Bushido provoziert mal wieder: Rapperkrieg reloaded
Kaum hat das Strafgericht sein Verfahren eingestellt, legt Bushido ein neues Video vor, in dem er den Tod eines Kontrahenten inszeniert - und landet damit einen Riesenhit im Internet. Konsequenzen muss er aber wahrscheinlich nicht fürchten.
Berlin - Am Ende hört man das Klicken der Waffe, dann einen Schuss, dann – Abspann. Das Opfer, dessen Erschießung nur angedeutet wird, muss sich vorher mit einem Sack über dem Kopf vor seinen Richter knien, dieser Richter ist Bushido, später hält es eine „Bild“-Zeitung in der Hand, ähnlich wie Hanns-Martin Schleyer vor seiner Ermordung durch die RAF anno 1977. Bushido wurde 1978 geboren.
Nur einen Tag, nachdem das Strafgericht ihn wieder einmal hat davonkommen lassen, legt der 35-Jährige eine weitere Provokation nach. Für sein Hasslied „Stress ohne Grund“, in dem er wüste Beschimpfungen gegenüber Klaus Wowereit und Claudia Roth ausstieß, war Bushido zwar angeklagt worden, das Gericht hatte eine Verurteilung aber nicht für wahrscheinlich gehalten und deswegen beschlossen, das Hauptverfahren gar nicht erst zu eröffnen. Das wurde Donnerstag bekannt.
Bushidos Video ist zum Internet-Hit geworden
Seit Freitag steht nun das neue Video im Internet, es heißt „Leben und Tod des Kenneth Glöckler“ und dauert 11 Minuten und 24 Sekunden. Am ersten Tag wurde es mehr als eine Million Mal aufgerufen. Kenneth Glöckler, das ist der Rapper Kay One, der in Bushidos Clique erst aufgenommen wurde, sich von dessen Label aber betrogen fühlte und sich von seinem Förderer lossagte. Jetzt lebt er unter Polizeischutz, da er sich von Bushido und seinem Clan bedroht fühlt.
Bushido inszeniert Tod von Kay One
Das Video beginnt wie ein Krimi, in düsteren Farben, mit düsteren Gestalten. Eine junge Frau, vermutlich Hure lockt einen jungen Mann mit Babyface ins Hotelzimmer. Sie schaltet den Fernseher ein und es erscheint Bushido, der mit dem Jüngling abrechnet. Er rekapituliert noch einmal die gemeinsame Geschichte mit seinem „Blutsbruder“, er lässt nichts aus – nicht die Vorwürfe, dass er „angeblich Sklave der Familie Abou-Chaker“ sei, nicht das Beziehungsgeflecht, das ihn umgibt und das in den Sätzen mündet: „Arafat war so etwas wie dein Vater“ und „Du hast vergessen, wo du herkommst“. Es geht darum wie er, Bushido, den jungen Mann aus Ravensburg groß und berühmt machte und wie der schließlich „undankbar“ wurde. Es kam zum Bruch. Seitdem liefern sich die beiden einen erbitterten Kampf, auch Kay One hat schon einen Beleidigungssong gemacht.
Allein der Zeitpunkt der Veröffentlichung könnte als Provokation gesehen werden – wie eine Verhöhnung der Justiz. Das Video sei für diesen Tag schon seit langem angekündigt gewesen, sagte Bushidos Verteidiger Stefan Conen dem Tagesspiegel dazu. Es gebe hier „keine Kausalitäten“. In der Tat kündigt Bushido seit Wochen auf seiner Facebook-Seite an, den Clip am 22. November zu veröffentlichen. In der ebenfalls über zehnminütigen Videobotschaft erläutert Bushido seine Motive. Dass er sich beleidigt fühle durch die Äußerungen des Anderen, dass das Fass nun übergelaufen sei. Aber er bittet seinen Kontrahenten auch, das Video und den Song als Kunstwerk zu betrachten, das mehr dürfe als das, womit Bushido normalerweise seine Medienanwältin Julia Bezzenberger beauftragt („die hat das im Griff, die ist stabil“). Es gehe ums „Dissen“, um die kunstvolle Beleidigung, ein Ausdrucksmittel des Rap, dessentwegen nicht gleich Advokaten eingeschaltet werden müssten.
Keine strafrechtlichen Konsequenzen
Strafrechtlich dürfte das Video keine weiteren Konsequenzen haben – auch wenn als Aufruf verstanden werden könnte auszuführen, was in der Fantasiewelt des so genannten „Diss Tracks“ mit Kenneth Glöckler angestellt wird. Allerdings gibt es wesentlich krassere Fälle als Bushidos neues Video, und selbst eindeutige Hinrichtungsszenen oder Ankündigungen von Gewalttaten nimmt in der Rap-Szene niemand für bare Münze.
Und das Bundesverfassungsgericht hat die Schutzwürdigkeit der Kunst immer wieder bestätigt. Mehr als die vielen Worte, die Bushido macht, ist die ästhetische Wucht seiner Video-Inszenierung ein Angriff. Dieses Feuerwerk an Ideen, an Gangster-Klischees und Männlichkeitsmythen, ist schwer zu überbieten. Und darum geht es, dem Gegner zu zeigen: An mich reichst du nicht heran.
Den Maßstab dafür haben die Gangster-Rapper aus den USA gesetzt, deren Fehden sich ebenfalls in opulenten Selbstinszenierungen als gerechte Rächer niederschlugen. Die waren zuvor wirklich Verbrecher gewesen, und zu Rappern geworden, weil sich mit Musik mehr Geld verdienen ließ als mit Drogen. Es waren dann Leute aus ihrem Umfeld, die zur Waffe griffen.
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