feuerwehr in Kassel lief der Keller des Bundessozialgerichts voll. In einem Krankenhaus mussten Patienten verlegt werden, weil Wasser in die Klinik eingedrungen war. Teilweise fiel der Strom in der Stadt aus.
Auch im niedersächsischen Göttingen wurden nach Angaben der Polizei Bahnunterführungen und zahlreiche Keller überflutet. Bäume stürzten auf Häuser und Autos. Verletzte gab es nach ersten Erkenntnissen nicht. Auf der Autobahn 7 habe es wohl aufgrund des heftigen Regens einen Unfall gegeben, bei dem der Fahrer aber mit einem Schock davongekommen sei. (mit dpa/AFP)