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2020 lebten 15,7 Millionen Katzen und 10,7 Millionen Hunde in Deutschland. Was bedeutet das für die Klimabilanz?
© dpa / Fondazione Capellino

Ökobilanz von Hunden und Katzen: Sind Haustiere unterschätzte Klimakiller?

Auch Hunde und Katzen haben eine CO2-Bilanz. Doch wie schneiden unsere Haustiere konkret ab? Und wie kann man als Tierhalter die Ökobilanz verbessern?

Fliegen, Fleischkonsum, Kreuzfahrtschiffe und SUVs – die Klimakiller von heute sind hinlänglich bekannt und längst wird nach nachhaltigen und klimaneutralen Alternativen gesucht.

Doch wie steht es um die Ökobilanz von Haustieren? Wie groß ist der ökologische Pfotenabdruck von "Balu", "Tiger" und "Findus" wirklich?

Und was kann man als Haustierhalter tun, um die CO2-Bilanz zu verbessern? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie hoch ist die CO2-Bilanz bei einem Hund?

Mit welcher Ökobilanz schlagen große Hunde zu Buche? Das haben sich auch Wissenschaftler der TU Berlin gefragt und bereits 2020 im großen Rahmen untersucht. Dabei wurden auch Faktoren wie die Herstellung von Tierfutter und umweltbelastende Folgeschäden durch Urin und Kot berücksichtigt.

Die Ergebnisse sind ernüchternd. Ein 30 Kilogramm schwerer Hund verursacht im Jahr rund 1.050 Kilogramm CO2 – also etwas mehr als eine Tonne.

Wenn das Klima nicht weiter belastet werden soll, dürfte laut Angaben des Weltklimarats (IPCC) jeder Erdenbewohner jährlich aber nur zwei Tonnen CO2 verursachen. Wer also beispielsweise eine kleine Dobermann-Hündin besitzt, verbraucht bereits durch die bloße Tierhaltung die Hälfte seiner jährlichen CO2-Kapazität.

Zum Vergleich: Ein kleiner Labrador verursacht in seiner Haltung jährlich etwa so viel CO2-Ausstoß, wie ein einfacher Flug von Berlin nach Washington. Laut Berechnungen des CO2-Flugrechners myclimate liegt der CO2-Ausstoß für diesen One-Way-Flug bei 1,1 Tonnen.

Dass Hundebesitzer sich über die Ökobilanz ihrer Vierbeiner oft nicht im Klaren sind, gibt auch Matthias Finkbeiner, Leiter des Instituts für technischen Umweltschutz der TU Berlin, zu bedenken: „Wenn jemand zur Demonstration für mehr Klimaschutz mit einer 50-Kilo-Dogge geht und dann den Stopp von Kurzstreckenflügen verlangt, ist das eine Doppelmoral.“

Wie hoch ist die CO2-Bilanz bei einer Katze?

Bereits 2019 untersuchte das Ökobilanz-Institut ESU-Services mit Sitz in der Schweiz die Klimabilanz für die gängigsten Haustiere wie Hund, Katze, Pferd bis hin zum Zierfisch. Für die Analyse wurden auch Faktoren wie beispielsweise der Wärmeverlust einer Katzenklappe berücksichtigt. Die Untersuchung ergab, dass die Haltung einer 4,2 Kilogramm schweren Katze jährlich etwa der gleichen CO2-Bilanz entspricht wie eine Autofahrdistanz von 1.164 Kilometern.

Zum Vergleich: Eine Autofahrt von Berlin nach Venedig verursacht also genauso viel CO2-Emissionen, wie die Haltung einer Katze in einem Jahr.

Die Haltung einer Katze verursacht jährlich so viel CO2-Emissionen wie eine Autofahrt von Berlin nach Venedig.
Die Haltung einer Katze verursacht jährlich so viel CO2-Emissionen wie eine Autofahrt von Berlin nach Venedig.
© dpa / Axel Heimken

Ist das Haustier ein blinder CO2-Fleck?

Dass der Faktor Haustier bei Berechnungen von Klimabilanzen bislang eher übersehen wurde, bestätigt auch der Klimaschutz-Experte des Umweltbundesamtes Michael Bilharz.

Auf der Webseite des Umweltbundesamtes können interessierte Verbraucher ihre ganz persönliche CO2-Bilanz errechnen. Allerdings habe es laut Bilharz zwölf Jahre gedauert, bis der Faktor Haustierhaltung vor etwa einem Jahr in den CO2-Rechner integriert wurde. Mittlerweile kann der Auswahlpunkt "Haustiere" unter dem Punkt "Sonstiger Konsum" eingetragen werden.

Die Frage, inwieweit die Haltung von Haustieren die Ökobilanz trübt, erhitzt oft die Gemüter. Vor allem klimabewusste Haustierhalter, die großen Wert auf eine CO2-neutrale und nachhaltige Lebensweise legen, treffen solche Bilanzrechnungen oft unvermittelt.

Tierfreunde entgegnen bei solchen Gegenrechnungen oft, dass Haustierbesitzer dafür weniger Fernreisen unternähmen, bei Gassirunden mehr Zeit an der frischen Luft verbrächten und dass Haustiere dem Menschen im Allgemeinen gut täten. So gilt es beispielsweise längst als bewiesen, dass Katzen den Genesungsprozess bei psychischen Erkrankungen und Depressionen beschleunigen können. Darüber hinaus kann ihr Schnurren beim Menschen nicht nur den Blutdruck senken, sondern auch die Ausschüttung von Serotonin ankurbeln.

Viele Wissenschaftler sind sich einig: Es gehe nicht darum, Tierfreunde generell an den Pranger zu stellen, sondern blinde Flecken aufzuzeigen. Ein wichtiger Punkt sei dabei die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. So gibt Finkbeiner von der TU Berlin zu bedenken: „Einen Hund haben, jeden Tag Fleisch essen, das dickste Auto fahren und viel fliegen – das ist vielleicht zu viel.“

Was kann ich als Tierhalter tun, um die CO2-Bilanz zu verbessern?

Wer sich der Ökobilanz seines Haustieres bewusst ist, kann an vielen kleinen Stellschrauben drehen, um die individuelle CO2-Bilanz zu verbessern. So lässt sich die Umweltbelastung zumindest teilweise vermindern, indem der Hundekot beim täglichen Gassigehen eingesammelt wird – auch, wenn als Behältnis eine Plastiktüte genutzt wird. Laut Finkbeiner fällt die CO2-Belastung durch das Verbrennen des Plastikbeutels samt Kot immer noch geringer aus, als wenn der Kot einfach im Freien liegengelassen wird.

Ein weiterer Punkt ist die Anzahl der Haustiere. Nach Angaben des Verbands Heimtierbedarf lebten 2020 in Deutschland etwa 15,7 Millionen Katzen und 10,7 Millionen Hunde. Da die Haustierhaltung in Zeiten der anhaltenden Pandemie einen Boom erfahren hat, dürften diese Zahlen noch einmal merklich gestiegen sein. Der Gründer des Ökobilanz-Instituts ESU-Services Niels Jungbluth fragt entsprechend: „Muss man bei drei Kindern drei Katzen haben oder reicht auch eine?“

[Lesen Sie hierzu auch: Haustierboom in Deutschland: "Unsere billigsten Hunde kosten 2.000 €" (T+)]

Immer schön mitnehmen: Wer den Hundekot in einer Plastiktüte mitnimmt, spart zusätzliche CO2-Emmissionen ein.
Immer schön mitnehmen: Wer den Hundekot in einer Plastiktüte mitnimmt, spart zusätzliche CO2-Emmissionen ein.
© Doris Spiekermann-Klaas

Negative Klimabilanz: Sollte ich mein Haustier vegan ernähren?

Dass eine rein pflanzlich basierte Ernährungsweise die individuelle Ökobilanz verbessert, ist bereits hinlänglich bekannt. Wer sich als Mensch vegan ernährt, kann laut Bilharz jährlich zwischen 800 und 1.000 Kilogramm CO2 einsparen, was der jährlichen Tierhaltung eines Labradors oder Retrievers entspräche.

Bei den Ökobilanz-Berechnungen von Haustieren macht den größten Posten der Klimawirkung das Tierfutter aus. Vielen Tierhaltern stellt sich die Frage, ob beispielsweise Hunde rein vegan ernährt werden sollten – eine Frage, die nicht nur in Haustierforen diskutiert wird, sondern auch die Wissenschaft beschäftigt.

[Lesen Sie hierzu auch: Auf der veganen Welle reiten: Wie eine Berlinerin den Reitsport verändern will (T+)]

Schadet eine vegane Ernährung meinem Hund?

Volker Wilke von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover sagt hierzu „Es ist theoretisch möglich, erwachsene und gesunde Hunde auf rein pflanzlicher Basis zu ernähren“. So hätten Versuche mit einer rein veganen Ernährung bei Hunden keine negativen Folgen gezeigt. Bei diesen Versuchen kam Hundenahrung auf Basis von Erbsen, Linsen, Süßkartoffeln oder Soja zum Einsatz, die zusätzlich mit Vitamin A, Taurin und anderen Aminosäuren versetzt wurde.

Bei der Ernährungsumstellung sei allerdings Achtung geboten. Eine falsche Ernährung könne beim Hund Schädigungen des Herz- und Nervensystems, Muskelschwund oder andere Probleme verursachen. Daher sollte bei einer Ernährungsumstellung immer der Rat eines kundigen Experten oder des behandelnden Tierarztes eingeholt werden.

Laut Wilke "muss es aber gar nicht um die Grundsatzfrage Fleisch ja oder nein gehen“. So könne es beispielsweise schon einen Unterschied machen, wenn bei der Fütterung mehr Trocken- anstatt Nassfutter verwendet wird.

Wilke weist außerdem darauf hin, dass die Verfütterung von rein veganem Hundefutter die Ökobilanz unter Umständen sogar verschlechtern könne: „Veganes Futter mit einem großen Anteil von Soja aus Brasilien und Zusatzstoffen aus anderen Erdteilen als Nassfutter in der Dose kann um ein Vielfaches klimaschädlicher sein, als fleischhaltiges Trockenfutter, das hier hergestellt wird.“

Kann ich meine Katze vegan ernähren?

Laut Wilke gestalte sich die vegane Ernährung von Katzen schon schwieriger: „Es ist nahezu unmöglich, eine Katze auf pflanzlicher Basis zu ernähren.“

Trotzdem lässt sich auch hier die Ökobilanz verbessern, indem Katzenhalter ihren Tieren nach Möglichkeit mehr Trockenfutter geben oder Katzenfutter verwenden, das nicht besonders viel Muskelfleisch, sondern mehr tierische Nebenprodukte enthält. (mit dpa)

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