40 Jahre nach Entführung: Lufthansa-Maschine "Landshut" kehrt nach Deutschland zurück
Ihre Entführung im "Deutschen Herbst" 1977 machte sie weltberühmt. In Brasilien drohte der Lufthansa-Maschine „Landshut“ die Schrottpresse. Nun kommt sie ins Museum.
Fünf Tage voller Angst und Dramatik: Terroristen entführen die Lufthansa-Maschine „Landshut“. Im südjemenitischen Aden erschießen sie den Flugkapitän Jürgen Schumann. In Mogadischu stürmt die Spezialeinheit GSG 9 am 18. Oktober 1977 die Maschine und befreit die 91 Geiseln; drei Entführer werden getötet. Die „Landshut“ wird zu einem Symbol des Kampfes gegen den Terrorismus. Doch Jahre später lässt man die wohl berühmteste Maschine der Lufthansa auf einem Flugzeug-Friedhof im brasilianischen Fortaleza verrotten. Nun kommt die Boeing 737 zurück nach Deutschland - in Einzelteilen im Bauch einer ukrainischen Antonow 124.
Am Samstag um 9.00 Uhr soll das größte Frachtflugzeug der Welt auf dem Bodensee-Airport in Friedrichshafen landen. Bis zu 5000 Schaulustige könnten das Spektakel von der Terrasse des nahegelegenen Dornier Museums aus beobachten, sagt dessen Pressebeauftragter Joachim Umbach. „Wir feiern das mit einem Tag der offenen Tür und unter dem Motto „Landshut - Willkommen zu Hause“.“ Auf Bildschirmen im Museum soll das Ausladen der „Landshut“-Tragflächen und -Turbinen aus der Antonow 124 übertragen werden. Weitere Teile bringt eine Transportmaschine, die gegen Mittag erwartet wird.
Bewegende Momente könnte es geben, wenn damals Beteiligte auf der Bühne des Museums vom dramatischen Geschehen in den fünf Tagen der Angst berichten. Unter ihnen ist der damalige Co-Pilot Jürgen Vietor. Er musste die „Landshut“ nach Somalia mitfliegen, nachdem der Kapitän im Jemen erschossen worden war. Schon sechs Wochen nach der Befreiung verrichtete Vietor wieder Dienst im Cockpit der „Landshut“.
Erwartet wird auch Gabriele von Lutzau. Die damals 23 Jahre alte Stewardess hatte verzweifelte Passagiere getröstet, Anweisungen der Terroristen übersetzt - und in einem dramatischen Appell die Bundesregierung über Funk zur Rettung der Geiseln aufgefordert.
„Zunächst muss ein museales Konzept erarbeitet werden“
Künftig soll rings um die originalgetreu wiederhergestellte „Landshut“ eine Schau im Dornier Museum den deutschen Terror-Herbst mit dem Kampf gegen die linksextremistische Rote Armee Faktion (RAF) veranschaulichen. Ziel der Flugzeugentführung durch verbündete Palästinenser war die Freilassung in Stuttgart-Stammheim inhaftierter RAF-Terroristen.
Bis zur Eröffnung dürften aber noch Jahre vergehen. „Zunächst muss ein museales Konzept erarbeitet werden“, sagt Umbach. „Dafür wird ein wissenschaftlicher Beirat berufen, dessen Erkenntnisse in die Restaurierung und die Ausstellung einfließen.“ Die komplett renovierte „Landshut“ werde kaum vor Herbst 2019 zu besichtigen sein.
Verschrottung drohte
Dass die Maschine nun - 40 Jahre nach ihrer Befreiung - ausgerechnet am Samstag vor der Bundestagswahl „heimkehrt“, liegt maßgeblich am Einsatz von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD). Eile war wohl unabhängig von der Wahl geboten. Nachdem die Boeing 737 von Lufthansa verkauft wurde und von 1985 an bis zu einem schweren Defekt 2008 für Airlines in den USA, Malaysia, Indonesien und Südamerika im Einsatz war, drohte ihr die Verschrottung. Das Auswärtige Amt kaufte sie für rund 20.000 Euro.
Das ist ein Bruchteil der Gesamtkosten für Abbau, Transport, Renovierung und Präsentation. „Die wurden auf zehn Millionen Euro veranschlagt“, sagt Umbach. „Bezahlt wird das aus Töpfen des Auswärtigen Amtes und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.“ Für die laufenden Kosten von bis 200.000 Euro im Jahr wolle die Familie Dornier aufkommen, die allerdings bereits Verluste im Betrieb des Flugtechnik-Museums von rund einer Million Euro pro Jahr ausgleiche.
Die Freude über die Ankunft der „Landshut“ teilt angesichts dessen nicht jeder. Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand (Freie Wähler) stellte zumindest schon einmal klar, dass die Stadt sich nicht finanziell beteiligen wolle. „Die Landshut ist ein Projekt des Dornier Museums, des Auswärtigen Amtes, der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien sowie der Bild-Zeitung“, sagt Brand. Alle Kosten von der Restaurierung über die Konzeption bis zum Ausstellungsbetrieb müssten daher diese Projektpartner finanzieren. „Das ist eine nationale Aufgabe, keine kommunale.“ (dpa)