Lateinische Schrift statt Kyrillisch: Kasachstan wechselt die Zeichen
Statt mit kyrillischen Zeichen soll in Kasachstan in Zukunft in lateinischen Buchstaben geschrieben und gedruckt werden.
Das kasachische Alphabet verliert fast die Hälfte seiner Buchstaben. Grund dafür ist die Umstellung von kyrillischen auf lateinische Schriftzeichen, die der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew jetzt per Ukas angeordnet hat. 42 Buchstaben, darunter neun spezifische, hat die kasachische Variante des kyrillischen Alphabets, 23 wird das neue haben. Bis zum Jahr 2025 soll der Wechsel schrittweise vollzogen werden.
Begonnen wird mit den Schulbüchern. Kasachstan hat in seiner Geschichte die Schrift schon mehrere Male gewechselt. Bis in die 1920er Jahre wurden arabische Zeichen verwendet, dann zwischenzeitlich lateinische, bevor Josef Stalin 1940 bestimmte, dass in der ganzen Sowjetunion die kyrillischen zu verwenden seien.
Die meisten neuen Worte sind international - aus dem Englischen
Die Befürworter der aktuellen Umstellung verweisen auf die rasante Weiterentwicklung der kasachischen Sprache. Mehrere tausend Worte seien in den vergangenen Jahren hinzugekommen, fast alle aus dem Englischen. Das ist übrigens in Russland nicht anders. Dort jedoch hat man sich entschieden, Worte wie Superviser, Manager oder Rating in das kyrillische Alphabet zu transponieren. Die Abkürzung PR wurde so als russischer Neologismus zu einem Wort mit vier Buchstaben: Piar. Diesen Umweg müsse Kasachstan künftig nicht mehr gehen, heißt es.
Zudem ist das kyrillische Alphabet nur noch in ganz wenigen Ländern in Gebrauch. Nicht nur die baltischen Staaten, auch einige andere frühere Sowjetrepubliken haben die Umstellung bereits hinter sich: Usbekistan, Turkmenistan, Moldau und zuletzt Aserbaidschan im Jahr 2001. Selbst in Russland wurde vor vielen Jahren kurz überlegt, zumindest in der elektronischen Kommunikation das lateinische Alphabet zu benutzen. Präsident Wladimir Putin verwarf die Idee.
Russland ist dagegen
Aus Russland sind nun auch Einwände gegen die Umstellung beim Nachbarn zu hören, mit dem man über die Eurasische Wirtschaftsunion eng verbunden ist. Die Zusammenarbeit würde durch die Umstellung zwar nicht grundsätzlich erschwert, schrieb die Wirtschaftszeitung „Kommersant“, aber unnötigerweise verkompliziert. Kasachstan gehöre nun mal nicht in den Orbit, den die neue Schrift suggeriere, sondern in den russischen. Das Blatt vermutet, Nasarbajew versuche, „die Unterstützung jenes Teils der Bevölkerung und der Eliten zu bekommen, die sich von der ,russischen Welt‘ trennen und mehr nationale Identität“ wollen.
Das Blatt verweist auch auf hohe Kosten, die der Schritt verursachen würde. Die in Moskau geschätzte Summe dürfte die Kasachen wenig beeindrucken: rund 100 Millionen Euro. Das rohstoffreiche Land mit seiner strategisch günstigen Lage zwischen Russland und China erlebt gerade einen Boom. Zudem rechnet man in Astana nicht mit großen Ausgaben: Nur alle neuen Bücher, Zeitungen, Verträge werden in lateinischen Buchstaben geschrieben. Die alte literarisch-publizistische Welt bleibt kyrillisch.