Oury Jalloh: Prozess um Feuertod: Angeklagter schweigt
Was passierte am 7. Januar 2005 in einer Zelle des Polizeireviers Dessau? Bis heute ist der Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh nicht geklärt. Das Landgericht Magdeburg unternimmt einen neuen Versuch.
Im neuen Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle schweigt der Angeklagte. Sein Mandant wolle sich nicht zu den Vorwürfen äußern, sagte der Verteidiger des 50-jährigen Polizisten, Attila Teuchter, am Mittwoch am Landgericht Magdeburg. Demonstranten forderte vor dem Gerichtsgebäude die Aufklärung der Todesumstände. Familienmitglieder von Jalloh treten in dem Prozess als Nebenkläger auf.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten Körperverletzung mit Todesfolge vor. Jalloh war am 7. Januar 2005 bei einem Brand in einer Ausnüchterungszelle qualvoll gestorben. Der Polizist soll den Feueralarm im Polizeirevier mehrmals ignoriert und viel zu spät reagiert haben. Das Landgericht Dessau hatte den Mann im Dezember 2008 in einem ersten Prozess freigesprochen. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil aber im Januar 2010 wieder auf, weil es aus Sicht der Karlsruher Richter erhebliche Lücken aufwies.
Jalloh war in der Polizeizelle untergebracht worden, weil er im betrunkenen Zustand mehrere Frauen belästigt haben soll. Zwei von ihnen sollten am Mittwochnachmittag als Zeuginnen befragt werden. Aus Sicht der Ermittler hatte der Mann aus Sierra Leone das Feuer mit einem Feuerzeug selbst entfacht. Er war zu dem Zeitpunkt an Händen und Füßen gefesselt. Jalloh erlitt einen Hitzeschock wegen der extrem heißen Brandgase, wie ein Gutachter im ersten Prozess am Landgericht Dessau-Roßlau feststellte.
Verteidiger Teuchter sagte, sein Mandant habe seine Sicht auf das Geschehen vor sechs Jahren dem Gericht in einer schriftlichen Erklärung geschildert. Darin mache er deutlich, dass nach dieser Zeit nicht mehr alle Erinnerungen klar seien. Der Angeklagte habe zwei schwere Krankheiten durchgemacht. "Er ist psychisch noch nicht in der Lage, das Ganze zu verarbeiten", sagte Teuchter. Wegen des schlechten Gesundheitszustandes des Angeklagten hatte sich das neue Verfahren verzögert.
Die Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh beklagte, dass Beweismaterial und Videoaufzeichnungen aus der Zelle bisher nicht vor Gericht gezeigt worden seien. Da die Anklage in Magdeburg der Anklage in Dessau-Roßlau entspreche, sei kaum ein anderes Urteil zu erwarten.
Man fordere Aufklärung über die Geschehnisse vor dem Ausbruch des Feuers, sagte Marc Bellinghausen von der Initiative. "In Dessau ist eineinhalb Jahre nur darüber gesprochen worden, was danach passiert ist." (dpa)
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