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Rauchen auf dem Balkon: Ein gutes Recht oder untersagt, wenn sich die Nachbarn beschweren?
© dpa
Update

Bundesgerichtshof: Nachbarn kann Rauchen auf Balkon zeitweise verboten werden

Unten rauchen die Nachbarn auf dem Balkon, oben stören sich zwei Nichtraucher am Qualm. Müssen sie den Rauch dulden? Nicht unbedingt, sagt der Bundesgerichtshof.

Ständiges Rauchen auf dem Balkon kann von benachbarten Mitbewohnern zumindest während bestimmter Zeiten untersagt werden. Dieses Urteil hat am Freitag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verkündet. Ein Rauchverbot setzt allerdings voraus, dass die Geruchsbelästigung durch Tabakrauch gravierend oder aber gesundheitsschädigend ist.

Das Urteil erging in einem Streit zwischen Mietern, die in Rathenow übereinander wohnen. Zwischen den Balkonen der Parteien besteht ein Höhenunterschied von drei Metern. Die oben wohnenden Nachbarn behaupten, dass das Raucherehepaar unter ihnen täglich 25 Zigaretten auf dem Balkon konsumiert. Die Raucher geben dagegen eine bis zwölf Zigaretten an. Die Nichtraucher verlangen, dass während neun Stunden am Tag nicht auf dem Balkon geraucht wird, scheiterten bislang aber in den Vorinstanzen. Allerdings gingen die Richter nicht vor Ort und hatten auch keinen Sachverständigen zu Rate gezogen.

Keine allgemeingültigen Verbote beschlossen

Das muss nun nachgeholt werden, wie der BGH entschied. Stellen die Richter eine mehr als geringfügige Geruchsbelästigung oder gar eine gesundheitsschädliche Konzentration fest, ist ein zeitweiliges Rauchverbot durchsetzbar. Wann es gilt, ließen die BGH-Richter ausdrücklich offen. „Das können wir nicht festlegen“, sagte die Vorsitzende Christine Stresemann. Das hänge von den Arbeitszeiten und Lebensgewohnheiten ab und müsse von den Instanzen im Einzelfall entschieden werden.

In ihrer Urteilsbegründung sagte Stresemann weiter, das Recht von Nichtrauchern und Rauchern auf ihre Lebensführung müsse zu einem Ausgleich gebracht werden, das könne wohl nur über ein Zeitmodell geschehen.

Welch erbitterte Auseinandersetzungen zwischen den Rauchern und Nichtrauchern bereits geführt wurden, machte die mündliche Verhandlung deutlich. Die Nichtraucher hatten über Wochen den Aschenbecher auf dem unteren Balkon fotografiert, um den hohen Zigarettenkonsum zu beweisen. „Wir haben hier eine wochenlange permanente Überwachung“, sagte der Anwalt der Raucher, Siegfried Mennemeyer. Der Anwalt der Gegenseite, Arn Osterloh, verwies dagegen auf die Gesundheitsschäden durch Passivrauchen.

Was ist eine "wesentliche Beeinträchtigung

Der BGH sah in der Kontrolle des Rauchverhaltens keine neue Dimension. Auch wer gegen Ruhestörung vorgehe, müsse benennen, wann und wie oft die Nachbarn zu laut seien. Die Vorsitzende Stresemann wörtlich: „Das ist auch sonst so.“

Bald muss sich der BGH erneut mit dem Rauchen befassen, allerdings in der Wohnung.  Der Fall des bundesweit bekannten Rauchers Friedhelm Adolfs wird den BGH bald beschäftigen. Ausgerechnet am Aschermittwoch wird der Mietsenat des BGH in letzter Instanz verhandeln. Hier geht es allerdings um die Räumungsklage der Vermieterin aufgrund von Rauchbelästigungen im Treppenhaus. Das aktuelle Urteil zum Rauchen auf dem Balkon geht dagegen weiter. Denn ob die Raucher Mieter sind oder Eigentümer spielt für ein temporäres Rauchverbot keine Rolle. Maßgeblich ist vielmehr die die Belästigung der Nachbarn. Steigt ihm zu oft und zu viel Rauch in die Nase, wird er künftig dagegen einschreiten können. (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof V ZR 110/14).

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