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Beim Schuleintritt fällt es auf: Immer mehr Kinder leiden unter Sprechproblemen.
© dpa

Heilmittelbericht der AOK: Jeder vierte Erstklässler erhält Sprachtherapie

Von den männlichen Schulanfängern wird inzwischen jeder Vierte wegen Sprach- und Sprechschwierigkeiten behandelt. Verantwortlich für die Defizite ist oft das Elternhaus.

Mit 23,2 Prozent erhält fast jeder vierte sechsjährige Junge in Deutschland rund um den Schulbeginn eine Sprachtherapie. Das ist ein Ergebnis des aktuellen Heilmittelberichts, den jetzt das wissenschaftliche Institut der AOK präsentiert hat. Von den gleichaltrigen Mädchen bekommen nur 16,2 Prozent Expertenhilfe bei ihrer Sprechentwicklung.

Die hohen Quoten könnten als Hinweis verstanden werden, dass viele Kinder unter schwierigen sozialen und gesundheitlichen Bedingungen aufwüchsen, sagte Helmut Schröder, der stellvertretender Geschäftsführer des Instituts. Ein Zusammenhang mit den Schulanforderungen sei offensichtlich, der Schwerpunkt der Therapien liege eindeutig bei den Sechsjährigen, heißt es in dem Bericht. Von den vierjährigen Jungen erhalten lediglich 9,2 Prozent eine Sprachtherapie. Bei gleichaltrigen Mädchen sind es 5,6 Prozent. Und nach dem Schuleintritt wird der Anteil der Kinder, die zum Logopäden müssen, auch wieder geringer.

In Brandenburg erhalten die meisten Sechsjährigen Sprachtherapie

Allerdings gibt es deutliche regionale Unterschiede. Während im Bundesdurchschnitt jedes fünfte sechsjährige Kind sprachtherapeutisch versorgt wird, kommt Brandenburg auf einen Anteil von 23,7 Prozent. In Bremen landen nur 12,6 Prozent in einer Logopädiepraxis.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr hierzulande 2,12 Millionen Logopädie-Leistungen verordnet. Das entspricht 16,5 Millionen Einzelbehandlungen – für 636 Millionen Euro. Seit 2005 hat die Verordnung von Sprachtherapien um 25 Prozent zugenommen. Auf die höchste Behandlungsquote kommt Hamburg, auf die niedrigste Bayern.

Kinderärzte: Viele Eltern verhalten sich falsch

Der Berufsverband der Kinder und Jugendärzte bestätigte den Trend. Viele Eltern förderten ihre Kinder nicht genug, sagte ein Verbandssprecher der Funke-Mediengruppe. Sie stellten Säuglinge per Handy ruhig und setzten schon Kleinkinder stundenlang vor den Fernseher. Allerdings kämen auch es immer mehr Kinder von Zuwanderern mit Sprachdefiziten in die Praxen. Dabei sei es für die Ärzte „schwer zu erkennen, ob das Kind Probleme beim Sprechenlernen hat oder nur zu wenig Deutsch kann.“

Die höchste Steigerungsrate gab es bei der Ergotherapie. Hier erhöhte sich die Inanspruchnahme binnen zehn Jahren um 42 Prozent. Mit 538 Behandlungen auf 1000 Versicherte liegt Sachsen dabei derzeit einsam an der Spitze. In Bremen und Hessen wurden Ergotherapeuten nur halb so oft tätig.

Physiotherapie ist am häufigsten gefragt

Meistgefragt von allen Heilmitteln ist aber die Physiotherapie – mit 37,6 Millionen Leistungen und 256 Millionen Einzelbehandlungen. Auch hier liegen die Sachsen mit Abstand vorn (5682 Behandlungen auf 1000 Versicherte). Westfalen-Lippe erreichte mit 2399 gerade mal die Hälfte. Für knapp ein Drittel aller Patienten war der Anlass Rückenschmerzen.

Für alle Heilmittel zusammen gaben die gesetzlichen Kassen 2015 etwas mehr als sechs Milliarden Euro aus. Damit haben sich die Ausgaben in zehn Jahren um 60,5 Prozent erhöht. Die allgemeinen Leistungsausgaben stiegen im gleichen Zeitraum nur um knapp 47 Prozent.

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