Flixbus-Unglück wegen Sekundenschlaf?: Ruhezeiten werden laut Verdi oft nicht eingehalten
Nach dem Flixbus-Unfall auf der A9 weist Verdi auf prekäre Arbeitsbedingungen von Busfahrern hin. Das Unternehmen hat einen Marktanteil von 95 Prozent im deutschen Fernbusgeschäft.
Die Suche nach der Ursache des Busunglücks auf der Autobahn 9 bei Leipzig beschäftigte am Montag die Ermittlungsbehörden. Der 59-jährige Busfahrer konnte aufgrund seiner schweren Verletzungen noch nicht befragt werden. Die Autobahnpolizei hatte am Sonntagabend Mutmaßungen angestellt über einen so genannten Sekundenschlaf des Fahrers. Anhaltspunkte dafür hat die Polizei indes noch nicht mitgeteilt.
Der Flixbus war am frühen Sonntagabend auf der A 9 in Richtung München bei Bad Dürrenberg rechts von der Fahrbahn abgekommen und an der Böschung umgekippt. Eine Leitplanke bohrte sich durch die Windschutzscheibe. Eine Frau kam bei dem Unfall ums Leben. Neun Menschen wurden schwer, 63 Passagiere leicht verletzt. An Bord des Busses von Berlin nach München waren 75 Personen. Wie viele der Fahrgäste angeschnallt waren, konnte die Polizeisprecherin zunächst nicht sagen.
Flixbus ist mit Abstand größter Anbieter
Die Flixbus- Fahrer seien dazu angewiesen, vor Beginn einer Fahrt in mehreren Sprachen auf die gesetzliche Anschnallpflicht hinzuweisen, hieß es bei Flixbus. Welche Nationalität der Fahrer hat, blieb am Montag offen. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sind zunehmend ausländische Busunternehmen für Flixbus unterwegs.
Mit einem Marktanteil von gut 95 Prozent ist Flixbus hierzulande mit Abstand der größte Anbieter, gefolgt von Eurolines (drei Prozent), dem IC Bus (1,1 Prozent) sowie dem tschechischen Anbieter Student Agency/RegioJet mit knapp einem Prozent. Flixbus arbeitet nach eigenen Angaben mit rund 300 regionalen Busunternehmen in Europa und in den USA zusammen. Hierzulande gab es Ende vergangenen Jahres 287 Fernbuslinien, eine der am häufigsten befahrenen Strecken ist Berlin-München. Die Zahl der Linien als auch der Fahrten erreichte den höchsten Stand seit zwei Jahren.
Wettbewerbsdruck sei enorm, Bezahlung schlecht und Verträge befristet
Nach Einschätzung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi setzt Flixbus zunehmend Busunternehmen aus dem ost- und südeuropäischen Ausland ein. Der Wettbewerbsdruck sei enorm, die Bezahlung schlecht und die Verträge häufig befristet, sodass es immer schwieriger sei, Busunternehmen und Busfahrer hierzulande zu finden. Nach Angaben von Verdi überprüfen das Bundesamt für Güterverkehr und die Polizei, ob die Busfahrer Lenk- und Ruhezeiten einhalten. Die Fahrzeit darf am Tag neun Stunden nicht übersteigen, nach 4,5 Stunden muss es eine 45-minütige Pause geben. An maximal zwei Tagen in der Woche darf der Fahrer zehn Stunden am Steuer sitzen.
Nach Angaben von Flixbus gibt es jeden Monat „rund 500 Sicherheitskontrollen vom Tüv Süd Auto Plus, um die Einhaltung der hohen Standards bei Flixbus zu gewährleisten“. Dazu würden „Scheinwerfer und Beleuchtung, Windschutzscheiben und Rückspiegel sowie die Verfügbarkeit von Feuerlöschern und Notfallhämmern“ kontrolliert, teilte Flixbus mit.
Rund 23 Millionen Passagiere fahren jedes Jahr mit einem Fernbus
Über die Anzahl ausländischer Busunternehmen, die für Flixbus fahren, gab es keine Angaben. Auch zur Zahl der Beanstandungen bei Kontrollen äußerte sich das in München ansässige Unternehmen nicht. Verdi zufolge werden bei elf bis 50 Prozent der Kontrollen Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten festgestellt. Durch Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen können die Fahrer bis zu 56 Stunden die Woche hinterm Steuer sitzen. Wer maximal eine Stunde gegen die vorgeschriebenen Zeiten verstößt, der muss ein Bußgeld von 30 Euro zahlen.
Nach Erhebungen des Berliner Iges Instituts, das sich mit Mobilitätsthemen befasst, fahren hierzulande rund 23 Millionen Passagiere jedes Jahr mit einem Fernbus. Seit 2015 sei diese Zahl annähernd konstant. Der Bus ist vergleichsweise günstig, blieb zuletzt aber hinter den Wachstumszahlen der Bahn zurück.
Der Markt für Fernbusse war 2013 geöffnet worden. Diverse Anbieter haben sich inzwischen wieder zurückgezogen, sodass Flixbus eine überragende Stellung hat. Trotz des Quasi-Monopols hielten sich Preissteigerungen in Grenzen: Ende vergangenen Jahres lag der Normalpreis pro Fahrgast und Kilometer bei 10,7 Cent – das waren nur 0,7 Cent mehr als 2013. Zwischenzeitlich war der Preis sogar auf 9,3 Cent (Ende 2016) gefallen. Hier spiegelt sich die Marktentwicklung wider. Seit 2015 gab es Übernahmen, Betriebsschließungen und Insolvenzen.
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