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Panorama: „Künstliche DNA“ gegen Einbrecher

Projekt in Bremen schützt Gebäude und wertvolle Gegenstände – vor allem durch Abschreckung

„Hochwertige Apple-Rechner aus Schule gestohlen“, vermeldete die Bremer Polizei. Das hätte eigentlich nicht passieren dürfen, denn die geschädigte Berufsschule nimmt an einem bundesweit einmaligen Modellprojekt teil, das Einbrecher und Räuber abschrecken soll. Alle Wertgegenstände wurden mit einer Tinktur aus sogenannter „Künstlicher DNA“ markiert. So lässt sich Diebesgut leichter den Eigentümern zuordnen – und Kriminelle sollen dadurch von vornherein ferngehalten werden, denn Warnschilder an den Geräten oder an den Eingangstüren weisen extra auf die Markierungen hin. Gut ein Jahr nach dem Start der Aktion äußerte sich Bremens Polizeipräsident Holger Münch am Montag zufrieden.

Alle Schulen in Bremen und Bremerhaven waren im Herbst 2009 mit den Markierungssets ausgestattet worden. Später beteiligten sich auch 1350 von 2000 angeschriebenen Haushalten in zwei ausgewählten Testgebieten. Sie konnten kostenlos ihre Fernseher, Computer oder Schmuckstücke mit der für jeden Teilnehmer einzigartig zusammengesetzten Tinktur markieren und ihre Wohnung dann mit einem abschreckenden Warnaufkleber versehen. Aus diesen Haushalten wurde seitdem nichts mehr gestohlen. Dass dafür woanders häufiger eingebrochen würde, sei bisher nicht festgestellt worden. Aber eine wissenschaftliche Studie soll das noch genauer untersuchen. Bei den Schulen lässt der Erfolg dagegen noch zu wünschen übrig: Hier sank die Zahl der versuchten oder vollendeten Einbrüche im ersten Projektjahr nur um ein Sechstel – von 138 auf 116.

Auch drei Tankstellen arbeiten inzwischen mit der durchsichtigen Flüssigkeit – in Form einer „DNA-Dusche“ über der Eingangstür: Bei einem Überfall kann der Räuber eingesprüht werden; die Tinktur bleibt wochenlang an ihm haften und kann mit UV-Taschenlampen sichtbar gemacht werden. Wegen datenschutzrechtlicher und anderer Bedenken wurden die Anlagen bisher nur nach Feierabend angeschaltet, als reiner Einbruchsschutz. Demnächst sollen die DNA-Duschen aber auch während der Öffnungszeiten „scharfgeschaltet“ werden. Denkbar wäre auch ein Einbau in Spielotheken oder im Casino Bremen.

Neben den Teilnehmern des offiziellen Pilotprojekts, das von Wohnungs- und Versicherungsfirmen gesponsert wird, verwenden inzwischen auch Privatbetriebe die Kunst-DNA auf eigene Kosten. Insgesamt wurden in Bremen und Bremerhaven bisher 3000 Markierungssets eingesetzt, schätzt Polizeichef Münch. 2011 will die Polizei die Tinktur auch gegen Autoknacker einsetzen: Sie präpariert ein paar eigene Zivilfahrzeuge mit DNA-Duschen samt Funkalarmanlagen und parkt diese sogenannten „Lockautos“ auf großen Plätzen oder in gefährdeten Wohngebieten.

Die künstliche DNA“ besteht aus den gleichen Bausteinen wie das menschliche Erbgut und enthält zusätzlich kleine Partikel („Microdots“) mit Code-Nummern. Die Tinktur ist für das bloße Auge unsichtbar und kaum abwaschbar. Mit einem Pinselstrich lassen sich alle Wertgegenstände markieren. Wenn die Polizei auf Diebesbeute trifft, kann aufgrund der „DNA“ der Eigentümer festgestellt werden. Außerdem kann ein Verdächtiger auf solche „DNA“-Spuren untersucht werden.

Eckhard Stengel

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