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Schutt und Asche. 14 000 Menschen mussten an der Westküste Kanadas ihre Häuser verlassen. Dutzende Feuer halten den Norden Amerikas seit Tagen fest im Griff.
© Darryl Dyck/dpa

Waldbrände in Nordamerika: Spuren der Verwüstung

In der kanadischen Provinz British Columbia sind 14.000 Menschen auf der Flucht vor Waldbränden – auch im US-Bundesstaat Kalifornien ist kein Ende der Trockenheit in Sicht.

Ohne Hoffnung auf baldigen Regen kämpfen die Menschen in der kanadischen Provinz British Columbia verzweifelt gegen die verheerenden Waldbrände, die seit Tagen durch das Innere des Landesteils fegen. Mehr als 14 000 Menschen sind bereits auf der Flucht, tausende weitere stellen sich darauf ein, ihre Häuser verlassen zu müssen. Rund 40 000 Hektar Wald- und Buschland waren bis zum Dienstagmorgen bereits verbrannt.

Zu den besonders betroffenen Orten zählt die Gemeinde Ashcroft. Hier leben viele Farmer, die ihr Vieh im hügeligen Grasland rund um Ashcroft weiden lassen. Die Gemeinde musste evakuiert werden, als das Feuer den Wohngebieten und Farmen gefährlich nahe kam. „Es ist niederschmetternd“, sagt der 25-jährige Rob Donaldson. Er ist Miteigentümer einer Ranch, die mehr als 2000 Stück Vieh hält. Am Wochenende wurde die Farm zerstört, den Flammen fiel auch eine Scheune zum Opfer, die gerade erst neu errichtet worden war. In ihr waren 300 Rinder untergebracht. Mitarbeiter und Freunde halfen, die Tiere zu retten.

„Wir zogen die Rinder an Beinen, Köpfen und Schwänzen, um sie ins Freie zu bekommen. Sie schafften es, bevor die Scheune in Flammen aufging und zusammenbrach“, sagt Donaldson. Er habe kein Tier zurücklassen wollen, obwohl das letzte Tier es ihm schwer machte. Am Ende war noch eine Kuh eingesperrt. „Ich nahm meinen Kipplader, nahm die Kuh auf die Schaufel und fuhr sie durch die Flammen hinaus.“ Vier Tiere starben auf der Farm, einige werden noch vermisst. In Prince George, Kelowna und Kamloops finden die geflüchteten Einwohner aus Ashcroft Unterkunft – und mit ihnen ihre Tiere. Sie bringen nicht nur Hunde und Katzen mit. Viele von ihnen kommen mit Trucks und Anhängern, in denen sie ihre Pferde transportieren.

Die Waldbrandkarte zeigt ein mehrere hundert Kilometer langes Band

Durch British Columbia verläuft zudem die Erdölpipeline des Konzerns Kinder Morgan, die Rohöl aus den Ölsandfeldern Albertas an die Pazifikküste bei Vancouver bringt. Noch besteht offenbar keine akute Gefahr für die Pipeline. Die Situation werde aber genau beobachtet und Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Pipeline seien ergriffen worden, teilte das Unternehmen nach Angaben der Zeitung „Globe and Mail“ mit.

Etwa 230 aktive Feuer wüten in der Pazifikprovinz British Columbia, berichteten US-Medien am Dienstagmorgen. Die Waldbrandkarte von British Columbia mit den Orten der Waldbrände zeigt ein mehrere hundert Kilometer langes Band, das sich von Norden nach Süden zieht. Am Wochenende war für die Region der Notstand erklärt worden. Ein Dutzend Brandherde befinden sich in der Nähe bewohnter Ortschaften. Für immer mehr Gemeinden wird die Evakuierung angeordnet. Am Montagabend wurde etwa für die 10 500 Einwohner der Kleinstadt Williams Lake Evakuierungsalarm gegeben. Das heißt, sie müssen sich darauf einstellen, ihre Häuser zu verlassen.

Über die bisherige Schadenshöhe gibt es derzeit noch keine Angaben. „Wir konzentrieren uns darauf, wichtige Infrastruktur und die Gemeinden zu schützen und die Verbindungsstraßen offen zu halten“, sagt Kevin Skrepnek vom Waldbranddienst der Provinz. Um den Schaden zu schätzen, ist noch keine Zeit.

Am Dienstag machten sich hunderte Feuerwehrleute aus anderen Provinzen auf den Weg nach British Columbia, um ihren mehr als 1000 erschöpften Kollegen zur Seite zu stehen. Kanadas Verteidigungsminister Harjit Sajjan schickte Transportflugzeuge und Hubschrauber zur Unterstützung der lokalen Kräfte.

Auch in Kalifornien machen Waldbrände den Menschen zu schaffen

Am Donnerstag und Freitag war eine heftige Gewitterfront über das seit Wochen ausgetrocknete Innere der Provinz gezogen. Tausende Blitzschläge lösten die Feuer aus, allein mehr als 140 am Freitag. Starker Wind treibt die Flammen an. In den Bezirken Cariboo und Kamloops herrscht seit Wochen extreme Feuergefahr – bei Temperaturen, die mancherorts fast 40 Grad erreichen können. Die ausgetrockneten Wälder, in denen auch viele von Borkenkäfern zerstörte tote Bäume stehen, sind ein idealer Brennstoff für die Feuer. Hitze, Trockenheit, Blitzschlag, tote Bäume – „der perfekte Sturm“, urteilte ein Waldbrandexperte.

Und eine Besserung der Wetterlage ist nicht in Sicht. „Wir gehen immer wieder über unsere Modelle, um etwas Regen zu finden. Unglücklicherweise aber haben wir eine sehr hartnäckige Wetterlage“, sagt der Meteorologe Matt MacDonald vom kanadischen Umweltministerium. Und Regen sei dabei nicht in Sicht.

Der Katastrophenschutz von British Columbia geht sogar von noch Schlimmerem aus und stellt sich darauf ein, dass die angespannte, dramatische Situation noch über Wochen anhalten und sich die Lage noch verschärfen könnte. „Wir haben eine sich weiter verschlechternde Situation“, sagt ein leitender Beamter.

Auch weiter im Süden machen Waldbrände den Menschen zu schaffen. Im US-Bundesstaat Kalifornien mussten laut Medienberichten 8000 Bewohner ihre Häuser verlassen. Mindestens vier Menschen wurden verletzt. An mehreren Orten entlang der US-Westküste wüten Feuer, mehrere tausend Feuerwehrleute sind seit dem Wochenende im Einsatz gegen 14 große Brände. Einer der größten breitete sich im Bezirk San Luis Obispo zwischen San Francisco und Los Angeles aus. Wie in British Columbia fördern anhaltende Hitze, Trockenheit und starker Wind die Ausbreitung der Feuer. Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown hatte erst im April eine Dürreperiode für beendet erklärt, die den Bundesstaat mehr als fünf Jahre geplagt hatte. (mit AFP)

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