Reaktionen in Frankreichs Hauptstadt: „Oh mein Gott, eine Katastrophe“
Eine Stadt unter Schock: Notre-Dame in Flammen. Wie erleben die Menschen in Paris den verheerenden Brand des Wahrzeichens?
Schon von weitem sind die Flammen zu sehen. Tausende von Menschen stehen still, schockiert, viele von ihnen fotografieren. Touristen aus aller Welt und Einheimische, die hierhergekommen sind, rufen fassungslos in den verschiedensten Sprachen. „Oh mein Gott, eine Katastrophe.“ Vielen stehen die Tränen in den Augen. Notre Dame brennt. Ein schockierter Zuschauer sagt: „Ich hoffe, eines Tages werden wir die Kathedrale wieder restauriert sehen können.“
Das Herz von Paris steht in Flammen. Weiträumig ist das gesamte Gebiet an beiden Flussufern der Seine abgesperrt. Die Menschen im Viertel rund um die Kathedrale werden in Sicherheit gebracht, ein weiträumiges Gebiet ist evakuiert. Es soll keine Verletzte gegeben haben.
Die Polizisten versuchen die Menschen beiseite zu schieben, damit die Feuerwehrwagen heranfahren können. Doch die Massen weichen nicht zur Seite.
„Es ist ein Schock für Paris“
Die Flammen stechen rot und orange in den Himmel und sind weit über der Stadt zu sehen. Gegen 18.50 Uhr soll das Feuer ausgebrochen sein und eine Stunde später steht schon der ganze hintere Teil des Daches in Flammen. Einige Journalisten werden noch bis direkt vor die Kirche gelassen, dann wird alles dicht gemacht. Auf dem Platz vor der Kathedrale sieht man das Feuer schon durch die Fenster der beiden Türme der Kathedrale leuchten.
Im hinteren Teil ist die 93 Meter hohe Spitze komplett eingestürzt, das ganze Dach steht am Abend in Flammen. Ein Polizist und ein anderer Sicherheitsbeamter diskutieren: „Wir werden vielleicht zwei Tage brauchen, um das Feuer zu löschen“, sagt der eine. „Die Massen von Blei im Dach verhindern die schnellen Löscharbeiten. Deshalb glüht das Feuer teilweise auch leuchtend rot.“
Hunderte von Polizei- und Feuerwehrwagen stehen rund um die Kathedrale. Über lange Leitern wird Wasser in das Kirchenschiff gesprüht. Doch die Leitern sind nicht lang genug, um das Feuer auf dem Dach zu erreichen. Hubschrauber fliegen über die Kathedrale, um das Ausmaß des Feuers abzuschätzen.
Drohnen fliegen über das Kirchenschiff und das Feuer hinweg. In vielen Augen sieht man Tränen. Bürgermeisterin Anne Hidalgo steht schockiert vor der Kirche und sagt: „Ein Teil stammt aus dem 13. Jahrhundert. Es ist ein Schock für Paris. Wir versuchen aus der Kirche zu retten, was an Kunstwerken zu retten ist.“
„Notre Dame steht in Flammen. Eine ganze Nation fühlt mit“
Patrick Chauvet, der Rektor der Kathedrale, spricht ganz leise, bewegt, kann seine Tränen kaum zurückhalten: „Dreimal am Tag haben wir die Bauarbeiten kontrolliert. Es schien alles in Ordnung zu sein.“
Der genaue Grund für das Feuer ist noch nicht bekannt. Es soll aber in demjenigen Teil des Daches ausgebrochen sein, wo gerade die Bauarbeiten stattfinden. Die Ermittlungen laufen. Präsident Emmanuel Macron besuchte am Abend den Ort der Katastrophe. Er hatte seine Ansprache an das Volk nach der Großen Debatte verschoben, die abends im Fernsehen geplant war. Er betonte: „Notre Dame steht in Flammen. Eine ganze Nation fühlt mit.“ Wie alle Franzosen sei er an diesem Abend traurig, „diesen Teil von uns brennen zu sehen“. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sprach auf Twitter von einem „fürchterlichen Brand“.
Die weltberühmte Kathedrale hat die Wirren und Zerstörungen der Französischen Revolution überstanden, und auch die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts. Ihre Glocken läuteten am 25.August 1944 die Befreiung von den Nazis ein. Nun ist offen, wie viel die Flammen von dem Denkmal übrig lassen.
Witterung und Luftverschmutzung haben dem Baudenkmal über die Jahre schwer zugesetzt. Erst 2012 wurde die Kathedrale zur 850-Jahr-Feier ihres Bestehens restauriert. An vielen Stellen bröckelte aber zuletzt die Bausubstanz – und das vom Staat bereitgestellte Unterhaltsbudget reichte nicht für eine umfassende Sanierung. Deshalb war vor einiger Zeit eine Spendenaktion auf den Weg gebracht worden, um die Instandsetzung zu finanzieren.
Bis zu 14 Millionen Besucher bewundern jedes Jahr die Türme und Glocken, Wasserspeier, Fenster und Rosetten. Nun geht alles in Flammen auf, was seit dem 12. Jahrhundert so aufwändig entstanden ist.