Erbgut: Samenbank muss Spender nennen
Die größte Samenbank der Welt droht die Mehrzahl ihrer Spender zu verlieren, weil das Finanzamt die von ihr gezahlten Prämien besteuern will. Dadurch ginge den Freiwilligen die Anonymität verloren.
Aarhus - Eine Aussicht, die nach Angaben des Firmengründers in der zweitgrößten dänischen Stadt Aarhus, Ole Schou, drei von vier Männern abschrecken würde. Der Samenbank "Cryos", griechisch für Kälte, drohe damit das Aus, fürchtet Schou. Seit 15 Jahren ist die Firma des Dänen ein globaler Renner: Bis zu 75 Prozent der Produktion werden nach Europa und in die USA exportiert. 12.000 erfolgreiche Schwangerschaften habe die Bank seit 1991 zu verzeichnen, versichtert Schou, der mit Cryos einen Jahresumsatz von zwei Millionen Euro macht. Doch die Zukunft sieht trübe aus: Das dänische Finanzamt hat beschlossen, dass die Spender auch die Einkünfte aus ihren Spermagaben versteuern müssen. Eine Entscheidung, die noch vom Parlament bestätigt werden muss, die aber schon heute gewohnheitsmäßige Spender verschreckt.
Deren Namenlosigkeit trage mit zum Erfolg der Firma bei, meint Schou. "Dänemark gehört zu den wenigen Ländern, die die völlige Anonymität garantieren." Weiterer Trumpf der Cryos-Produktion sei "die Sicherheit und unsere Konservierungs-Technik, die unseren Kunden mit Blick auf ansteckende Krankheiten oder Erbschäden großes Vertrauen geben". Und so seien sogar 40 Prozent der Frauen, die sich in dänischen Kliniken künstlich befruchten lassen, Ausländerinnen. Die meisten Männer, die Cryos ihren Samen verkaufen, sind Studenten, berichtet Schou in seinem Büro in Aarhus, wo freiliegende Deckenbalken eine rustikale Atmosphäre schaffen. Einzige Dekoration ist ein riesiges Gemälde von Samenzellen an der Wand. 25 bis 50 Männer kommen täglich in die drei Cryos-Filialen in Aarhus, Kopenhagen und Odense. 95 Prozent der Spender sind gebürtige Dänen. Sie kassieren je nach Qualität ihres Samens zwischen 200 und 400 Kronen (26 bis 53 Euro) pro Ejakulation.
Schluss mit der Freude über das "Taschengeld"?
Ein willkommenes Zubrot für Studenten, doch die Anonymität ist ihnen wichtig: Der 18 Jahre alte Gymnasiast Jan (Pseudonym), der vor einer der schalldichten Kabinen mit den bereitliegenden Pornoheften wartet, will eigenen Angaben zufolge eine gute Tat vollbringen: "Es gibt so viele unglückliche Paare, die keine Kinder haben, wenn ich in dieser Lage wäre, hätte ich auch gern, dass mir jemand hilft", sagt der schwarzhaarige Junge mit einem Ohrring im linken Ohr. Natürlich freut er sich auch über das "Taschengeld", aber seinen Namen will er auf keinen Fall sagen. "Nicht dass eines Tages eine Handvoll Kinder auftaucht und 'Hallo Papa' sagt."
Auch der 36 Jahre alte Mechaniker Michael (Pseudonym) will auf keinen Fall namentlich erfasst werden. "Sonst werde ich eines Tages von meiner Vergangenheit als Spender eingeholt". Angesichts dieses drohenden Verlustes seiner Lieferanten hat Ole Schou bereits einen Rettungsplan geschmiedet. Am 15. April eröffnet er eine Filiale in New York, einen Ausbau seines Netzwerkes in Richtung Europa, Afrika und Asien hält er für möglich. (tso/AFP)