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Abwärtstrend gebrochen? Mädchen beim öffentlichen Alkoholkonsum.
© picture-alliance/ dpa

Drogenbericht: Rauchen ist out, aber Alkohol?

Der Drogenbericht der Bundesregierung sieht positive Tendenzen bei Jugendlichen. Die Älteren dagegen trinken mehr.

Das Rauchen kommt bei Jugendlichen immer mehr aus der Mode. Nur noch 11,7 Prozent der 12- bis 17-Jährigen griffen im vergangenen Jahr zum Glimmstängel. Ein „historischer Tiefstand“, wie die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), am Freitag stolz vermeldete. Vor zehn Jahren lag die Raucherquote unter Heranwachsenden mit 27,5 Prozent mehr als doppelt so hoch. Und der Anteil derer, die sich noch nie eine Zigarette angezündet haben, stieg von 40,5 auf 70,8 Prozent.

Der Alkohol- und Cannabis-Konsum durch Jugendliche sei ebenfalls „kontinuierlich zurückgegangen“, bilanzierte die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Elisabeth Pott, und sprach von einer „Trendumkehr“. Seit 2004 habe sich etwa die Quote derer, die sich jemals bekifft haben, mehr als halbiert – aktuell sind es 6,7 Prozent.

Regelmäßig, also mindestens einmal pro Woche, zum Alkohol greifen der Umfrage zufolge nur noch 14,2 Prozent der 12-bis 17-Jährigen. 2001 waren es knapp 18, im Jahr 2010 aber auch schon mal nur 12,9 Prozent. Das sogenannte Rauschtrinken, womit der Konsum von mindestens fünf Alkoholgetränken nacheinander gemeint ist, verliert bei Minderjährigen ebenfalls an Faszination. Gaben 2004 noch 22,6 Prozent an, sich im vergangenen Monat unter den Tisch getrunken zu haben, so waren es jetzt nur 15,2 Prozent. Das Durchschnittsalter des ersten Alkoholrausches stieg von 14,1 auf 14,5 Jahre.

Jedes Kind, das mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werde, sei eines zu viel, sagte Dyckmans. Über die Jahre betrachtet kämen jedoch immer weniger Jugendliche mit Suchtstoffen in Berührung. Dies, so befand die Drogenbeauftragte, sei „ein Zeichen, dass die vielfältigen Präventionsmaßnahmen greifen“.

"Ein erkennbares und tatsächlich etwas bewirkendes Konzept fehlt"

Allerdings tun sie das offenbar nicht bei jungen Erwachsenen. Ihr Alkohol- und Cannabiskonsum ist nicht nur über die Jahre beängstigend hoch geblieben. Er hat sich gegenüber 2010 sogar wieder gesteigert. Aktuell geben fast 40 Prozent der 18- bis 25-Jährigen an, regelmäßig zur Flasche zu greifen – das sind 5,3 Prozent mehr als im Vorjahr und genauso viele wie vor zehn Jahren. Und der Anteil derer, die sich bereits mit Joints benebelt haben, stieg innerhalb eines Jahres wieder von 35 auf mehr als 39 Prozent. Er liegt damit aktuell nur um knapp vier Punkte unter dem Spitzenwert des Jahres 2004. Auch beim Rauschtrinken legten die jungen Erwachsenen wieder zu. 41,9 Prozent besaufen sich der aktuellen BZgA-Umfrage zufolge mindestens einmal pro Monat. Jeder achte praktiziert dies wöchentlich oder sogar noch öfter. Lediglich beim Tabakkonsum mäßigen sich die 18-bis 25-Jährigen stärker als früher. Die Quote der Raucher sank seit 2001 von 44,5 auf 36,8 Prozent, die der Niemals-Raucher erhöhte sich um 4,5 Punkte auf 27,6 Prozent.

Letzteres zeige, dass die aufwendigen Nichraucherkampagnen nun auch bei den Älteren Erfolge zeitigten, sagte Dyckmans. Die Regierung habe sich bislang vor allem der Überzeugungsarbeit bei Kindern und Jugendlichen gewidmet. Nun müsse man noch stärker versuchen, junge Erwachsene zu erreichen – in den Betrieben, Universitäten, der Partyszene. Ein Schwerpunkt für die Bundeszentrale werde künftig bei der Alkoholprävention liegen, kündigte Direktorin Pott an. Insbesondere bei jungen Männern sei das Konsumverhalten riskant.

Die Grünen werteten die aktuellen Umfragezahlen als Beleg für „die weitgehende Wirkungslosigkeit der Drogenprävention der Bundesregierung“. Abgesehen vom seit zehn Jahren rückläufigen Tabakkonsum sei „kein Trend erkennbar, der nicht durch kulturell und demographisch bedingte Schwankungen erklärbar wäre“, sagte ihr Drogenexperte Harald Terpe. Es stelle sich „die Frage, ob die von Dyckmans öffentlichkeitswirksam vermarkteten Plakatkampagnen, Selbstverpflichtungen und Verbotsforderungen irgendeinen Einfluss auf die Konsumgewohnheiten Jugendlicher haben“. Dyckmans sei nun seit mehr als zwei Jahren im Amt. Die mehrfach angekündigte Fortschreibung des Aktionsplans Drogen und Sucht liege aber immer noch nicht vor. „Ein erkennbares und tatsächlich etwas bewirkendes Konzept fehlt“, sagte Terpe. Nun müsse die Drogenbeauftragte selber „auf den Prüfstand“.

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