Das Ägyptische Museum in Kairo: Kunstschätze hinter Panzern
Endlich mal eine positive Nachricht vom Nil: Die Restaurierung des Ägyptischen Museums kommt voran. Erste Räume der weltberühmten Tutanchamun-Galerie in Kairo sind fertig.
Über den Köpfen der Festversammlung ragt Auguste Mariette in den Himmel, der Gründer des ersten Ägyptischen Museums in Kairo. Zu den Füßen der Statue steht der wuchtige Sarkophag des Wissenschaftlers, der als Einziger im heutigen Garten des weltberühmten Museums am Tahrir-Platz begraben ist. Im Halbkreis um den Franzosen reihen sich die Büsten der berühmtesten Ägyptologen des 19. und 20. Jahrhunderts.
Seit dem Arabischen Frühling wird dieses illustre Männerensemble allerdings überschattet von der zehnstöckigen ausgebrannten Betonruine des Mubarak-Parteigebäudes. Selbst die monumentale Granitplastik von Ramses II. auf dem Rasen hat immer noch einen durch das Großfeuer am 28. Januar 2011 verrußten Kopf. Draußen entlang des Zauns steht eine Armada von zehn Panzern postiert, während eine Handvoll fliegender Andenkenhändler verzweifelt versucht, den wenigen Touristen ein paar bemalte Papyruszeichnungen aufzuschwatzen.
Der lachsrote Monumentalbau von 1902 verströmt nach jahrzehntelanger Vernachlässigung nur noch einen morbiden Charme. Nirgendwo sonst sind in einem Museum von Weltrang einzigartige Fundstücke so lieblos und verworren präsentiert wie hier.
Mit diesem tristen Zustand will sich die „Initiative zur Wiederbelebung des Ägyptischen Museums“ nicht länger abfinden, die vom Auswärtigen Amt in Berlin, der Europäischen Union sowie dem „Zentrum für Internationale Migration und Entwicklung“ (CIM) mit gut einer halben Million Euro unterstützt wird.
Bis Ende 2016 soll die gesamte Galerie wieder in altem, neuem Glanz erstrahlen
Jetzt konnten die Initiatoren, die seit Mai 2012 an der Arbeit sind, die erste Etappe ihrer auf sieben Jahre geplanten Komplettrestaurierung präsentieren, die das Museum wieder in seinen Urzustand wie bei seiner Eröffnung vor 112 Jahren bringen soll. Damals war das Haus für 35 000 Exponate ausgelegt, heute sind seine 89 Galerien mit mehr als 160 000 Stücken vollgestopft. Die ersten vier originalgetreu renovierten Ausstellungsräume der Tutanchamun-Galerie, in denen die Beilagen aus dem weltberühmten Grab des 19-jährigen Pharaos präsentiert sind, wurden jetzt feierlich der Öffentlichkeit vorgestellt. Bis Ende 2016 soll die gesamte Galerie wieder in altem, neuem Glanz erstrahlen, in der die Besucher 4500 der insgesamt 5400 Grabbeilagen bewundern können.
Bis zu acht Farbschichten wurden von den Wänden gekratzt, der Fußboden aus Parkettimitat komplett entfernt. Die Oberlichter, teilweise noch mit Betonplatten aus dem Sechstagekrieg gegen Israel verbarrikadiert, liefern nun wieder Tageslicht durch neue, UV-Licht absorbierende Spezialscheiben. Die alten hölzernen Vitrinen wurden überarbeitet, mit hellem Stoff ausgelegt. Die einzigartigen Grabstücke, darunter auch der reich dekorierte Thron des früh verstorbenen Pharaos, sind erstmals ausführlich beschriftet – in Arabisch und endlich auch in Englisch.
Parallel zur Renovierung des Museums will Ägypten auch das angrenzende sogenannte Khedive-Stadtzentrum mit seinen 1500 Prachthäusern aus dem 19. Jahrhundert wieder instand setzen. „In zwei Jahren ist alles fertig“, versprach der Gouverneur von Kairo, Galal Said, bei dem Museumsfestakt. Wann jedoch endlich die verkohlte Ruine des Mubarak-Parteipalastes abgetragen werden soll, dazu verlor der studierte Ingenieur kein Wort. Nach dem Willen der Museumsinnovatoren soll auf dem Nilufergrundstück ein großzügiger pharaonischer Garten mit Säulenhalle, Restaurant, Werkstätten und temporären Ausstellungsräumen entstehen.
Bislang ist dies alles noch Zukunftsmusik, auch wenn der sorgengeplagte Museumsdirektor Mahmoud El Halgawy bereits frohlockt. „Die Bedeutung des Museums wird neu erstrahlen“, sagt er. „Und das Stadtzentrum wird wieder eine Attraktion für Touristen – eine Oase der Gastfreundlichkeit und Entspannung in diesem so anstrengenden Kairo.“