Sicherheit an Karneval: Schunkeln unter Schutz
Als Reaktion auf die Anschläge in Berlin und Nizza rüsten viele deutsche Städte zu Karneval weiter auf. Die Feierlaune soll darunter nicht leiden. Köln stellte am Donnerstag das Sicherheitskonzept vor.
Beim fröhlichen Straßenkarneval müssen die Jecken dieses Jahr in vielen deutschen Städten mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen rechnen. Aus Angst vor Terroranschlägen werden Fahrzeugsperren, mehr Ordnungskräfte und teils schwer bewaffnete Polizisten eingesetzt. „Trotzdem möchten wir den Menschen natürlich ein fröhliches Feiern ermöglichen“, sagt Susanna Heusgen, Sprecherin der Düsseldorfer Polizei. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt wie auch in Köln werden einige Straßen an den „tollen Tagen“ mit großen Fahrzeugen, Containern und Betonblöcken abgesperrt. Auch Bonn, Essen und zahlreiche andere Städte planen Fahrzeugsperren. So soll verhindert werden, dass ein Täter einen Lastwagen in eine Menschenmenge steuern kann – wie es bei den Anschlägen auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember und auf der Uferpromenade in Nizza am 14. Juli vergangenen Jahres geschehen ist.
Keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung
In Düsseldorf sollen an einigen Stellen Beamte mit Maschinenpistolen bereitstehen. Es gebe zwar keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung, aber ein abstraktes Sicherheitsrisiko. Darauf verweist auch die Polizei in Nürnberg und in anderen bayerischen Städten vor dem Faschingswochenende. Züge abzusagen, sei vor diesem Hintergrund nicht nötig.
Ein mögliches Lkw-Fahrverbot für Teile der Düsseldorfer City wird nach Angaben der Stadt derzeit noch geprüft. In Köln ist dies dagegen schon beschlossen: Am Karnevalssonntag und Rosenmontag dürfen Lastwagen über 7,5 Tonnen nicht in die Innenstadt fahren. Weitere Details zum Sicherheitskonzept stellten Stadt, Polizei und das Festkomitee Kölner Karneval am Donnerstag vor.
Wie im Vorjahr soll ein Großaufgebot an Polizisten konsequent gegen Randalierer und mögliche Sexualstraftäter vorgehen, kündigte Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies bei der Vorstellung des Sicherheitskonzepts an. „Die Sicherheitslage in Europa hat sich im vergangenen Jahr verändert“, sagte Mathies mit Blick auf die Lastwagenattentate von Nizza und Berlin. Allein zum Kölner Rosenmontagszug werden bis zu eine Million Besucher erwartet. Mathies zufolge werden nun zusätzlich zum Lkw-Fahrverbot an „neuralgischen Punkten“ Zufahrten zum Zugweg mit Betonsperren und Polizeifahrzeugen blockiert. So soll verhindert werden, dass Fahrzeuge unkontrolliert in die Sperrzone einfahren.
2200 Beamte werden in Weiberfastnacht in Köln im Einsatz sein
Wie im vergangenen Jahr wird die Kölner Polizei auch diesmal deutlich Präsenz zeigen: Laut Mathies werden zu Weiberfastnacht am nächsten Donnerstag mehr als 2200 Beamte im Einsatz sein, am Karnevalssonntag 1300 und am Rosenmontag rund 1700 Polizisten. An Verkehrskontrollpunkten werden die Beamten auch Maschinenpistolen tragen. Die Kölner Polizei hatte bereits beim Straßenkarneval vor einem Jahr die Zahl der Einsatzkräfte deutlich erhöht – damals als Reaktion auf die massenhaften sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015 am Kölner Hauptbahnhof. Im Kölner Karneval 2016 bewährte sich dieses Konzept, die Zahl der Straftaten ging deutlich zurück. „Die Polizei wird bei drohenden Gefahren konsequent einschreiten“, kündigte Mathies für die bevorstehenden Narrentage an. „Gegen diejenigen, die Karneval für gewalttätige Aktionen oder Straftaten jeder Art missbrauchen, wird die Polizei frühzeitig und entschlossen vorgehen.“ Zugleich appellierte der Kölner Polizeipräsident erneut an die Narren, bei der Kostümierung auf täuschend echt aussehende Spielzeugwaffen zu verzichten. „Wenn man mehrere hunderttausend feiernde Menschen vor Unfällen, Straftätern, Extremisten und islamistischen Terroristen schützen will, geht das nicht ohne Einschränkungen“, räumte Mathies ein. Die Polizei werde jedoch „alles daran setzen, diese Beeinträchtigungen möglichst gering zu halten“.
Kosten für zusätzliche Sicherheit bringt neue Probleme mit sich
Die Kosten für die verstärkten Sicherheitsanforderungen stellen vor allem die Karnevalisten abseits der großen Hochburgen aber auch vor Probleme. Der Festausschuss Leverkusener Karneval zum Beispiel kalkuliert mit bis zu 5000 Euro Mehrkosten, die nun größtenteils von Sponsoren übernommen würden. „Wir müssen dieses Mal zusätzliche Straßen absperren, und die Ordner müssen länger arbeiten“, erläutert Uwe Krause vom Festausschuss. In Hilden stand der traditionelle Rosenmontagszug sogar kurzzeitig auf der Kippe: Zusätzliches Personal und Sperren sollten mehrere tausend Euro kosten. Erst ein Sponsor, der acht Fahrzeuge für die Absperrungen bereitstelle, habe den Zug ermöglicht.
Dass wegen der Terrorangst weniger Menschen zu Karneval auf die Straße gehen werden, glaubt der Psychologe Stephan Grünewald aus jetziger Sicht nicht. „Karneval ist ein Fest des rauschhaften Vergessens. Man will sich von der Schwere befreien und in eine konsequenzlose Verwandlung eintauchen“, sagt der Mitbegründer des Rheingold-Instituts. „In schlechten Zeiten wollen die Menschen erst recht Karneval feiern“, sagt Grünewald.
(dpa/AFP)