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Einschusslöcher auf dem Schild des Albert-Nationalparks, des früheren Namen des Virunga-Nationalparks.
© Jürgen Bätz/dpa

Nationalpark im Kongo: Naturschutz mit der Panzerfaust

Die Ranger im Virunga-Nationalpark kämpfen gegen Milizen und Wilderer. Es ist einer der gefährlichsten Berufe Afrikas.

Der Job der Ranger im Virunga-Nationalpark gilt als einer der gefährlichsten Berufe Afrikas. Für den Schutz der einzigartigen Naturlandschaft im Ostkongo und ihrer vom Aussterben bedrohten Berggorillas haben in den vergangen zehn Jahren bereits 150 Ranger ihr Leben gelassen. „Virunga ist einer der Orte auf der Welt mit der größten Artenvielfalt, aber der Park liegt in einer der ärmsten und instabilsten Regionen des Planeten“, sagt der stellvertretende Parkdirektor Innocent Mburanumwe. „Momentan haben wir noch viele Probleme mit bewaffneten Gruppen.“
Zahlreiche Milizen wollen hier vom Reichtum der Natur und den Bodenschätzen der Region profitieren. Die Kalaschnikow gehört daher zur Grundausstattung der Naturschützer. „Für Patrouillen in gefährlichen Gebieten haben wir Panzerfäuste“, sagt Ranger André Bauma am Sitz der Parkverwaltung im Ort Rumangabo, knapp eineinhalb Stunden Autofahrt nördlich der Stadt Goma. „Ich habe keine Angst: Ich liebe die Natur und den Naturschutz“, sagt Bauma. „Ich bin stolz auf meine Arbeit.“

Wilderer sind in der Region ein großes Problem

Die Ranger bekommen vom maroden kongolesischen Staat ein Monatsgehalt von 35 US-Dollar, der Park legt aus Spenden finanziert noch einmal 165 Dollar drauf. Gemessen an den Gefahren ein geringer Lohn für die 600 Ranger. Nicht nur die verschiedenen Miliz-Gruppen sind hier aktiv, besonders Wilderer sind ein großes Problem, die es vor allem auf Elefanten und Schimpansen im Zentrum des Parks abgesehen haben. „Die Ranger sehen sich mit einem rasch ansteigenden Gewaltniveau“ konfrontiert, erklärt der aus Belgien stammende Parkdirektor Emmanuel de Merode. Angesichts zunehmend schwerer Angriffe rund um die Stadt Beni im Norden des Parks warnte der Provinzgouverneur von Nord-Kivu, Julien Paluku Kahongya, im Juni sogar vor einem „neuen Krieg“.

Der Virunga-Nationalpark zählt zum Unesco-Weltkulturerbe und ist mit einer Fläche von rund 7800 Quadratkilometern etwa neun Mal so groß wie Berlin. Im Norden an der Grenze zu Uganda thronen die Gletscher der über 5000 Meter hohen Rwenzori-Berge, im Zentrum tummeln sich hunderte Elefanten in der Savanne, darauf folgt weiter südlich dichter, saftgrüner Regenwald, im Süden schließlich brodelt im Krater des Vulkans Nyiragongo der größte permanente Lavasee der Welt. Und dann leben im Südosten noch die majestätischen Berggorillas.

Das Schicksal des Parks steht und fällt mit dem Wohl der Gorillas

Mit rund 200 Tieren lebt dort knapp ein Viertel aller Berggorillas weltweit. Die übrigen verteilen sich auf das Hochland in den Nachbarländern Uganda und Ruanda. Neben den Wanderungen auf den Vulkan Nyiragongo sind die Touren zu den Menschenaffen für den Park die wichtigste Einnahmequelle. Touristen, die sich nicht vom schlechten Image des Kongos abschrecken lassen, können für etwa 400 Dollar (370 Euro) einen Tagesausflug machen und die Tiere beobachten. Der Gorilla-Sektor bei Goma gilt als sicher. Im stabilen Nachbarland Ruanda kostet ein Ausflug zu den Berggorillas mit 1500 US-Dollar deutlich mehr. 1994 flohen in Folge des Völkermordes in Ruanda rund eine Million Menschen in das Parkgebiet. Die folgenden Kriegswirren leisteten Wilderern Vorschub, über 90 Prozent der Elefanten wurden nach Park-Angaben getötet.
Das Schicksal des Parks steht und fällt mit dem Wohl seines Wappentiers. 2007 wurden neun der Menschenaffen ermordet. Das Kalkül der Täter: Ohne die Affen bricht die Park-Struktur in sich zusammen, dann könnten sie die Wälder für die Produktion von Holzkohle roden können. „Das war eine schrecklich dunkle Zeit für den Virunga“, erklärt die Parkverwaltung. Doch das Massaker bewirkte das Gegenteil: De Merode wurde als Direktor eingestellt und griff durch. Neue Spenden gaben ihm Rückhalt – unter anderem von Howard Buffet, Sohn des US-Multimilliardärs Warren Buffet. Dessen Stiftung zahlte für die Anstellung von 200 neuen Rangern.

Der Park kann nur mit der Akzeptanz der Anwohner bestehen

2013 dann der wieder ein Rückschlag: Die Rebellengruppe M23 hatte die gesamte Provinz überrannt, die Ranger waren eingekesselt. „Wir hatten Angst, dass die Rebellen den Hauptsitz des Parks besetzen würden“, erinnert sich Ranger Bauma. „Aber sie haben verstanden, dass wir unpolitisch sind.“ Also ließen sie die Ranger in Ruhe. Die größte Herausforderung für den Park sind hunderttausende Anwohner, die in Armut leben. „Viele junge Männer sehen es als einzigen Weg aus der Armut, sich einer Miliz anzuschließen“, sagt de Merode. Zudem schützt der Park etwa 5000 Quadratkilometer fruchtbares Land, das den armen Anwohnern kein Einkommen bringt – sie dürfen dort kein Holz schlagen, nichts pflanzen. Der Park fördert mit Spendengeldern unter anderem den Bau von Schulen und Gesundheitsstationen sowie Projekte der Landwirtschaft und der Fischerei. Die Buffet-Stiftung finanziert zudem den Bau von Wasserkraftanlagen, die zehntausende Anwohner mit Strom versorgen. Von der Regierung erwartet hier kaum jemand Hilfe. Der Park müsse neben dem Naturschutz auch helfen, die Region zu entwickeln, erklärt de Merode. „Der Park kann nur Überleben, wenn Anwohner beginnen, den Park als Vorteil zu sehen und nicht als Verbot.“

dpa

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