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Ein 21-Jähriger tötete in Reutlingen eine Frau und verletzte zwei weitere Menschen.
© Christoph Schmidt/AFP
Update

Beziehungstat in Baden-Württemberg: Sie waren ein Paar: Angreifer von Reutlingen tötete Freundin

Mitten in Reutlingen geht ein Mann mit einem 60 Zentimeter langen Messer auf eine Frau los und tötet sie. Tags darauf wissen die Ermittler mehr über das Verhältnis zwischen Täter und Opfer.

Der mutmaßliche Gewalttäter von Reutlingen hat vor der Attacke monatelang mit seinem Opfer zusammengearbeitet - beide waren auch privat ein Paar. Der 21 Jahre alte Tatverdächtige habe eigenen Angaben zufolge eine Beziehung mit der 45 Jahre alten Frau gehabt, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag mit. Beide waren in einer Gaststätte angestellt.

Die Polizei geht Hinweisen nach, wonach der Mann psychische Probleme hatte. Ob darin das Motiv für die Bluttat vom Sonntag zu suchen ist, sei noch unklar. Nach einem Streit hatte der 21-Jährige seiner Freundin mit einem 60 Zentimeter langen Dönermesser auf den Kopf geschlagen und sie tödlich verletzt. Auf seiner Flucht verletzte er den Angaben zufolge fünf weitere Menschen. Dann wurde er von einem Auto angefahren, verletzt, festgenommen und ist nun in Haft. Bei der Vernehmung des 21-Jährigen hätten sich „Hinweise auf psychische Auffälligkeiten“ ergeben, berichtete die Polizei. Zudem habe er nur teilweise Angaben zum Tatablauf gemacht.

Die Tote stammte aus Polen. Berichte über eine Schwangerschaft des Opfers bestätigte die Polizei nicht. Zehn Ermittler arbeiten an dem Fall. Der 21-Jährige hatte die 45 Jahre alte Frau am Sonntagnachmittag auf der Straße mit dem Messer fast enthauptet, wie DRK-Leiter Götz Vedder sagte. In der Folge beschädigte der Mann den Behörden zufolge ein Auto und verletzte die 51-jährige Fahrerin am Unterarm. Der 41-jährige Beifahrer erlitt bei dem Angriff einen Schock, hieß es. An einer Gaststätte in der Nähe verletzte der Angreifer einen 23-jährigen Mann im Gesicht. In einem Imbiss schlug er mehrfach mit dem Messer auf einen Holztisch ein.

Das Asylgesuch des Mannes sei anerkannt

Das DRK rückte mit 50 Helfern an, die Polizei mit 100 Einsatzkräften. Der Täter war der Polizei bekannt. Laut Staatsanwaltschaft Tübingen liegen dem Amtsgericht zwei Anklagen wegen eines Ladendiebstahls und einer versuchten Körperverletzung vom Anfang des Jahres vor. In diesem Monat seien drei weitere Diebstahlsdelikte und eine gefährliche Körperverletzung eingegangen, sagte eine Sprecherin. Nach dem Waffengesetz ist es verboten, feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 Zentimetern zu führen. Davon sind ausdrücklich auch Gebrauchsgegenstände umfasst, die nicht als Waffe gelten.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach den Opfern und ihren Angehörigen am Montag sein Mitgefühl aus. Er sei erschüttert, sagte der Minister. Baden-Württemberg will nach den Anschlägen im Süddeutschland die Polizeipräsenz bei größeren Veranstaltungen erhöhen - „sichtbar und nicht sichtbar“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Kehl. Damit wolle man das Sicherheitsgefühl der Bürger stabilisieren, aber auch auf die objektiv angespannte Sicherheitslage reagieren. Das Zimmer des Reutlinger Verdächtigen in einer Flüchtlingsunterkunft sei durchsucht worden, hieß es. Die Polizei berichtete bereits kurz nach der Tat, dass es sich „um einen 21-jährigen Asylbewerber aus Syrien“ handele. Einen Zusammenhang zwischen der Herkunft und der Tat sehen die Ermittler nach eigenen Angaben jedoch nicht. Am Montag hieß es, das Asylgesuch des Mannes sei anerkannt.

„Wir trauern mit den Angehörigen der getöteten Frau in Reutlingen und sind in Gedanken bei den Angehörigen der Verletzten von Reutlingen und Ansbach“, sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die derzeit zu Hause in der Uckermark sei, werde laufend über die Ermittlungen informiert. Für die getötete 45-jährige Frau wollen Polen einen Trauermarsch in der Stadt organisieren. An diesem Samstag solle ihr schweigend gedacht werden, berichtete die polnische Nachrichtenagentur PAP. Dafür war bei der Stadt zunächst keine Bestätigung zu erhalten.

Autofahrer fuhr Täter absichtlich an

Ein Autofahrer hat den Mann gestoppt. Der Autofahrer habe den flüchtenden Angreifer mit seinem Wagen bewusst angefahren, bestätigte ein Polizeisprecher. Der Mann stürzte zu Boden, Polizisten nahmen ihn fest. Der Autofahrer hatte die Bluttat zuvor gesehen und sein Auto auf den Angreifer gesteuert. Der Angreifer zog sich dabei schwere Verletzungen zu und kann noch nicht vernommen werden. „Er ist derzeit nicht vernehmungsfähig und wird von der Polizei bewacht", heißt es bei der Polizei.

Auf die schriftliche Mitteilung der Polizei, dass es sich bei dem Tatverdächtigen „um einen 21-jährigen Asylbewerber aus Syrien“ handele, reagierten Menschen im Internet mit fremdenfeindlichen Kommentaren. „Für den Tathergang spielt es keine Rolle“, räumte ein Polizeisprecher ein. „Aber wir nennen Ross und Reiter.“ Der Festgenommene sei schon wegen anderer Taten aufgefallen. Ob seine Herkunft oder sein Aufenthaltsstatus in einem Zusammenhang mit der Tat stehen könnten, ließ die Polizei dabei offen.

Täter war polizeibekannt

Er sei wegen mehrfacher Körperverletzung polizeibekannt und wegen anderer Taten bereits aufgefallen, hieß es. Der Mann sei nur wenige Minuten nach der Tat in Nähe des Tatorts festgenommen worden.

Der tödliche Angriff hat nach Polizeiangaben wohl keinen terroristischen Hintergrund. Anhaltspunkte für einen terroristischen Anschlag gebe es nicht, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat das schnelle Eingreifen der Polizei gelobt.

„Der Täter konnte Gott sei Dank gleich festgenommen werden, so dass von ihm keine weitere Gefahr ausgeht“, sagte der Minister am Sonntag. Er stehe mit den Ermittlungsbehörden in Reutlingen in ständigem Kontakt und lasse sich über die weiteren Ermittlungen auf dem Laufenden halten: „Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der getöteten Frau und bei den Verletzten.“

Teile der Reutlinger Innenstadt abgesperrt

Nach dem Angriff richtete sich die Polizei am Tatort auf eine längere Spurensuche ein. Die Untersuchungen stünden erst am Anfang, sagte ein Polizeisprecher. Mit Hilfe von Hinweisen und Spuren vom Tatort werde versucht, den Tathergang zu rekonstruieren. Die Ermittler waren die ganze Nacht im Einsatz. Stunden nach der Tat versammelten sich am Sonntagabend zahlreiche Schaulustige am Tatort. Die Polizei rief die Schaulustigen dazu auf, Abstand zu halten und die Arbeit der Polizei nicht zu behindern.

Das Gebiet in der Reutlinger Innenstadt wurde weiträumig abgesperrt. Spezialisten betreuen die Angehörigen der Opfer und Einsatzkräfte. Helfer eines sogenannten Kriseninterventionsteams seien im Einsatz, sagte eine Sprecherin der Stadtverwaltung (dpa, AFP).

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