Mutiges Schulmädchen: Leben nach dem Taliban-Angriff
Die 16-jährige Malala Yousafzai hat ein Buch über ihren Kampf um die Schule in Pakistan geschrieben. Nach einem Attentat der Taliban tritt sie nun im britischen Exil weiter für das Recht von Mädchen auf Bildung ein. Nun ist sie die Favoritin für den Friedensnobelpreis.
In dieser Woche erscheinen die Memoiren des von den Taliban niedergeschossenen Mädchens, das für das Recht zum Schulbesuch kämpfte. Sie hat eine Einladung von der Queen und bekommt vielleicht sogar den Friedensnobelpreis. Sechs Tage, nachdem das pakistanische Schulmädchen Malala Yousafzai auf dem Nachhauseweg von einem Taliban in den Kopf geschossen wurde, erwachte sie in einem Krankenhaus in Birmingham und wusste von nichts. „Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Die Schwestern und Ärzte sprachen Englisch, doch kamen sie alle aus verschiedenen Ländern.“ Nur eines wusste Malala: „Allah hatte mir ein zweites Leben geschenkt.“
Am Dienstag, genau ein Jahr nach dem Mordanschlag des Taliban am 9. Oktober 2012 in Mingora im Swat-Tal in Pakistan, erscheint ihre Autobiografie „I am Malala“. In dem Buch beschreibt Malala den Moment, als ein Taliban ihr mit zitternder Hand direkt ins Gesicht schoss. Zum ersten Mal werden Einzelheiten bekannt, wie Malala nach dem Kopfschuss durch die Initiative von Ärzten in Pakistan und England gerettet wurde.
Queen Elizabeth II. hat das 16-jährige Mädchen eingeladen. Sie wolle sie kennenlernen, weil sie beeindruckt von ihrer Tapferkeit und den Reden sei, die sie seit ihrer Heilung ohne jede Schüchternheit vor der UN-Jugendvollversammlung und anderswo hielt, schreibt die „Sunday Times“, die am Sonntag Auszüge abdruckte.
Wenn am 11. Oktober der Friedensnobelpreis verliehen wird, gilt Malala als eine der großen Favoritinnen. Sie wäre die jüngste Preisträgerin. Die Spekulationen laufen heiß, seit Malala Ende September den Humanitätspreis der Harvard Universität erhielt und bei der Preisverleihung eine Glückwunschbotschaft des Vorsitzenden des Nobelpreiskomitees verlesen wurde. „Dein Mut“ schrieb Thorbjorn Jagland, „sendet eine deutliche Botschaft an Frauen, für ihre Rechte einzutreten. Dies ist eine Vorbedingung für Frieden.“
Malala war elf Jahre alt, als Taliban im Swat-Tal anordneten, alle Mädchenschulen zu schließen und diese Anweisung mit Gewalt und Einschüchterung auch durchsetzten. Malala und ihr Vater, der Lehrer Ziauddin Yousafzai, wehrten sich. Malala schrieb einen Blog für die britische BBC, die „New York Times“ berichtete über sie. Malala und ihr Vater wurden bekannt. Auch am Tag des Attentats, als ein bärtiger Mann den Toyota Pritschenwagen anhielt, auf dem die verschleierten Mädchen, die Schulbücher versteckt, nach Hause gefahren wurden, sagten Schulfreundinnen: Es wird wieder ein Journalist sein, der mit Malala reden will.
Der Eingang zum Schulgebäude war nicht bezeichnet, unscheinbar und anonym. „Aber für uns Mädchen war dies der magische Eingang zu einer besonderen Welt. Wir berechneten chemische Gleichungen, studierten Urdu-Grammatik, schrieben englische Aufsätze über Themen wie ,Eile mit Weile’ und zeichneten Bilder des Blutkreislaufs. Die meisten wollten Ärztinnen werden.“
Malala machte sich oft Gedanken, ob die Taliban sie angreifen würden. Sie wusste, dass sie wegen ihrer Bekanntheit in Gefahr war. Aber Angst hatte sie vor allem um ihren Vater. „Keine Angst, die Taliban erschießen nie kleine Mädchen“, sagte sie zu ihrer Freundin. Aber an diesem Tag trat ein maskierter Mann an die Pritsche und fragte: „Wer ist Malala?“ Niemand sagte etwas, aber mehrere Mädchen sahen Malala an, erinnert sie sich in dem mit der Journalistin Christina Lamb geschriebenen Buch. „Ich war das einzige Mädchen mit unbedecktem Gesicht. Da hob er eine schwarze Pistole, einen Colt. Einige Mädchen schrien.“ Der Taliban gab drei Schüsse ab. Der erste ging durch Malalas linkes Auge und die Schulter.
In Birmingham gab eine Ärztin, Fiona Reynolds, Malala einen Teddybär und sagte: „Nenne ihn Junaid. Ich erkläre dir später warum.“ Malala nannte den Teddybär Lilly, weil sie nicht wusste, dass Junaid der Gehirnchirurg Junaid Khan war, einer der erfahrensten Ärzte der pakistanischen Armee, der ihr durch eine Notoperation das Leben rettete. Er schnitt einen Teil ihrer Gehirnschale heraus, um Schwellungen zu erleichtern, und nähte das Stück zur Aufbewahrung unter die Haut ihrer Bauchdecke. Den nächsten Schritt machten zwei Ärzte aus Birmingham, Fiona Reynolds und Javid Kayani, die durch Zufall in Pakistan waren. „Als ich sah, dass Malala für das Recht zum Schulbesuch kämpfte, musste ich helfen“, sagt Reynolds. Malala hatte die richtige operative Behandlung, aber Reynolds sah, dass die Bedingungen in der Intensivstation unzureichend waren.
„Die Infektionskontrolle war erbärmlich. Sie hatten nur ein Waschbecken und kein fließendes Wasser“, sagte sie nun der „Sunday Times“. Am nächsten Tag hatte die Infektion tatsächlich begonnen und Malalas Vater traf Beerdigungsvorbereitungen. Reynolds, die nach England zurückfliegen sollte, blieb, ließ Malala erst in eine bessere Klinik und dann nach Birmingham verlegen. „Ich fühlte, wenn Malala sterben würde, hätte ich Pakistans Mutter Teresa getötet.“
Nun lebt Malala mit ihren Eltern und Brüdern in Birmingham. Kaum war sie wieder auf den Beinen, besuchte sie eine Mädchenschule in Edgbaston. Sie will nicht mehr Ärztin, sondern Politikerin werden, weil sie dann mehr Einfluss hat. Die 16-Jährige ist eine gute Rednerin und eine effektive Waffe gegen die Taliban geworden. „Die sogenannten Taliban haben Angst vor der Macht der Frauen und der Macht von Bildung“, sagte sie bei der Preisverleihung an der Harvard Universität.
Reynolds, die Frau, die ihr das Leben rettete, sprach gegenüber der „Sunday Times“ von einer „seltsamen Welt globaler Berühmtheit“, die sich um Malala entwickele. Als Malala Reynolds zum Abendessen mit Filmstar und UN-Botschafterin Angelina Jolie einladen wollte, lehnte sie dankend ab. Auch zwei von Malalas Schulkameradinnen wurden durch die Schüsse des Taliban verletzt. Eine der beiden lebt inzwischen ebenfalls in Großbritannien.
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