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Ein Drogenfund liegt am 12.03.2015 in Leipzig während einer gemeinsamen Pressekonferenz der Leipziger Staatsanwaltschaft und Polizei auf dem Tisch. Ein Mann hatte von seinem Kinderzimmer aus Drogengeschäfte in Millionenhöhe abgewickelt haben.
© dpa

Internet-Drogenplattform „Shiny Flakes“: Leipziger "Kinderzimmer-Dealer" gesteht

Hunderte Kilo Drogen verkauft ein 20-jähriger Leipziger über das Internet. Als Angeklagter vor Gericht meint er, dies sei vielleicht doch eine „Schnapsidee“ gewesen.

Der „Kinderzimmer-Dealer“ sitzt mit knallroten Ohren auf der Anklagebank im Landgericht Leipzig und legt ein Geständnis ab. Ja, er habe die Internet-Drogenplattform „Shiny Flakes“ aufgezogen, erklärt der 20-Jährige am Montag. Rund 600 Kilo Drogen aller Art habe er verkauft, gut 300 Kilo habe er bei seiner Festnahme in diesem Februar noch „auf Lager gehabt“ - in seinem Kinderzimmer.

„Im Grunde war es eine Schnapsidee“, sagt der junge Mann. Sonderlich schuldbewusst wirkt er nicht. Es könnte auch die Aufregung sein, die ihm die Röte ins Gesicht treibt. „Meinem Mandanten ging es nie darum, viel Geld zu verdienen“, erklärt sein Anwalt. Er habe einfach ein starkes Interesse an Computern und am Internet gezeigt - und sei schließlich im nicht frei zugänglichen Darknet auf die Idee mit dem Drogenhandel gekommen. „Shiny Flakes“ sei für den 20-Jährigen ein „Projekt“ gewesen, es sollte besser und schneller sein als andere Drogen-Börsen. „Für meinen Mandanten war es schlichtweg egal, ob er Drogen verkauft hätte - oder Schuhe.“

Der 20-Jährige erzählt in einem geschäftsmäßigen Ton über seinen Alltag als Großdealer. 16 Stunden am Tag habe er „gearbeitet“. Zeit für echte Freunde blieb nicht. „Am Ende gab es keinen Tagesablauf mehr. Es waren mal zwei Stunden Schlaf hier, mal zwei Stunden Schlaf da“, sagt er. Die Drogen - er handelte mit allem außer Heroin - habe er von verschiedenen Lieferanten bezogen. In seinem Leipziger Kinderzimmer verpackte er die Ware in Briefe und Päckchen und verschickte sie an Kunden in ganz Deutschland. Das wuchs ihm über den Kopf - die Polizei kam ihm laut Anklage auf die Schliche, nachdem falsch adressierte Drogenpäckchen entdeckt worden waren. Warum er auf Drogen als Handelsware kam, erklärt der 20-Jährige nicht so recht. Natürlich hätte er mit seinen selbst angeeigneten Computerfähigkeiten auch was Legales anfangen können, antwortet er auf die Frage einer Richterin.

Der Drogenhandel sei für ihn eben ein interessantes „Projekt“ gewesen. Rund vier Millionen Euro erlöste er damit nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft. Für den weiteren Lebensweg des „Kinderzimmer-Dealers“ wird viel davon abhängen, ob er vor Gericht nach dem Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht zur Verantwortung gezogen wird. Darüber haben alle Beteiligten schon ein Rechtsgespräch geführt. Der Vorsitzende Richter Norbert Göbel sagte, er könnte sich bei einem Geständnis und einem Vorgehen nach Jugendstrafrecht eine Strafe „über sieben Jahre“ vorstellen. Der Prozess wird am 9. Oktober fortgesetzt. (dpa)

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