Polizei erschießt 12-Jährigen in Cleveland: Junge griff nach Spielpistole
Während in der US-Stadt Ferguson darauf gewartet wird, ob ein Polizist wegen tödlicher Schüsse auf einen schwarzen Teenager angeklagt wird, kommt es in Cleveland (Ohio) zu einem neuen Zwischenfall. Beamte erschossen einen 12-Jährigen, den sie gestellt hatten.
Der Polizei zufolge ähnelte die Spielpistole einer halbautomatischen Waffe. Ein orangefarbenes Zeichen, dass sie als ungefährlich ausgewiesen hätte, sei abgekratzt gewesen. Die Polizei leitete eine Untersuchung ein, die beiden Beamten wurden vorläufig beurlaubt.
Ein Augenzeuge hatte die Polizei nach deren eigenen Angaben am Samstag alarmiert und von einer Person berichtet, die auf dem Spielplatz eines Freizeitzentrums eine Waffe auf andere Menschen richte. Zwei Beamte hätten den Verdächtigen dann gestellt und ihn aufgefordert, die Hände hoch zu nehmen. Er habe das nicht befolgt und stattdessen in seinen Hosenbund gegriffen, um seine Waffe zu ziehen. Daraufhin hätten die Beamten geschossen und ihn im Bauch getroffen.
Die Polizei wusste angeblich, dass es sich um eine Attrappe handelte
Der Zeitung „Plain Dealer“ zufolge, die sich auf einen Polizeivertreter berief, starb der Junge am Sonntag in einem Krankenhaus an seinen Verletzungen. Wie es weiter hieß, hatte der Augenzeuge in seinem Anruf bei der Polizei darauf hingewiesen, dass die Waffe „wahrscheinlich nicht echt“ und die Person „wahrscheinlich ein Jugendlicher“ sei. Das sei den beiden Polizeibeamten aber nicht kommuniziert worden, zitierte das Blatt den Chef der Vereinigung der Streifenpolizisten in Cleveland, Jeff Follmer.
Ferguson wartet angespannt auf die Entscheidung einer Geschworenenjury
Und noch ein anderer tödlicher Zwischenfall bei einem Polizeieinsatz beschäftigte die USA am Wochenende. Die US-Kleinstadt Ferguson wartet angespannt auf die Entscheidung einer Geschworenenjury, ob ein weißer Polizist wegen tödlicher Schüsse auf einen Schwarzen angeklagt wird. Ein Beschluss wird frühestens am Montag fallen, wenn das Gremium wieder zusammentritt. Der Tod des unbewaffneten Jugendlichen Michael Brown hatte im Sommer in dem Vorort von St. Louis (Missouri) Proteste und Straßenschlachten ausgelöst. Die Polizei errichtete bereits am Wochenende Barrikaden um das Gerichtsgebäude, in dem die Jury tagt. Es werden neue Krawalle für den Fall befürchtet, dass der Polizist Darren Wilson einer Anklage entgeht.
In den vergangenen Tagen war es nachts zu kleineren Demonstrationen in der Stadt gekommen. Die Polizei nahm mehrere Menschen fest. Auch in Dutzenden anderen US-Städten werden Protestaktionen erwartet, wenn die sogenannte Grand Jury gegen einen Prozess entscheidet. Viele Schwarze sind in den USA der Überzeugung, dass die meist weißen Polizisten selbst bei schwersten Vergehen straffrei bleiben.
Staatsanwaltschaft will Entscheidung offenbar mit Verzögerung bekannt geben
Nach Angaben des Senders CNN will die Staatsanwaltschaft in Ferguson wegen der starken Anspannung das Ergebnis mit einer 48-stündigen Verzögerung öffentlich machen, um den Behörden eine ausreichende Vorwarnzeit zu geben. Aus Furcht vor neuen Unruhen hat der Gouverneur von Missouri, Jay Nixon, schon vor Tagen den Notstand ausgerufen und die Nationalgarde mobilisiert.
Der Polizist Wilson könnte wegen Mordes, Totschlags oder auch fahrlässiger Tötung angeklagt werden - wenn überhaupt. Experten erklären die ungewöhnlich lange Dauer der Jury-Beratungen unter anderem damit, dass sie so viele verschiedene Optionen für eine Anklage abzuwägen haben. Dem Gremium gehören drei Schwarze und neun Weiße an. Für eine Entscheidung sind neun Geschworenen-Stimmen nötig. Der Todesschütze selbst beruft sich auf Notwehr. Begleitet wurden die Vorbereitungen von zahlreichen Aufrufe zur Gewaltlosigkeit. So warb auch Michael Browns Vater eindringlich für friedliche Proteste im Fall einer Entscheidung gegen eine Anklage. US-Präsident Barack Obama mahnte ebenfalls zur Ruhe. Ein Ereignis „als Ausrede für Gewalt“ zu missbrauchen, widerspreche dem Gesetz, sagte Obama dem Sender ABC. dpa