Südafrikas Kampf gegen Wilderer: Schlacht ums Horn
Der Krügerpark in Südafrika zählt zu den bekanntesten Wildreservaten der Welt. Seine Nashörner sind die Attraktion des Nationalparks. Doch auf die Dickhäuter haben es auch Wilderer abgesehen: Sie schlachten die Tiere massenhaft ab. Denn ihr Horn ist im Ausland mehr wert als Gold.
Der Krügerpark ist in Südafrika seit langem ein nationales Heiligtum. Jahr für Jahr besuchen rund fünf Millionen Touristen, darunter auch etwa 60 000 Deutsche, den 1898 vom damaligen Burenführer Paul Krüger proklamierten Park, der inzwischen auf die Größe Israels angewachsen ist und zu den bekanntesten Wildreservaten der Welt zählt. Seit Anfang des Jahrtausends ist der Krüger-Park durch den Zusammenschluss mit weiteren Schutzgebieten im benachbarten Mosambik und Simbabwe sogar noch einmal erweitert worden. Fast 150 Säugetierarten leben heute in seinen Grenzen. Doch die Besucher kommen neben den Raubkatzen vor allem wegen einer ganz besonderen Spezies in den Park: seinen Nashörnern.
Doch die friedliche Idylle, die Touristenprospekte den Besuchern des Parks vorgaukeln, gibt es so inzwischen nicht mehr. Der wegen seines langen Einsatzes für den Park zum „Ehren-Ranger“ ernannte Louis Lemmer sagt es ganz offen: „Wir kämpfen im Krügerpark längst einen blutigen Krieg.“ Bis zu 60 schwer bewaffnete Gruppen dringen vor allem bei Vollmond, wenn sie ihr dreckiges Geschäft besonders leicht verrichten können, vom benachbarten Mosambik in den Park ein und schlachten dessen Nashorn-Population gnadenlos ab. Mehr als 500 Dickhäuter sind es bereits in diesem Jahr nur im Krügerpark gewesen – so viele wie noch nie. In ganz Südafrika wurden 2013 bislang fast 800 Nashörner massakriert – schon jetzt deutlich mehr als die 668, die Wilderer im vergangenen Jahr töteten, was ebenfalls ein Rekord war. Ein gigantischer Anstieg vor allem gegenüber den Zahlen zwischen 2005 und 2008 als im Schnitt pro Jahr nur 36 gewildert wurden. Nachdem allein im September mehr als 100 Nashörner gemetzelt wurden, könnte die Zahl der getöteten Dickhäuter in diesem Jahr sogar erstmals die Marke von 1000 durchbrechen.
Ranger sind militärisch geschult
Anders als früher sind die Rangers am Kap heute längst keine Touristenführer oder Naturschützer mehr, sondern militärisch im Anti-Terrorkampf gedrillte Soldaten. Allein im Krügerpark sind 400 Ranger stationiert, die sich nur dem Kampf gegen die mit automatischen Waffen ausgerüsteten Wilddiebe widmen und dabei in den vergangenen vier Jahren mehr als 20 von ihnen getötet haben. Zusätzlich werden die Rangers bei dieser lebensgefährlichen Aufgabe inzwischen von mehr als 200 Soldaten unterstützt, deren Kampf am Boden von dem aus dem Ruhestand zurückgeholten Generalmajor Johan Jooste befehligt wird, einem Veteranen des südafrikanischen Buschkrieges in Angola.
Seit fünf Jahren tobt in Südafrikas staatlichen Wildparks und privaten Gehegen dieser Krieg, den lange Zeit niemand so nennen wollte. Lemmer und Jooste tun dies nun. Die Opfer sind überwiegend Nashörner, für deren Horn in Asien absurde Preise gezahlt werden, weil es gemahlen angeblich die Potenz fördert, aber auch sonst als Heilmittel gilt. Obwohl aus dem gleichen Material wie ein Fingernagel kostet ein Kilo Horn wegen der mit ihm verbundenen Mythen mehr als Gold: Bis zu 60000 Dollar werden in Südostasien gezahlt – weit mehr als für ein Kilo des gelben Edelmetalls. So viel Geld lässt sich sonst nur mit Drogen, Waffen oder Frauenhandel verdienen.
Südafrika setzt eine Sondereinheit gegen die Wilderer ein
Dies ist auch einer der Gründe, weshalb die Verfolgung der Wilderei inzwischen von der südafrikanischen Polizei auf eine Sondereinheit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens übertragen und nun sogar das Militär hinzugezogen wurde – allerdings ohne größeren Erfolg. „Weil das Abschlachten ständig weitergeht, glauben viele Südafrikaner, es würde gar nichts passieren. Dabei benutzen wir außer Nachtsichtgeräten und Bewegungsmeldern jede Menge High-Tech, um die Lage in den Griff zu kriegen“, sagt Lemmer. Würde dieser Krieg nicht geführt, wäre bereits heute vermutlich kein einziges Nashorn im Park mehr am Leben. Südafrikas Umweltministerin Edna Molewa erwägt deshalb nun sogar den Einsatz von Drohnen. Bis zu 90 Prozent der Wilderer im Krügerpark kämen aus dem angrenzenden Mosambik, sagt Generalmajor Jooste, weil die Wilderei dort noch immer nicht als Verbrechen gelte und gesetzlich auch nicht geahndet werde. Die hohe Arbeitslosigkeit und Armut in der früheren portugiesischen Kolonie sorge zudem für einen fast unbeschränkten Nachschub an jungen Männern, die mit der Wilderei ihren Lebensunterhalt verdienen würden. „Es gibt viel mehr Wilderer als Nashörner in dieser Welt“ klagt Jooste. Ein Riesenanreiz sei zudem, dass Wilderer rund 3000 Euro für ein Horn bekämen, was in dem Land ein Vermögen sei.
Am Schmuggel beteiligen sich auch Ärzte und Piloten
Die Killer sind aber keineswegs nur arbeitslose Habenichtse, die bei Vollmond barfuß durch den Busch stapfen. Hinter ihnen stehen oft generalstabsmäßig organisierte Syndikate, die Mosambiks lasche Gesetze und das Jagdgeschick seiner jungen Menschen gezielt nutzen. Auch gibt es viele hervorragend ausgebildete Menschen, die sich am lukrativen Schmuggel beteiligen, darunter sogar Tierärzte und Piloten. Aber auch ein Teil der Sicherheitskräfte in Südafrika dürfte in den Handel verwickelt sein, weil sonst einfach unerklärlich ist, warum Polizei und Militär die Wilderei selbst in einem vergleichsweise begrenzten Areal wie dem Krügerpark partout nicht in den Griff bekommen. Der Anti-Terror-Krieg gegen die Wilderer ist dafür verantwortlich, dass sich das Image des Krügerparks in den vergangenen Jahren verändert hat. Inzwischen gibt es nun auch Pläne, die technische Überwachung schon an seinen Eingängen durch unter der Erde verlegte Vibrationskabel massiv zu stärken. Auch erwägt Südafrika, den vor ein paar Jahren abgebauten 80 Kilometer langen Grenzzaun nach Mosambik neu zu errichten und unter Starkstrom zu setzen. Salomon Joubert, der frühere Direktor des Krügerparks, glaubt dennoch nicht, dass die Behörden den Kampf gegen die Wilderei auf Dauer gewinnen können, schon weil inzwischen mehr Nashörner sterben als geboren werden. Auch sei die Korruption unter den Angestellten des Parks und in der Regierung ein ebenso wichtiger Faktor wie das nachlassende Engagement für den Naturschutz. Joubert ist sicher: Wenn die Nashörner weiter so wie zuletzt erlegt werden, könnten sie schon in 20 Jahren fast völlig ausgestorben sein.
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