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Gleich mit ihrer ersten Filmrolle hat Lupita Nyong'o auch einen Oscar gewonnen. Die kenianische Schauspielerin konnte es kaum fassen.
© Reuters
Update

Oscar 2014: Lupita Nyong'o wird für ihr Schauspiel und ihren Stil gefeiert

Die 30-jährige Kenianerin Lupita Nyong'o hat mit ihrer ersten Filmrolle in "12 Years a Slave" den Durchbruch in Hollywood geschafft - und auch gleich einen Oscar gewonnen. Davor hat sie einen Dokumentarfilm gedreht, und eine Seifenoper in ihrer Heimat.

Mit ihrer ersten Filmrolle hat die kenianische Schauspielerin Lupita Nyong'o auch gleich einen Oscar gewonnen. Für ihre Rolle als Patsey in Steve McQueens Film "12 years a slave", der auch als bester Film ausgezeichnet wurde, hat sie in der Nacht zum Montag den Oscar für die beste Nebendarstellerin bekommen. In ihrer emotionalen Dankesrede sagte sie: "Ich vergesse nicht für einen Moment, dass ich für dieses große Glück in meinem Leben, dem Leid und dem Schmerz im Leben eines anderen Menschen zu danken habe." Sie wolle dem "Geist von Patsey für ihre Führung" danken, fuhr sie fort. Weiter dankte sie Salomon Northrup, auf dessen Lebensgeschichte der Film beruht, denn er habe Patseys Geschichte und seine eigene erzählt. Nach den Toten dankte sie vor allem dem lebenden Regisseur Steve McQueen, der sich für sie entschieden hatte, obwohl sie noch nicht einmal ganz mit ihrer Schauspielausbildung auf der Yale Drama School fertig gewesen war. Auch für Chiwetel Ejiofor, den Hauptdarsteller, hatte sie warme Worte. Er sei "furchtlos" gewesen, sich in die Rolle von Salomon zu versenken, sagte sie. Und Michael Fassbender, der im Film den sadistischen Plantagenbesitzer gespielt hat, er sei "mein Fels" gewesen. Am Ende sagte Lupita Nyong'o: "Wenn ich auf diese kleine goldene Statue blicke, soll sie mich daran erinnern, dass die Träume eines jeden Kindes, egal wo sie herkommen, wertvoll sind."

Patsey ist die geplagte Seele aus dem Sklaven-Drama „12 Years a Slave“. Ihre Rolle ist bedrückend; sie wird auf der Leinwand gequält, vergewaltigt, geschlagen und geschunden, und doch schafft es die Schauspielerin Lupita Nyong’o, dieser Figur ihre Würde zu bewahren. Und auf dem Roten Teppich ist Lupita Nyong’o weit entfernt davon, ein Opfer zu sein. Die 30-jährige Kenianerin, die für ihre erste Rolle in einem Kinofilm für 76 Auszeichnungen nominiert wurde, wird von der Modepresse hymnisch gefeiert. Sie war in einem Dutzend Talkshows, auf Titelseiten von Modemagazinen und ist aktuell das Gesicht der Modemarke Miu Miu. Überall macht Lupita Nyong’o eine gute Figur.

Schwarze Models verschwinden von den Laufstegen

In einer Zeit, in der die Edelmodehäuser schwarze Models zugunsten von weißen oder asiatischen Models aussortieren, um den Geschmack der russischen oder chinesischen Oberklasse zu treffen, reißen sich die Modemacher, Lupita Nyong'o einkleiden zu dürfen. Zwar ist sie durchaus geschmackssicher und sagte der Internetzeitung "The Daily Beast": "Ich mag es, Dinge zu tragen. Ich mag keine Sachen, die mich tragen." Sie trägt ihre Haare kurz, und es sind ihre eigenen Haare. Auf die kunstvollen, aber auch schmerzhaften, Haarkreationen, die die Frauen in Nairobi auf ihren Köpfen tragen, hat sie keine Lust. Sie hat aber auch schnell erkannt, dass sie für die Oscar-Saison Hilfe braucht. Micaela Erlinger, die auch Michelle Dockery, den Star der Fernsehserie Downtown Abbey für den Roten Teppich einkleidet, hat Lupita Nyong'o unter ihre Fittiche genommen - und ein gutes Händchen bewiesen.

Noch bevor Lupita Nyong’o ihre Schauspielausbildung in Yale abgeschlossen hatte, bot ihr der Regisseur und Künstler Steve McQueen die Rolle der Patsey in seinem Film an. Sie spielt an der Seite von McQueens Lieblingsschauspieler Michael Fassbender, der den sadistischen Sklavenhalter Edwin Epps verkörpert, und von Chiwetel Ejiofor, dem Hauptdarsteller in dem Drama um einen freien Schwarzen, der aus dem Norden der USA in die Sklaverei im Süden entführt wird. In einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender CNN sagte Nyong’o vor kurzem, es sei ein „Privileg“ gewesen, Patsey „ins Leben zurückzubringen“. Beim Spielen ihrer Rolle sei ihr jederzeit bewusst gewesen, dass „meine Unannehmlichkeiten und mein Unbehagen zeitlich begrenzt waren, aber ihre waren es nicht“, sagte sie dem Magazin „Vanity Fair“. Es war ihre Idee, die Patsey im Film Puppen aus Stroh herstellen zu lassen. Sie habe das Gefühl gehabt, dass Patsey um ihre Kindheit betrogen worden sei und in dieser Tätigkeit ihre Freiheit bewahren könne. Ihr Regisseur war begeistert – und die Filmkritiker auch.

Die Schauspielerin Lupita Nyong'o hat schon einen Dokumentarfilm gedreht

Beim „Golden Globe“ und den Britischen Baftas schnappte ihr jeweils Jennifer Lawrence die Trophäe für die beste Nebendarstellerin vor der Nase weg. Doch schon 36 Mal war sie erfolgreich, auch bei prestigeträchtigen Auszeichnungen, und auch für den Oscar für die beste Nebenrolle ist sie nominiert. Dass sie bei so viel Erfolg und der überwältigenden Aufmerksamkeit der Modepresse nicht abhebt, dürfte mit ihrer Herkunft zu tun haben. Und damit, dass Schauspielerin nicht Lupita Nyong’os erster Beruf ist, sondern ihre Berufung.
Noch während sie auf die Schauspielschule ging, hat sie in einer kenianischen Seifenoper mitgespielt. „Shuga“ lief zwei Staffeln lang und wurde vom UN-Kinderhilfswerk Unicef und der Gates-Stiftung finanziert. Der Zweck: Aids-Aufklärung. Tatsächlich erwies sich das Format als höchst unterhaltsam. Die von Lupita Nyong’o gespielte Ayira tanzt sich durch die Clubs in Nairobi und nimmt sich, was ihr gefällt. Damit konnten sich nicht nur in Kenia sondern auf dem gesamten Kontinent viele junge, moderne Frauen identifizieren.
Nahezu zeitgleich legte Lupita Nyong’o auch ihren ersten eigenen Dokumentarfilm vor: „In my Genes“. In mehreren Interviews beschrieb sie, wie fremd ihr die überragende Bedeutung ihrer Hautfarbe in den USA geblieben ist. Sie hat dort studiert, lebt weiterhin in Brooklyn, und auch ihr Vater hat schon in den USA studiert. Doch in Kenia ist Lupita Nyong’o vor allem eine schöne Frau, und sie gehört der Volksgruppe der Luo an – in Kenia ist das die entscheidende Differenz im gesellschaftlichen Gefüge. Hautfarbe ist für Schwarze in Kenia kein Thema, für Albinos aber schon. Also drehte die junge Regisseurin als Abschlussarbeit am College einen Dokumentarfilm über acht Kenianer, die deshalb diskriminiert werden, weil ihre Haut zu weiß ist.

Ihr Vater ist Politiker in Kenia - und nicht der einzige Prominente in der Familie

Die Themenwahl zeigt nicht nur, dass Lupita Nyong’o originelle Zugänge zu schwierigen Themen findet. Sie zeigt auch, dass sie aus einer prominenten Familie in Kenia stammt. Ihr Vater, Peter Anyang’ Nyong’o, gehört zu den Demokraten der ersten Stunde. Drei Jahre verbrachte er in Mexiko im Exil, nachdem sein Bruder unter ungeklärten Umständen verschwunden war. In dieser Zeit wurde Lupita als zweites von sechs Kindern geboren. Ein Jahr später kehrte ihr Vater zurück und begann als Professor für Politikwissenschaft an der Universität Nairobi zu arbeiten. Er bekämpfte das despotische Regime des früheren Präsidenten Daniel arap Moi, und gehörte den zwei ersten Regierungen der Nach-Moi-Zeit als Planungs- beziehungsweise Gesundheitsminister an. Seit dem vergangenen Jahr ist er Senator für die zweitgrößte kenianische Stadt Kisumu am Viktoriasee.

Ihre Mutter Dorothy Nyong’o leitet eine Krebsstiftung und eine Werbeagentur. Ihre Kusine Isis managet Mobil-Hightechfirmen und wurde vom „Forbes“-Magazin als eine der einflussreichsten Frauen Afrikas geehrt.

In ihrer Dankesrede für den Preis der Schauspielgewerkschaft SAG erzählte Lupita Nyong’o, was ihr Vater dazu sagte, nachdem sie ihm erzählt hatte, dass sie in einem Film mit Brad Pitt mitspielen würde. „Ich kenne ihn nicht persönlich. Aber ich freue mich, dass du einen Job hast“, habe er gesagt. „Und das tue ich auch“, fügte Lupita Nyong’o hinzu. Bei so viel Erdung sollten ihr alle Wege offen stehen. Als nächstes ist sie übrigens in einem Action-Film zu sehen. "Non Stop" ist an diesem Wochenende in den USA angelaufen. Es ist ein Flugzeug-Thriller mit Liam Neeson, Julianne Moore und Michelle Dockery.

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