Studie: Sorge um die Umwelt wird wieder größer
Die Deutschen machen sich wieder mehr Gedanken über den Schutz der Umwelt. Konsequenzen für das eigene Verhalten hat das aber nicht.
Umweltprobleme stehen wieder an zweiter Stelle der wichtigsten Themen der Deutschen. Das geht aus der aktuellen Umweltbewusstseinsstudie im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMU) und des Umweltbundesamtes (UBA) hervor. Der Klimawandel, der Verlust biologischer Vielfalt und fruchtbarer Böden wird von den Deutschen direkt nach der Sorge um die Wirtschaft genannt und steht wieder vor Ängsten um den Arbeitsplatz oder die soziale Gerechtigkeit. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) sagte bei der Vorstellung der seit 1996 alle zwei Jahre erhobenen Umfrage: „Das Umweltbewusstsein ist viel größer, als das in der politischen Wahrnehmung reflektiert worden ist.“ UBA-Präsident Jochen Flasbarth wies darauf hin, dass Deutschland um das Umweltbewusstsein der Bevölkerung oft beneidet werde, denn: „Gegen die Bevölkerung ist Umweltpolitik nicht durchzusetzen.“
Trotz der Einschätzung, dass die globalen Umweltprobleme drängend und ihre Lösung zur Bewältigung der Globalisierung notwendig sei, halten die Deutschen den Zustand ihrer direkten Umgebung für gut. Dass es im Weser-Emsland Regionen gibt, in denen das Trinkwasser nicht mehr aus dem Grundwasser gewonnen werden kann, weil es nitratverseucht ist, oder die Gewässer hohe Konzentrationen von Hormonen oder Chemikalien enthalten, die wie Hormone wirken, entgeht der Aufmerksamkeit der meisten. Das sind Umweltprobleme, die nicht sicht- oder spürbar sind. Dagegen wird der Zustand anderer Regionen als dramatischer eingeschätzt. Das zeigt sich auch daran, dass der Klimawandel als Problem präsent ist, die Vorstellung, dass auch Deutsche für Hitzewellen, Stürme oder Überschwemmungen vorsorgen sollten, beziehen aber die wenigsten Befragten auf sich selbst.
Wie weit Sein und Bewusstsein auseinanderliegen können, zeigt vor allem das Thema Mobilität. Immer noch 58,6 Prozent der 2000 im Frühsommer Befragten fahren täglich mit dem Auto. 82 Prozent der Familien mit Kindern sind überzeugt, dass der Alltag ohne Auto kaum zu bewältigen sei. Dennoch sieht Flasbarth eine positive Entwicklung. Vor ein paar Jahren, meinte er, hätten sich die wenigsten unter Carsharing etwas vorstellen können. „Aber langsam robben sich die Leute an das Thema heran“, sagte er.
Zum ersten Mal haben UBA und BMU in der Studie Motivationen und Veränderungspotenziale verschiedener Milieus untersuchen lassen. Ein Ergebnis referierte Flasbarth am Freitag in Berlin: Menschen mit einem höheren Einkommen leisten sich öfter umweltentlastende Dienstleistungen oder auch Biolebensmittel. Doch wegen ihrer höheren Einkommen haben sie auch einen höheren Verbrauch an Umweltgütern. Flasbarth wies darauf hin, dass „traditionell konservative Milieus“ aus Sparsamkeitsgründen oft eine bessere Umweltbilanz aufwiesen. Das gilt, schreiben die Autoren, auch für „traditionelle Arbeiter“, die Umweltschutz eigentlich für weniger wichtig halten. Nur Sozialprestige bringt ihnen ihr umweltfreundliches Verhalten nicht, stellen sie fest. Dagmar Dehmer